Bakterien-Dichte wie in Fäkalien
Spülschwämme kommen in fast jeder Küche zum Einsatz, sei es zum Reinigen von Geschirr und Flächen oder zum Aufwischen von Schmutz. Doch Vorsicht: Die praktischen Reinigungsutensilien sind oft alles andere als hygienisch, sondern strotzen nur so vor Keimen. In einer umfassenden Studie entdeckten Forscher mehr als 300 verschiedenen Bakterienarten in gebrauchten Schwämmen, von denen einige sogar krank machen können. Die Studie wurde nun im Fachmagazin „Scientific Reports“ veröffentlicht.
Wissenschaftler untersuchen gebrauchte Küchenschwämme
Was ist der dreckigste Ort im Haushalt? Bei dieser Frage denken die meisten vermutlich an die Toilette. Doch weit gefehlt. Denn besonders viele Erreger tummeln sich in der Küche, wo zum Beispiel Schneidebretter und der Kühlschrank einen idealen Nährboden für Bakterien bieten. Wissenschaftler der Hochschule Furtwangen (HFU), der Justus Liebig-Universität Gießen und des Helmholtz Zentrums München haben nun in einem Kooperationsprojekt untersucht, wie hoch die Keimbelastung in Küchenschwämmen ist. Für die weltweit erste Studie dieser Art sammelten sie 14 gebrauchte Schwämme aus Haushalten im Großraum Villingen-Schwenningen und nahmen diese genau unter die Lupe.
Ideale Bedingungen für Keime
Das unappetitlichen Ergebnis: Schwämme sind oft eine wahre Keimschleudern und enthalten in einigen Fällen sogar potenziell krankmachende Erreger. „Teils erreichten die Bakterien Dichten von mehr als 5 mal 1010 Zellen pro Kubikzentimeter“, erläutert Studienleiter Dr. Markus Egert laut einer Mitteilung der Hochschule Furtwangen. „Das sind Konzentrationen, wie man sie sonst nur noch in Fäkalproben findet.”
Die hohen Dichten seien den Experten nach dadurch erklärbar, dass die Erreger in den Schwämmen ideale Lebensbedingungen finden. Da sie überwiegend aus Schaumstoff, wie Polyurethan, hergestellt werden, entsteht durch die unzähligen Poren eine riesige innere Oberfläche, welche den Mikroorganismen viel Platz zur Vermehrung bietet. Hinzu kommen die Feuchtigkeit und reichlich Nährstoffe, zum Beispiel wenn mit dem Schwamm Lebensmittelreste oder Schmutz. Aufgewischt wurden. Insgesamt fanden die Wissenschaftler in den Proben 362 verschiedene Arten von Bakterien.
Infektionsgefahr für abwehrgeschwächte Menschen
„Was uns überrascht hat: Fünf der zehn häufigsten von uns gefundenen Arten gehören in die sogenannte Risikogruppe 2, das bedeutet sie sind potentiell pathogen“, erläutert Egert. Darunter waren Umwelt- und Wasserbakterien, aber auch Erreger, die auf der menschlichen Haut vorkommen. Bei Personen mit geschwächter Abwehr, wie z.B. alten und kranken Menschen, könnten demnach Bakterien wie Acinetobacter johnsonii, Moraxella osoloensis und Chryseobacterium hominis eine Infektion hervorrufen.
100 Millionen verunreinigte Schwämme
Rund 40 Millionen Privat-Haushalte gibt es hierzulande. „Wenn in jedem davon nur ein bis zwei Küchenschwämme vorhanden sind, beläuft sich ihre Zahl in Deutschland auf 40 bis 80 Millionen“, erläutert Studienleiter Dr. Markus Egert laut einer Mitteilung der Hochschule Furtwangen. „Mit institutionellen Einrichtungen kommt man vermutlich auf mehr als 100 Millionen in Deutschland.“ – 100 Millionen potentielle Keimschleudern“, so der Professor für Mikrobiologie weiter.
Reinigung bringt nichts
Besonders bedenklich sei es den Forschern nach, dass in den Schwämmen, die regelmäßig, z.B. in der Mikrowelle oder per Auswaschen, gereinigt wurden, deutlich mehr von den potentiell krankmachenden Bakterien entdeckt wurden. Die Annahme der Experten: Durch die Reinigung könnte die Zahl der Keime zwar kurzfristig vermindert werden, doch in den sich schnell wieder vermehrenden Gemeinschaften würden anschließend offensichtlich die potentiell pathogenen Bakterien dominieren. Grund hierfür sei vermutlich deren höhere Stresstoleranz, so die Information der Hochschule.
Schwämme ein Mal in der Woche erneuern
Die Wissenschaftler empfehlen, Küchenschwämme nicht zu reinigen, sondern sie regelmäßig (etwa ein Mal in der Woche) zu entsorgen bzw. gegen neue auszutauschen. Dies sei besonders an Orten wichtig, wo Menschen mit einem geschwächten Immunsystem leben, beispielsweise in Krankenhäusern, Altenheimen oder bei der privaten Pflege zu Hause. (nr)
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