Hormon unterbindet Sättigungsgefühl bei Lieblingsspeisen
04.05.2012
Jeder Mensch hat sein Lieblingsessen und meistens geht davon immer noch etwas rein, auch wenn man eigentlich längst satt ist. Den Grund hierfür haben italienische Wissenschaftler der Universität von Neapel untersucht und herausgefunden, dass das appetitanregende Hormon Ghrelin und das Endocannabinoid 2-Arachidonoyl-Glycerin hier eine wesentliche Rolle spielen.
Beim Anblick und Verzehr des Lieblingsessens, wie Spaghetti, Pizza oder Schnitzel, steigt die Konzentration des Hungerhormons Ghrelin und des Endocannabinoids 2-Arachidonoyl-Glycerin im Blut. Dadurch empfinden die Betroffenen Hunger, auch wenn ihr Körper nicht unter Energiemangel leidet, berichteten die Forscher um Palmiero Monteleone von der Universität im „Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism“.
Phänomen des hedonistischen Hungers – Essen ohne Grund?
Das Phänomen des sogenannten hedonistischen Hungers – Essen, das nicht der Deckung des Kalorienbedarfs, sondern ausschließlich dem Lustgefühl dient – ist seit langem bekannt, doch bisher blieben die biochemischen Grundlagen dieses scheinbar irrationalen Verhaltens unklar. Die italienischen Forscher stellten sich die Frage, wieso sich Menschen mit ihren Lieblingsgerichten regelrecht Überfressen können, ohne dass eine Fresssperre einsetzt, wie bei den meisten Tieren. Unter Gesichtspunkten der Evolution erscheint das Essen, das nicht zur Deckung eines Energiemangels dient, sondern ausschließlich aufgrund der geschmacklichen Eigenschaften lohnend ist, nur schwer erklärbar. Welcher Mechanismus aus dem Überlebenstrieb Hunger einen Trieb zur Lusterfüllung werden lässt, blieb bisher ein Rätsel.
Ausschüttung des Hungerhormons steigt beim Verzehr des Lieblingsessens
Die italienische Forscher haben in einer kleinen Studie mit acht satten gesunden Teilnehmern im Alter von 21 Jahren den Probanden in einer ersten Versuchsphase ihre Lieblingsspeisen serviert und anschließend die Wirkung auf die Zusammensetzung des Blutplasmas überprüft. In einer zweiten Versuchsphase erhielten die Probanden ein weniger beliebtes Essen, dass in seinem Nährstoffgehalt dem ersten Gericht entsprach. Auch hier wurde vor und nach dem Essen das Blutplasma untersucht. Dabei stellten die Forscher fest, dass der „Verzehr von Lebensmitteln zum Vergnügen mit einem erhöhten peripheren Spiegel des Peptids Ghrelin und des Endocannabinoids 2-Arachidonoyl-Glycerin“ einhergeht. Diese positive „Korrelation zwischen Plasma-2-Arachidonoylglycerol und Ghrelin“ wurde ausschließlich bei dem Verzehr der Lieblingsspeisen entdeckt und war in der zweiten Versuchsphase bei keinem der Probanden nachzuweisen, schreiben Monteleone und Kollegen.
Neue Ansätze zur Bekämpfung von Übergewicht?
Die Forscher sehen in dem Anstieg der Ghrelin- und 2-Arachidonoyl-Glycerin-Konzentration im Blut nach dem Verzehr des Lieblingsessens den Grund für den hedonistischen Hunger. Das Sättigungsgefühl werde ausgeschaltet und die Betroffenen tendieren dazu, sich zu überfressen. Hier wurde „eine periphere Aktivierung von zwei endogenen chemischen Signalen beobachtet“, die in Zukunft möglicherweise bei der Bekämpfung von Übergewicht eine Rolle spielen könnte, erklärten die Wissenschaftler. Weltweit leiden runde eine halbe Milliarde Menschen an Übergewicht oder Fettleibigkeit. In den meisten Fällen ist eine zu hohe Kalorienzufuhr im Zusammenspiel mit Bewegungsmangel Ursache der Gewichtsprobleme. Durch Ausschalten des Hungerhormons Ghrelin oder Unterdrückung des Endocannabinoids 2-Arachidonoyl-Glycerin ließe sich möglicherweise der Appetit auf schmackhafte Lebensmittel reduzieren, die Völlerei vermeiden und so die Kalorienaufnahmen deutlich absenken. Allerdings müssen die Ergebnisse von Palmiero Monteleone und Kollegen erst noch in weiteren Untersuchungen bestätigt werden, da die geringe Anzahl der Studienteilnehmer keine allgemeingültigen Aussagen erlaubt. (fp)
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