Erschöpfung und das Herzinfarkt-Risiko
Wenn Männer unter starker Erschöpfung leiden, besteht bei ihnen ein höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Das mit der Erschöpfung verbundene Risiko eines Herzinfarkts war bei nie verheirateten, geschiedenen und verwitweten Männern besonders ausgeprägt.
Das Gefühl der Erschöpfung steht bei Männern mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko in Verbindung, so das Ergebnis einer Untersuchung unter der Beteiligung von Forschenden des Institute of Cytology and Genetics, Novosibirsk. Die Studie wurde auf dem ESC Acute CardioVascular Care 2021, einem wissenschaftlichen Online-Kongress der European Society of Cardiology (ESC), vorgestellt.
Was ist vitale Erschöpfung?
Die sogenannte vitale Erschöpfung ist durch übermäßige Müdigkeit, Gefühle der Demoralisierung und erhöhte Reizbarkeit geprägt, berichtet Studienautor Dr. Dmitriy Panov vom Institute of Cytology and Genetics, Novosibirsk in einer Pressemitteilung der European Society of Cardiology (ESC). „Es wird angenommen, dass es sich hierbei um eine Reaktion auf hartnäckige Probleme im Leben der Menschen handelt, insbesondere wenn sie nicht in der Lage sind, sich an eine längere Exposition gegenüber psychologischen Stressoren anzupassen“, fügt der Experte hinzu.
Bei der Studie wurde der Zusammenhang zwischen Erschöpfung und dem Risiko eines Herzinfarkts bei Männern ohne Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht. Dafür wurden die Daten des MONICA-Projekts der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verwendet, bei der eine repräsentative Stichprobe von 657 Männern im Alter von 25 bis 64 Jahren in Novosibirsk 1994 erfasst wurde.
Die Symptome der Erschöpfung wurden zu Beginn der Studie mit der Hilfe eines speziellen Fragebogens ermittelt. Die Teilnehmenden wurden dann mit der Hilfe des Grades der Erschöpfung klassifiziert: keine, moderate oder hohe Erschöpfung. Zusätzlich fand eine Nachbeobachtung hinsichtlich des Auftretens von Herzinfarkten über einen Zeitraum von 14 Jahren statt, erläutert die Forschungsgruppe.
67 Prozent der Männer litten unter Erschöpfung
Insgesamt litten zwei Drittel (67 Prozent) der Männer unter Erschöpfung (15 Prozent wiesen einen hohen Grad auf und 52 Prozent einen moderaten Grad). 33 Prozent der Teilnehmenden waren dagegen nicht von Erschöpfung betroffen. Fast drei Viertel (74 Prozent) der Männer mit Bluthochdruck wiesen vitale Erschöpfung auf und bei 58 Prozent fiel diese hoch und bei 16 Prozent moderat aus, berichtet das Team.
In der gesamten Gruppe wurde der Zusammenhang zwischen Erschöpfung zu Beginn der Studie und dem Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, analysiert. Verglichen mit nicht erschöpften Männern hatten Männer mit mäßiger oder hoher Erschöpfung ein 2,7-fach höheres Risiko für einen Herzinfarkt innerhalb von fünf Jahren. Außerdem konnte ein 2,25-fach höheres Risiko innerhalb von zehn Jahren und ein 2,1-fach erhöhtes Risiko innerhalb von 14 Jahren festgestellt werden, erläutern die Forschenden.
Als bei der Analyse auch soziale Faktoren (Bildung, Beruf und Familienstand) und das Alter mit einbezogen wurden, nahm der Einfluss der Erschöpfung auf das Herzinfarktrisiko ab, blieb aber trotzdem statistisch signifikant. Beispielsweise hatten Männer mit moderaten oder hohen Werten im Vergleich zu denen ohne Erschöpfung nach Adjustierung für soziale Faktoren und Alter ein um 16 Prozent höheres Risiko, über einen Zeitraum von 14 Jahren einen Myokardinfarkt zu erleiden, erklären die Forschenden.
Höherer Schulabschluss mit geringerem Risiko verbunden
In der bereinigten Analyse fiel das Risiko für einen Herzinfarkt in Verbindung mit Erschöpfung bei nie verheirateten, geschiedenen und verwitweten Männern höher aus als bei verheirateten Männern, mit Hazard Ratios von 3,7, 4,7 bzw. 7,0, berichten die Fachleute. Auch die Bildung der Männer schien einen Unterschied zu machen, wobei Männer mit einem Universitätsabschluss, verglichen mit Teilnehmenden mit einem niedrigeren Schulabschluss, ein nicht so stark erhöhtes Risiko aufwiesen.
Ältere Menschen mit höherem Herzinfarkt-Risiko
Männer mittleren Alters waren außerdem stärker betroffen als jüngere Männer: Im Vergleich zu den 24- bis 34-Jährigen war das Risiko für einen Herzinfarkt im Zusammenhang mit Erschöpfung bei den 45- bis 54-Jährigen 3,8-fach und bei den 55- bis 64-Jährigen 5,9-fach erhöht, erläutert das Team.
Alleine lebende Männer erleiden häufiger Herzinfarkt
Bezüglich des Einflusses des Familienstandes auf den Zusammenhang zwischen Erschöpfung und Herzinfarkt erklärt Studienautor Dr. Panov: „Allein zu leben deutet auf eine geringere soziale Unterstützung hin, von der wir aus unseren früheren Studien wissen, dass sie ein unabhängiger Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall ist.”
Soziale Benachteiligung mit Erschöpfung verbunden
Der Experte merkt weiter an, dass die Ergebnisse auf ein Muster hindeuten, bei dem soziale Benachteiligung mit verstärkter Erschöpfung zusammenhängt, die wiederum mit einem höheren Risiko für Herzkrankheiten verbunden ist. „Der Zusammenhang von Erschöpfung mit drohenden kardiovaskulären Ereignissen sollte bei der Risikobewertung berücksichtigt werden”, fügt Dr. Panov hinzu.
Wie lässt sich die Herzgesundheit schützen?
Abschließen erklärt der Studienautor: „Bemühungen, das Wohlbefinden zu verbessern und Stress zu Hause und am Arbeitsplatz zu reduzieren, können helfen, die vitale Erschöpfung zu reduzieren. Die Einbindung in Gemeinschaftsgruppen ist eine Möglichkeit, die soziale Unterstützung zu erhöhen und weniger anfällig für Stress zu werden. Zusammen mit einem gesunden Lebensstil sollten diese Maßnahmen für die Herzgesundheit von Vorteil sein.” (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- European Society of Cardiology: Exhaustion linked with increased risk of heart attack in men (veröffentlicht 13.03.2021), ESC
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.