Neue Klima-Erkenntnisse: Ist die momentane Lage kritischer als vermutet?
Eine internationale Studie offenbart kritische Faktoren zum Klimawandel. Der früher einsetzende Frühling bewirkt weltweit, dass Pflanzen immer früher beginnen zu wachsen. Dies wurde zunächst als positiv bewertet, da die allgemeine Annahme war, dass dadurch mehr Kohlenstoff (CO₂) aus der Erdatmosphäre gebunden wird. Ein internationales Forscherteam widerlegt nun diese Annahme und zeigt, dass durch das verfrühte Pflanzenwachstum im Jahresverlauf nicht mehr, sondern weniger CO₂ gebunden wird. Die Folge: Die Lage des Weltklimas ist noch angespannter als bisher gedacht!
Bislang herrschte die Meinung vor, dass das immer früher einsetzende Pflanzenwachstum zu einer vermehrten Biomasse führt, die dann auch mehr Kohlenstoff binden kann. In diesem Effekt sahen viele Menschen eine mögliche Verlangsamung des Klimawandels. Internationale Forschende unter der Beteiligung der Universität Augsburg, der Universität Leeds und der TU Wien sowie Forschungsgruppen aus den USA nahmen diesen Effekt genauer unter die Lupe und stellten erschrocken fest, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Ihre Erkenntnisse publizierten die Wissenschaftler in dem renommierten Wissenschaftsjournal „nature“.
Mit dem Satellit ausgewertet
Mithilfe von Satellitendaten konnte das Team die grüne Biomasse der letzten 30 Jahre bestimmen und auswerten. „Wir haben Satellitenbilder aus den letzten dreißig Jahren analysiert – der gesamte Globus nördlich des 30. Breitengrades wurde untersucht, von Südeuropa und Japan bis zu den Tundra-Regionen im hohen Norden“, erläutert Hauptautor Professor Dr. Wolfgang Buermann in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
Aufwendige Analyse
Die Forschenden konnten den Wachstumsverlauf der Vegetation anhand Lichtreflektionen erkennen. Wo viel grüne Biomasse vorhanden ist, wird grünes Licht absorbiert und infrarotes Licht reflektiert, erklären die Wissenschaftler. So könne Punkt für Punkt rund um den Erdball bestimmt werden, wann und wie viel Photosynthese stattfindet – und auch, wie viel Kohlenstoff gebunden wird. Aus dieser Analyse geht hervor, dass in vielen Gegenden ein vorverlegter Frühling zu einer verringerten Biomasseproduktion im folgenden Sommer und Herbst führt.
Es ist ein Umdenken erforderlich
„Die bisher verwendeten Klimamodelle müssen angepasst werden – die Lage des Weltklimas ist noch angespannter als bisher gedacht”, betont Klimaexperte Buermann. Die Studie ist die erste Forschungsarbeit, die den Effekt des verfrühten Pflanzenwachstums auf hemisphärischem Maßstab untersucht. Die Daten zeigen deutlich, dass die Nordhalbkugel im Frühling zunächst tatsächlich grüner ist. Jedoch ist dieser Effekt zumeist damit verbunden, dass im anschließenden Sommer und Herbst weniger Biomasse entsteht.
Warum kommt es zu diesen Effekt?
Nach einem grünen Frühling kommen also häufig ein trockener Sommer und Herbst. Die genauen Gründe hierfür sind bislang noch unklar. Die Forschenden vermuten, dass das verstärkte Pflanzenwachstum im Frühling den Wasserbedarf und die Verdunstung erhöhen. In Folge würde die Bodenfeuchte sinken und die Pflanzen haben im weiteren Verlauf nicht mehr genügend Wasser zur Verfügung. Das Studienteam hält es auch für möglich, dass bestimmte Pflanzen nur eine natürlich vorgegebene Wachstumsdauer haben, die sich nicht verlängern lässt.
Heftige Folgen für unser Klima
„Diese Mechanismen sind kompliziert und regional unterschiedlich“, ergänzt Mitautor Dr. Matthias Forkel von der TU Wien. Auch wenn noch viele Faktoren unbekannt sind, zeigen die Daten jedoch eindeutig, dass die Produktivität der Pflanzen in Jahren mit einem warmen Frühling absinkt. Bisherige Klimamodelle haben diesen Effekt noch gar nicht berücksichtigt und müssten angepasst werden – in eine unerfreuliche Richtung. „Wir müssen davon ausgehen, dass die Folgen der Klimaerwärmung dadurch noch dramatischer sein werden als bisher berechnet“, so das Fazit des Klimaexperten Professor Dr. Wolfgang Buermann. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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