Betrüger bleiben uns besser im Gedächtnis
Deutsche Forscher haben in einer Studie festgestellt, dass sich Menschen Betrüger oder andere Personen, die „Fehlverhalten abseits der Norm“ zeigen, besser merken können. Wir erinnern uns demnach dann nicht nur leichter an das Gesicht, sondern auch an die mit ihm verbundene Geschichte.
„Den merk ich mir!“
Wenn sich andere Menschen einen nach eigenen Maßstäben unverdienten Vorteil verschaffen, womöglich noch auf Kosten von einem selbst, denkt man oft: „Den merk ich mir!“ Und in der Tat speichert unser Gedächtnis solche Personen besonders gut – zumindest dann, wenn sie unserer eigenen Gruppe angehören, wie Psychologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena jetzt herausgefunden haben.
Wir erinnern uns besser an unkooperative Individuen
„Menschen erinnern sich an unkooperative Individuen besser als an kooperative. Wir vermuten, dass dies besonders dann der Fall ist, wenn unkooperative Individuen zu der eigenen Gruppe gehören, weil ihr Verhalten positive Erwartungen verletzt“, schreiben die Forscher im Fachmagazin „Cognition“.
Dr. Stefanie Hechler, die gemeinsam mit ihren Kollegen Prof. Dr. Thomas Kessler und Prof. Dr. Franz Neyer an der neuen Studien gearbeitet hat, aus denen die Ergebnisse hervorgegangen sind, erklärte in einer Pressemitteilung: „Beobachten wir Personen, die Fehlverhalten abseits der Norm – etwa Betrug – zeigen, dann erinnern wir uns besonders gut an sie, da sie anders gehandelt haben, als wir das erwarten.“
„Dabei handelt es sich um kombinierte Erinnerungen, wie Kollegen aus Düsseldorf herausgefunden haben. Das heißt, wir merken uns nicht nur das Gesicht der betreffenden Person, sondern auch die mit ihm verbundene Geschichte“, so die Expertin. Es sei schließlich besser, bei der nächsten Begegnung nicht nur festzustellen, denjenigen schon einmal gesehen zu haben, sondern auch dass er damals unkooperativ gehandelt hat.
Interagieren mit Personen der eigenen Gruppe
„Diese soziale Funktionalität tritt allerdings nur auf, wenn ich die entsprechende Person in die gleiche Gruppe wie mich selbst verorte, also einem Personenkreis, dem ich eine bestimmte Kategorie zuschreibe – etwa die Mitarbeiter einer Firma, die Seminargruppe einer Universität oder auch, weiträumiger gefasst, etwa die Einwohner eines Landes“, sagte Hechler.
„In der Regel teilen wir unsere soziale Umgebung in solche Gruppen ein, um sie besser strukturieren zu können. Somit interagieren wir also auch meist mit Personen der eigenen Gruppe.“
Identifikation mit der Gruppe
Die Jenaer Psychologen teilten den Probanden in einem Experiment mit, dass sie Teil einer erfundenen und neuen Gruppe seien, ohne darauf zu verweisen, dass diese eine bestimmte Bedeutung habe. Die Teilnehmer identifizierten sich aber trotzdem mit ihrer Gruppe, womit gleichzeitig eine Abgrenzung zu einer anderen Gruppe einherging.
Nachdem ihnen die Wissenschaftler verschiedene Personen mit einer Hintergrundinformation gezeigt hatten, stellte sich heraus, dass sie sich besonders auf ihre Co-Mitglieder konzentriert hatten. Diejenigen aus der eigenen Gruppe, die durch Fehlverhalten aufgefallen waren, hatten sich demnach bei den Probanden besonders eingeprägt.
Allerdings traf dies nicht auf die Personen aus der Fremdgruppe zu, die sich ebenfalls durch unkooperative Handlungsweisen hervorgetan hatten.
Handeln gegen die Norm wird besonders gut abgespeichert
„Es zeigt sich also, dass selbst so basale Vorgänge wie Gedächtnisprozesse, die wir eher unbewusst steuern, von sozialen Kategorisierungen beeinflusst sind“, so Hechler. „Wir speichern das Handeln gegen die Norm als Gefahr für die Gruppe besonders ab – und somit auch denjenigen, der dafür verantwortlich ist.“
Es zeigte sich jedoch auch, dass die Teilnehmer die eigene Gruppe grundsätzlich als positiver einschätzten als eine Fremdgruppe, obwohl sie sich sehr gut an die Betrüger erinnern konnten. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.