Lernen im Schlaf – Forscher bestätigen Lernfähigkeit beim Schlafen
Im Schlaf Vokabeln lernen, hört sich verlockend an und ist tatsächlich möglich, so das Ergebnis einer Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Freiburg und Zürich. Allerdings muss das Gehirn in Ruhe arbeiten können und darf nicht durch übermäßigen Input verwirrt werden, berichten die Forscher in dem Fachmagazin „Nature Communication“.
Bereits vor rund einem Jahr konnten Forscher der Universitäten Freiburg und Zürich zeigen, dass beim Vorspielen zuvor gelernter fremdsprachiger Wörter während des Schlafs ein verstärkter Lerneffekt auftritt. In der aktuellen vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanzierten Studie überprüfte das Forscherteam um den Biopsychologen Björn Rasch von der Universität Freiburg nun den Effekt in einem Schlaflabor und untersuchte, ob sich dieser durch das Abspielen zusätzlicher Informationen erweitern lässt.
Verbesserte Erinnerung gelernter Wörter
Zwar kann Neues im Schlaf nicht gelernt werden, doch „ist es durchaus wirkungsvoll, sich die zuvor gelernten fremdsprachigen Wörter im Schlaf noch einmal vorspielen zu lassen“, berichtet der SNF. Leises Vorspielen zuvor gelernter holländischer Vokabeln habe die Erinnerung an die Wörter deutlich verbessert. Dies konnten die Forscher der Universitäten Zürich und Freiburg bereits vor einem Jahr nachweisen. In der neuen Studie sei nun deutlich geworden, dass das Gehirn allerdings in Ruhe arbeiten können muss, um den Lerneffekt zu erzielen, so die Mitteilung des SNF.
Versuche im Schlaflabor
Die Wissenschaftler ließen 27 deutschsprachige Versuchspersonen holländische Wörter lernen und danach im Labor für drei Stunden schlafen. Dabei spielten sie ihnen nicht nur die gelernten Vokabeln vorn, sondern versuchten den Probanden noch weitere Informationen zu vermitteln. Beispielsweise probierten die Forscher die Wirkung zu verstärken, „indem sie zusätzlich zu den holländischen Wörtern auch noch die deutschen Übersetzungen nachlieferten“, berichtet der SNF: Zudem testeten Sie, ob mit einer falschen Übersetzung das Vergessen gefördert werden kann.
Zusätzliche Informationen stören die Gedächtnisprozesse
Überraschenderweise zeigte sich in den Versuchen weder ein verbessertes Erinnern, noch ein verstärktes Vergessen, erläutert Björn Rasch in der Pressemitteilung des SNF. Zwar habe sich der ursprüngliche Effekt von rund zehn Prozent mehr erinnerten Wörtern beim alleinigen Abspielen von holländischen Wörtern im Schlaf bestätigt. Doch „das Abspielen eines zweiten Wortes direkt nach dem Ersten scheint die relevanten Gedächtnisprozesse zu stören, die zuvor aktiviert wurden“, berichtet Rasch. Offenbar sei nicht die gesamte Information, die das Gehirn erhält, für den Lerneffekt wichtig, „sondern lediglich ein Anschubsen, um die Erinnerung zu verstärken“, so die Mitteilung des SNF.
Veränderte Aktivierungsmuster der Hirnströme
In dem Schlaflabor konnten die Wissenschaftler während der Versuche auch die Hirnströmen der Probanden messen. Dabei habe sich gezeigt, dass hier die variierenden Lerneffekte zu entsprechend unterschiedlichen Aktivierungsmustern im Gehirn führten. Die charakteristischen Wellen des Schlafs und Erinnerungsvermögens (Schlafspindeln und Theta-Frequenzbereich) waren während des Abspielens einzelner holländischer Wörter verstärkt. Allerdings verschwanden diese Aktivitätsmuster komplett, sobald ein weiteres Wort folgte, berichtet der SNF. In Folgeuntersuchungen konnten die Forscher zudem zeigen, dass der Zeitraum zwischen den Wortpaaren maßgeblichen Einfluss auf den Effekt hat. Wenn die deutsche Übersetzung erst nach zwei Sekunden statt nach 0,2 Sekunden folgte, verschwand die störende Wirkung und die Verstärkung blieb weiterhin bestehen, berichten Rasch und Kollegen.
Fremdsprachen in Zukunft leichter lernen?
Diese Resultate seien ein weiterer Beleg dafür, „dass der Schlaf die Gedächtnisbildung fördert“, so Rasch. Dabei aktiviere das Gehirn spontan zuvor gelernte Inhalte. „Durch das Abspielen können wir diese Wirkung verbessern“, betont der Studienleiter.Nun müssten die Versuche unbedingt aus dem kontrollierten Schlaflabor in den Alltag übertragen werden, um zu sehen, „ob die Wirkung auch unter realistischen Bedingungen erzielt werden kann.“ Sollten sich die bisher festgestellten Effekte bestätigen, könnte dies zum Beispiel zur Entwicklung einer App genutzt werden, mit der sich Fremdsprachen leichter lernen und die Noten bei Vokabel-Prüfungen verbessern lassen. (fp)
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