Alkoholverzicht im mittleren Alter und starker Alkoholkonsum erhöhen Demenz-Risiko
Es ist schon länger bekannt, dass starker Alkoholkonsum das Demenz-Risiko enorm erhöht. Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass geringer Alkoholkonsum dazu beitragen kann, Demenz vorzubeugen. Dies zeigte sich nun erneut in einer Studie. Wein ist dafür offenbar besonders gut geeignet.
Immer mehr Menschen leiden an Demenz
Experten zufolge leiden weltweit etwa 47 Millionen Menschen an Demenz, der Großteil davon an Alzheimer. Was die genauen Auslöser der Krankheit sind, ist zwar noch immer unklar, doch von Wissenschaftlern wurden eine Reihe von Risikofaktoren identifiziert. Starker Alkoholkonsum ist einer davon. Wer allerdings in mittleren Jahren mäßig trinkt, kann laut einer neuen Studie sein Erkrankungsrisiko sogar senken.
Moderates Trinken mit verringertem Demenz-Risiko verbunden
Menschen, die im mittleren Alter auf Alkohol verzichten oder sehr viele alkoholische Getränke konsumieren, haben ein erhöhtes Risiko, an Demenz zu erkranken.
Da ist das Ergebnis einer Studie, die im Medizin-Fachblatt „BMJ“ veröffentlicht wurde.
Wie es in einer Meldung im Fachmagazin „Eurek Alert!“ dazu heißt, sind die zugrundeliegenden Mechanismen in den beiden Gruppen wahrscheinlich unterschiedlich.
Schon frühere Studien konnten zeigen, dass moderates Trinken mit einem reduzierten Demenz-Risiko verbunden ist.
So stellten Forscher fest, dass regelmäßiger moderater Rotwein-Konsum offenbar vor Demenz schützen kann. Dies habe unter anderem mit der positiven Wirkung der im Wein enthaltenen Polyphenole auf Nervenstrukturen und Blutgefäße zu tun.
Medizinische Daten von über 9.000 Staatsbediensteten
Ein Forscherteam um Séverine Sabia von Frankreichs Nationalem Institut für Gesundheit (INSERM) und vom University College London (UCL) hat sich in der neuen Studie mit dem Zusammenhang zwischen dem Alkoholkonsum in mittleren Jahren und dem Risiko einer Demenz im frühen Alter befasst.
Sie untersuchten auch, ob kardiometabolische Erkrankungen (dazu zählen unter anderem Schlaganfall, Koronare Herzkrankheit und Diabetes) irgendeine Wirkung auf diesen Zusammenhang hat.
Ihre Untersuchung beruht auf der Auswertung medizinischer Daten von 9.087 britischen Beamten im Alter zwischen 35 und 55 Jahren.
Im Beobachtungszeitraum wurden insgesamt 397 Demenzfälle erfasst. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose betrug 76 Jahre.
Wein ist besser geeignet als Bier
Laut einer Mitteilung des UCL stellten die Forscher fest, dass Abstinenz in der Lebensmitte oder Trinken von mehr als 14 Einheiten pro Woche mit einem höheren Risiko für Demenz im Vergleich zum Trinken von 1-14 Einheiten assoziiert war.
Laut den Wissenschaftlern erhöht sich das Demenz-Risiko durch starkes Trinken um 17 Prozent je sieben zusätzlichen Alkoholeinheiten pro Woche.
In Großbritannien sind 14 Einheiten Alkohol pro Woche die empfohlene Höchstgrenze für Männer und Frauen, in vielen anderen Länder wird jedoch eine viel höhere Schwelle verwendet, um schädliches Trinken zu definieren.
14 Einheiten entsprechen etwa sechs Gläsern Bier (halber Liter) mit vier Prozent Alkoholgehalt oder sechs Gläsern Wein à 175 Millilitern mit einem Alkoholgehalt von 13 Prozent oder 14 Gläsern Hochprozentigem à 25 Milliliter mit einem Alkoholgehalt von 40 Prozent.
In der Studie zeigte sich auch, dass unter den moderaten Trinkern Weintrinker im Vergleich zu den Konsumenten von Bier oder hochprozentigem Alkohol das geringere Risiko für Demenz haben.
Die Wissenschaftler stellten zudem fest, dass das höhere Demenz-Risiko von Abstinenzlern auf ein größeres Risiko für eine kardiometabolische Erkrankung zurückzuführen ist.
Niemand soll zum Trinken animiert werden
Zusammenfassend deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass Enthaltsamkeit und übermäßiger Alkoholkonsum mit einem erhöhten Demenz-Risiko verbunden sind, so die Forscher, obwohl die zugrundeliegenden Mechanismen in den beiden Gruppen unterschiedlich sein dürften.
Die Wissenschaftler weisen aber auch darauf hin, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelte, so dass keine eindeutigen Schlussfolgerungen über Ursache und Wirkung gezogen werden können.
Doch laut den Studienautoren stärken ihre Ergebnisse „die Beweise, dass übermäßiger Alkoholkonsum ein Risikofaktor für Demenz ist“.
Ihre Ergebnisse sollen „Menschen, die nicht trinken, nicht dazu motivieren, zu trinken, angesichts der bekannten schädlichen Auswirkungen von Alkoholkonsum auf die Sterblichkeit, neuropsychiatrische Störungen, Leberzirrhose und Krebs“.
Manche Abstinenzler haben womöglich früher viel getrunken
Diese Studie ist wichtig, da sie Wissenslücken schließt, „aber wir sollten vorsichtig bleiben und die derzeitigen Empfehlungen zum Alkoholkonsum nicht allein auf epidemiologischen Studien basieren“, so der nicht an der Studie beteiligte Sevil Yasar von der Johns Hopkins School of Medicine.
„Da diese Studie nur das Trinken von Menschen in der Lebensmitte betrachtet, wissen wir nichts über ihre Trinkgewohnheiten im früheren Erwachsenenalter“, sagte die Leiterin des Alzheimer-Forschungszentrums von Großbritannien, Sara Imarisio, gegenüber dem „Science Media Centre“.
Es sei möglich, dass Menschen, die während des Untersuchungszeitraums abstinent waren, früher viel getrunken haben und so ihr Demenz-Risiko erhöht haben.
„Menschen, die völlig auf Alkohol verzichten, können in der Vergangenheit eine starke Alkoholabhängigkeit gehabt haben, was die Interpretation der Zusammenhänge zwischen Alkoholkonsum und Gesundheit erschweren kann“, so die Expertin.
Gesunde Gehirnalterung
„Zukünftige Forschung muss die Trinkgewohnheiten über ein ganzes Leben hinweg untersuchen und dies wird dazu beitragen, mehr Licht in das Verhältnis zwischen Alkohol und Demenz zu bringen“, meinte Imarisio.
Sie verwies auch darauf, dass es nicht nur wegen dem reduzierten Demenz-Risiko wichtig ist, übermäßigen Alkoholkonsum zu vermeiden:
„Wir wissen, dass ein gesunder Lebensstil, einschließlich der Reduzierung von zu viel Alkohol, die Gesundheit verbessern und das Demenz-Risiko verringern kann, und ein gutes Motto lautet: Was gut für das Herz ist, ist gut für das Gehirn“, so Imarisio.
„Nicht zu rauchen, eine gesunde und ausgewogene Ernährung, geistig und körperlich aktiv zu bleiben und Blutdruck und Cholesterin im Zaum zu halten, sind alles Mittel, um eine gesunde Gehirnalterung zu unterstützen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.