Bluthochdruck ist gefährlich, denn er führt auf Dauer zu einer Überlastung von Herz und Gefäßen und kann unbehandelt einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verursachen. Bei der Behandlung geht es daher vor allem um die Senkung des Blutdrucks. Dabei sollte laut einer aktuellen US-Studie mithilfe von Medikamenten ein Wert von unter 120 mmHg angestrebt werden. Doch Kritiker stehen dem neuen Leitwert skeptisch gegenüber und warnen vor möglichen Nebenwirkungen.
Knapp die Hälfte der über 50-Jährigen ist betroffen
30% der Deutschen haben laut der Deutschen Hochdruckliga e.V. einen zu hohen Blutdruck (Hypertonie), bei den über 50-Jährigen steigt der Wert sogar auf bis zu 50%. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr, denn im Laufe der Jahre werden wichtige Organe wie z.B. Herz, Gehirn und Nieren geschädigt, wodurch es zu lebensbedrohlichen Krankheiten wie einem Herzinfarkt oder Schlaganfall kommen kann.
Das wichtigste Ziel bei der Behandlung der Hypertonie besteht daher in der dauerhaften Senkung des Blutdrucks auf einen normalen Wert. Dies kann zwar in manchen Fällen auch durch viel Sport und gesunde Ernährung erreicht werden, häufig sind jedoch Medikamente nötig. Die Frage, wie stark der Bluthochdruck damit gesenkt werden soll, wurde bislang in der Regel mit 140 beantwortet. Doch nun ist eine umfangreiche US-Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass Betroffene gesundheitlich stark davon profitieren können, wenn der Wert des systolischen Blutdrucks stattdessen auf 120 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) eingestellt wird.
Bluthochdruck kann lebensbedrohliche Folgen haben
Das Ergebnis der sogenannten „SPRINT“-Studie wurde nun auf der Konferenz der US-amerikanischen Heart Association sowie im Fachmagazin „New England Journal of Medicine“ vorgestellt. „Spiegel Online“ berichtet, dass die US-Gesundheitsbehörde bereits im September mitgeteilt hatte, dass die Untersuchung vorzeitig beendet worden war, da es in der intensiv behandelten Gruppe fast ein Drittel weniger Infarkte und Schlaganfälle sowie fast ein Viertel weniger Todesfälle gegeben habe.
Nun liegen die konkreten Daten dazu vor. Demnach zeigte sich, dass Infarkt, Schlaganfall, Herzversagen, Tod durch ein Herzkreislaufleiden oder aus anderen Gründen, in der Gruppe, deren Blutdruck unter 120 gedrückt werden sollte, seltener auftrat. Allerdings kam es in der intensiver behandelten Gruppe öfter zu akutem Nierenversagen, Kreislaufkollaps, einem bedrohlich langsamen Herzschlag sowie einem gefährlichen Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt.
Es müssen nicht immer Medikamente sein
Paulus Kirchhof, Kardiologe an der University of Birmingham, erläuterte laut „Spiegel Online“: „“Sprint“ hat sich einer Frage gewidmet, die Kardiologen seit Jahren umtreibt: Wie intensiv soll man den Blutdruck senken?“ Dies sei zwar mit der großen und gut gemachten Studie jetzt nicht für alle, aber für viele Patienten beantwortet. Es zeigte sich: „Die Zahl der schweren kardiovaskulären Ereignisse und Todesfälle wird verringert. Allerdings muss man dafür ein höheres Risiko für ernste Nebenwirkungen in Kauf nehmen.“
Die neuen Erkenntnisse bedeuten aber nicht, dass alle mit einem Blutdruck über 120 nun sofort zum Arzt müssen, doch leichter Bluthochdruck muss ebenfalls therapiert werden, raten Experten. In manchen Fällen reichen Hausmittel gegen Bluthochdruck aus, um das Problem in den Griff zu bekommen. Hierzu zählen zum Beispiel Kneipp´sche Anwendungen wie ein ansteigendes Armbad, ebenso können bestimmte Heilkräuter (z.B. Weißdornblüten, Melissenblätter) oder ätherische Öle (z.B. Lavendel, Majoran) helfen, den Blutdruck etwas zu senken.
Das wichtigste und wirksamste Mittel gegen einen zu hohen Blutdruck bestehe jedoch laut der Deutschen Hochdruckliga e.V. in einer gesunden Lebensweise, denn dadurch könne eine leichte Hypertonie oft schon auf einen Normalwert sinken. Dementsprechend wird vor allem geraten, Übergewicht abzubauen und auf eine gesunde Ernährung mit wenig Kochsalz sowie einen mäßigen Alkoholkonsum zu achten. Zudem sollten Betroffene unbedingt das Rauchen aufgeben und sich regelmäßig bewegen, wichtig ist aber zugleich ein regelmäßiger Tagesablauf mit Pausen, um sich erholen und entspannen zu können.
Studie mit Hypertonie-Patienten
An der neuen Studie haben ausschließlich Menschen mit einem bereits erhöhten Risiko für Herzkreislaufkrankheiten. „Die in „Sprint“ untersuchte Gruppe ist eine, die sowieso schon beim Kardiologen in Behandlung ist – oder es sein sollte“, so Kirchhof. „Das Ergebnis sollte nicht dazu führen, dass mehr Menschen behandelt werden – sondern dass einige Patienten intensiver behandelt werden.“ Insgesamt hatten die Forscher 9.361 Personen aus den USA und Costa Rica untersucht. Alle Teilnehmer waren dabei älter als 50 Jahre und hatten einen Blutdruck von 130 bis 180, hinzu kamen weitere Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung wie z.B. Übergewicht. Ausgeschlossen von der Studie waren hingegen Personen mit Diabetes mellitus oder einem zuvor erlittenen Schlaganfall, berichten die Wissenschaftler im “New England Journal of Medicine”.
„Trotz der Nebenwirkungen starben weniger Menschen“
Insgesamt 155 Menschen (3,3 Prozent) aus der intensiv behandelten Gruppe verstarben. In der Kontrollgruppe mit Standardtherapie waren es 210 Personen (4,5 Prozent). Darunter waren 37 Todesfälle durch Herzkreislaufkrankheiten in der Intensivgruppe sowie 65 unter den Kontrollprobanden. Auffällig waren zudem die Fälle von akutem Nierenversagen: 204 (4,4 Prozent) der intensiv behandelten Patienten waren betroffen, 120 (2,6 Prozent) waren es in der Kontrollgruppe.
„Trotz der Nebenwirkungen starben weniger Menschen in der intensiv behandelten Gruppe“, erläuterte Kirchhof. Die Probanden mussten zwar im Schnitt 2,8 verschiedene Blutdrucksenker einnehmen, damit in der Gruppe im Mittel ein Blutdruck von 121 erreicht wurde, doch „dass Patienten drei oder auch fünf verschiedene Medikamente gleichzeitig nehmen, ist in der Kardiologie nicht ungewöhnlich“, erklärte Kirchhof. „Ich nehme stark an, dass das „Sprint“-Ergebnis in die nächste Leitlinie einfließt. Und ich kann mir vorstellen, dass für die untersuchte Gruppe ein Blutdruck von 120 als Therapieziel empfohlen wird“, sagte der Mediziner, der an der aktuellen europäischen Leitlinie zur Bluthochdrucktherapie mitgearbeitet hat. (ad, nr)
Autoren- und Quelleninformationen
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