Naturheilkunde-Mittel Weihrauch: Die Universität Jena untersuchte entzündungshemmende Wirkungsweisen
14.07.2012
Forscher der Universität Jena untersuchen derzeit die heilende Wirkung von Weihrauch. Das Naturmittel wird seit je her vor allem in der katholischen Kirche für religiöse Zeremonien verwandt. Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten die effektiv wirkenden Inhaltsstoffe des Weihrauchbaumes bei Neurodermitis, Asthma und rheumatoider Arthritis auch in der konventionellen Medizin schon bald zur Anwendung kommen.
Die drei Weisen aus dem Morgenland beschenkten das Christkind mit Myrrhe, Gold und Weihrauch. Seit je her wird der Harz des Weihrauchbaumes für religiöse Feierlichkeiten verwendet. Ein Wissenschaftsteam der Uni Jena hat nun die entzündungshemmenden Eigenschaften der im Weihrauchbaum enthaltenen Boswelliasäuren näher untersucht. So erklärte Prof. Dr. Oliver Werz von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena, dass der „aus dem Stamm des Weihrauchbaumes gewonnene Harz entzündungshemmende Substanzen enthält.“ Die Stoffe könnten künftig bei chronischen Erkrankungen wie Asthma, Neurodermitis oder rheumatoider Arthritis helfen, wovon der Lehrstuhlinhaber für Pharmazeutische und Medizinische Chemie nach den neuster Studienergebnissen überzeugt ist.
Weihrauch: Über dreitausend Jahre altes Heilmittel
Medizin und Religion waren im Altertum eng miteinander verflochten. Noch heute lassen sich sprachliche Zusammenhänge finden. „Wenn etwas heilt, so ist es heilig“. Bereits vor rund drei bis viertausend Jahren nutzen die alten Ägypter Weihrauch zur Verbesserung des Raumduftes, für heilende Salben gegen Entzündungen und zur Behandlung von Wunden. Hippokrates sowie andere griechische und römische Ärzte nutzten Weihrauch vor allem zur Reinigung von Wunden, bei Atemwegserkrankungen und Bauchschmerzen. Zwar wussten die Gelehrten nicht genau, wie die Wirkungsweisen sind, aber der therapeutische Erfolg ließ das teure Naturheilkunde-Mittel bis in das späte Mittelalter überleben und wurde auch von der Naturheilerin und Nonne Hildegard von Bingen verwandt.
In der Naturheilkunde aktuell, in der Schulmedizin vergessen
Durch die moderne Medizin und der Entwicklung von antibiotischen Medikamenten geriet Weihrauch zunehmend in Vergessenheit. In der neueren Naturheilkunde gehört Weihrauch jedoch zu den wertvollsten pflanzlichen Mitteln, um Schmerzen und Blockaden aufzulösen. In der traditionellen Medizin (TCM) wird Weihrauch meistens in Kombinationen mit weiteren Heilkräutern verordnet.
Bis heute sind die winkenden Mechanismen weitestgehend unerforscht, weshalb Patienten nach Mitteln mit Weihrauch in Apotheken vergebens suchen. “Auch wenn Weihrauchharz schon seit Jahrtausenden beispielsweise in der ayurvedischen Medizin genutzt wird, reichen die bisher durchgeführten klinischen Studien für eine Zulassung in Deutschland und Europa nicht aus”, erläutert Prof. Werz. Um das perspektivisch zu ändern, haben die Forscher die Wirkungsmechanismen von Weihrauch eingehender untersucht.
Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat Professor Werz und Kollegen die Wirkkraft entschlüsselt. Sie konnten im Verlauf einer Studie nachweisen, wie die verantwortlichen Inhaltsstoffe, die Boswelliasäuren, in das entzündliche Geschehen eingreifen. “Boswelliasäuren interagieren mit verschiedenen Eiweißen, die an entzündlichen Reaktionen beteiligt sind. Insbesondere jedoch mit einem Enzym, das für die Synthese von Prostaglandin E2 verantwortlich ist”, sagt Werz. Prostaglandin E2 ist ein Vermittler der Immunantwort und unter anderem bei Entzündungen für die Entstehung von Schmerzen und Fieber mitverantwortlich. Boswelliasäuren hemmen dieses Enzym und können die Entzündungsreaktionen somit verringern, wie der Forscher erklärte.
Therapeutischer Ansatz bei Entzündungen
Aus dieser Erkenntnis heraus könnte sich künftig ein therapeutischer Ansatz bei entzündlichen Krankheiten entwickeln. Es sei davon auszugehen, dass Boswelliasäuren weitaus weniger Nebenwirkungen provozieren, als dies bei den derzeit auf dem Arzneimittelmarkt befindlichen konventionellen Arzneimitteln wie Diclofenac oder Indometacin der Fall ist. Zudem können die Arzneien weniger spezifisch wirken. Bei längeren Therapiezeiten steigt zusätzlich das Erkrankungsrisiko von Magengeschwüren und Nierenfunktionsstörungen beträchtlich.
Über zehn unterschiedliche Weihraucharten
Mehr als zehn verschiedene Weihraucharten sind bislang Biologen weltweit bekannt. Weite Verbreitung findet der in Nord und Zentralindien angebaute Weihrauchbaum „Boswellia serrata“ Im Verlauf der Studienarbeit haben die Wissenschaftler zudem das Weihrauchharz verschiedener Arten miteinander verglichen, um die hemmenden Wirkungen von Entzündungen zu untersuchen.
Gute Ergebnisse konnte die Weihrauchart „Boswellia papyrifera“ während der Studie erzielen. Die Art zeigte sich zehnfach potenter als andere. “Wie wir jetzt gesehen haben, ist das Harz von Boswellia papyrifera um den Faktor zehn wirksamer“ erklärte Werz. Dieser Weihrauch ist überwiegend im Nord- und Ostafrika wie Äthiopien oder Somalia und auf der arabischen Halbinsel wie dem Jemen oder Oman beheimatet.
Klinische Studien müssen Ergebnisse bestätigen
Unklar ist, ob sich das Naturheilkunde Mittel auch als Arzneimittel zeitnah durchsetzen kann. Hierfür sind klinische Studien notwendig, die die Heilwirkungen bestätigen. Allerdings sind solche Überprüfungen geplant. Eine synthetische Herstellung scheint zum jetzigen Zeitpunkt nahezu ausgeschlossen. Schließlich kommen Boswelliasäuren „ausschließlich im Harz des Weihrauchbaumes vor“. Somit sind die Weihrauchbäume eine einzigartige Ressource für den Wirkstoff.
Der Pharmakologe wies daraufhin, dass die Bäume weltweit in ihrer Existenz stark bedroht sind. In zahlreichen Teilen der Welt werden Weihrauchbäume „einfach als Brennholz verwendet“. Gelinge kein nachhaltiger Schutz, sind die Pflanzen vom Aussterben bedroht. Damit würden „der Medizin vielversprechende Wirkstoffe verloren gehen“, mahnte Werz. (sb)
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