Struktur im Alltag gibt psychisch kranken Menschen Halt
09.01.2014
Für Menschen, die mit einer psychischen Erkrankung zu kämpfen haben, kann es hilfreich sein, sich nicht zurück zu ziehen und einfach in den Tag hinein zu leben. Eine feste Struktur, etwas das in dieser Zeit Kontinuität verleiht, ist für Betroffene oft eine Unterstützung bei der Genesung. Dabei kann es sich auch um eine schnelle Wiederkehr in den beruflichen Alltag handeln, denn ein gut organisierter Alltag hilft mit einer psychischen Erkrankung besser zurechtzukommen.
Regelmäßiger Tagesablauf gibt Stabilität
Der in der Regel durch die Arbeit festgelegte, regelmäßige Tagesablauf, stabilisiert die Patienten und die Aufrechterhaltung der sozialen Kontakte und stärkt das Selbstbewusstsein. Prof. Steffi Riedel-Heller von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) rät deshalb, nach einer erfolgreichen Therapie so schnell wie möglich die Arbeit wieder aufzunehmen. Dabei muss der Betroffene nicht gleich wieder voll einsteigen.
Wer sich für diesen Schritt entscheidet, sollte über einen stufenweisen Wiedereinstieg nachdenken, der aber auch die Bereitschaft des Arbeitgebers voraussetzt. Das sogenannte „Hamburger Modell“ bietet eine gute Möglichkeit dafür. Dieses soll Beschäftigten die Möglichkeit geben, sich Stück für Stück wieder an die alten Arbeitsbelastungen zu gewöhnen. Dieses Eingliederungsmodell, das von Kranken – und Rentenversicherung bei einer guten Prognose befürwortet wird, können grundsätzlich alle Arbeitnehmer nach einer längeren Erkrankung in Anspruch nehmen. Während der Eingliederung bekommen die Beschäftigten ein Kranken – oder Übergangsgeld, da sie weiterhin als arbeitsunfähig gelten. In Abstimmung mit dem Arzt und dem Arbeitgeber werden dann die Möglichkeiten erarbeitet.
Nicht alle Patienten sind in der Lage, ihre noch vorhandenen Fähigkeiten und Kräfte richtig einzuschätzen, um ihren Alltag zu bewältigen. Für diese Personen kann es hilfreich sein, dass ihr behandelnder Facharzt sie bei dem Wiedereinstieg begleitet. Ein eventuelles Wiederauftreten der psychischen Erkrankung kann dadurch schneller erkannt werden und das mit dem Arbeitgeber aufgestellte Wiedereingliederungsprogramm lässt sich entsprechend den Möglichkeiten anpassen.
Auch einfache Rituale geben Struktur
Wer jedoch so schwer erkrankt ist, dass eine Rückkehr in den Job erst einmal ausgeschlossen ist, der sollte versuchen, seinen Alltag mit gewissen Ritualen zu festigen. Sie strukturieren den Tag, geben Orientierung und Halt. Bei psychischen Erkrankungen können ritualisierte Handlungen Angst und Stress unterbinden und dadurch für Ruhe sorgen. Das Gehirn kann abschalten und Erkrankte können sich auf ihre Genesung konzentrieren.
Der Hirnforscher Gerald Hüther rät dazu, Rituale ganz bewusst einzusetzen und Aktivitäten, die man gerne unternimmt, in den Tagesablauf einzubinden. Für ihn haben individuelle Rituale eine große Wirkung, vor allem in der Stressbewältigung. Stress ist oft der Anfang oder der Auslöser psychischer Erkrankungen. Um welche Rituale es sich dabei handeln kann, ist von Person zu Person unterschiedlich. Wichtig ist, dass sich dabei keine Routine einstellt. Dadurch bekommen die Tätigkeiten mit der Zeit weniger Aufmerksamkeit, wodurch die eigentlich positiv auf die neuronalen Prozesse im Gehirn einwirkenden Rituale schwinden würden, so der Hirnforscher. (fr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.