Fehlenden Eisen-Beladung von Proteinen macht diese zu Allergenen
05.06.2014
Österreichische Forscher haben entschlüsselt, wie aus Proteinen Allergie-Auslöser werden. Offenbar spielt Eisenmangel hierbei eine wesentliche Rolle. Anhand des Beispiels der Birkenpollen wiesen die Wissenschaftler des Messerli Forschungsinstituts, einer gemeinsamen Einrichtung der Vetmeduni Vienna, der MedUni Wien und der Universität Wien, nach, dass eine zu geringe „Eisen-Beladung“ der Protein-Bestandteile die Pollen zu Allergenen werden lässt.
„Allein in Österreich sind rund 400.000 Menschen von einer Birkenpollen-Allergie und den damit verbundenen Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten betroffen“, berichtet die Medizinische Universität Wien. Dabei bleibe bis heute vollkommen unklar, wieso derart viele Menschen allergisch auf Birkenpollen reagieren. Zwar sei bekannt, „dass ein bestimmtes Birkenpollen-Protein für eine Überreaktion des Immunsystems sorgt“, doch „was dieses Protein zum Allergen, also zum Allergie-Auslöser, macht“, konnten die Forscher erst jetzt entschlüsseln. Die Ergebnisse ihrer Studie haben sie in dem Fachmagazin „Journal of Biological Chemistry“ veröffentlicht.
Hauptallergen der Birkenpollen untersucht
Die Wissenschaftler um Erika Jensen-Jarolim vom Messerli Forschungsinstitut stellten fest, dass das Pollenprotein Eisen an sich binden kann. Fehlt die Eisen-Beladung, werden die Pollen zum Allergen. Die Forscher führte ihre Untersuchungen an dem wohl bekanntesten Allergen, dem sogenannte „Bet v 1“ aus Birkenpollen (Betula verrucosa) durch. Dieses Protein wurde laut Mitteilung der MedUni „vor 25 Jahren erstmals in Wien künstlich im Labor hergestellt und wird seither weltweit als Allergen-Modell für die Forschung verwendet.“ Es bildet das Hauptallergen unter hunderten weiteren Proteinen der Birkenpollen. Der Kontakt führe bei 95 Prozent der Birkenpollen-Allergiker zur Bildung krankmachender Antikörper, den IgE Immunglobulinen, berichtet die MedUni Wien weiter.
Fehlende Eisen-Beladung zu veränderter Immunantwort
Ähnlich wie das menschliche Protein „Lipocalin 2“ verfügt das Birkenpollenprotein über sogenannte molekulare Taschen, mit denen Eisen gebunden werden kann. „Bleiben diese Taschen leer, wird das Birkenpollenprotein zum Allergen und kann bei Mensch und Tier allergische Reaktionen hervorrufen“, schreiben die Forscher. Das Protein manipuliere bei mangelnder Eisen-Beladung bestimmte Zellen des Immunsystems (die T-Helfer2-Zellen; Th2-Zellen) in Richtung einer Allergie. Die Balance zwischen den Th1- und den Th2-Zellen verschiebe sich in Richtung der Th2-Zellen. Aus früheren Untersuchungen sei bereits bekannt gewesen, dass bei Allergikern die Th2-Zellen gegenüber den Th1-Zellen vorherrschen. „Typisch für Allergien ist eine gestörte Balance zwischen Th1- und Th2-Immunantwort“, erklärt Erika Jensen-Jarolim, Leiterin der Abteilung für Komparative Medizin am Messerli Forschungsinstitut.
Zusammenhang zwischen Umweltbelastung und steigender Anzahl der Allergiker
Nachdem die fehlende Eisen-Beladung als Ursache für die Entwicklung von Allergenen identifiziert wurde, stellt sich den Wissenschaftlern nach eigenen Angaben die Frage, „welche Mechanismen zu einer verringerten Eisen-Beladung des Bet v 1beitragen könnten.“ Möglicherweise seien die „verschärften Umweltbedingungen, denen die Pflanzen ausgesetzt sind“, Ursache für die reduzierte Eisen-Beladung des Birkenproteins, erläuterte Erika Jensen-Jarolim. So könnte sogar ein direkter Zusammenhang zwischen Umweltbelastungen und steigenden Allergiezahlen bestehen. Die aktuellen Ergebnisse seien dabei durchaus auf andere Allergene übertragbar. „Derzeit laufende Arbeiten deuten darauf hin, dass wir das Prinzip des Birkenpollenallergens auf andere Allergene mit ähnlicher molekularer Struktur direkt umlegen können“, betonte Jensen-Jarolim und ergänzte: „ Somit beginnen wir erstmalig zu verstehen, warum Allergien gegen Pollen, Nahrungsmittel und Pilzsporen eigentlich ursprünglich entstehen.“
Verbesserungen der Therapie möglich?
Die Wissenschaftler kommen auf Basis ihrer Studienergebnisse zu dem Schluss, dass es in Zukunft Sinn machen würde, „allergene Moleküle vom Typ Bet v 1gezielt mit Eisen zu beladen, wenn sie für die Immuntherapie bei AllergikerInnen eingesetzt werden.“ Auf diese Weise ließe sich die Therapie, „die heute noch zwei bis vier Jahre dauert, wesentlich verkürzen und ihre Effizienz erhöhen“, erläutert die Leiterin der Abteilung für Komparative Medizin am Messerli Forschungsinstitut, Erika Jensen-Jarolim. (fp)
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