Verringert ADHS die Größe von Regionen im Gehirn von betroffenen Kindern?
Forscher fanden jetzt heraus, dass Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) mehrere Hirnregionen besitzen, welche kleiner sind als üblich. Diese neue Erkenntnis liefert Beweise dafür, dass ADHS als eine neurologische Erkrankung betrachtet werden sollte.
Die Wissenschaftler der niederländischen Radboud University fanden bei einer Untersuchung heraus, dass bei Kindern mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung mehrere Hirnregionen verkleinert sind, verglichen mit normalen menschlichen Gehirnen. Die Mediziner veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in der Fachzeitschrift „The Lancet Psychiatry“.
Ergebnisse könnten zu effektiverer Behandlung mit Medikamenten führen
Die aktuelle Studie war die bisher größte Untersuchung der Gehirne von Patienten mit ADHS. Die Ergebnisse könnten Hinweise für die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden geben. Wenn bekannt ist welche Regionen des Gehirns an ADHS beteiligt sind, können diese möglicherweise das Ziel von speziellen Medikamenten werden, sagt die Autorin Dr. Martine Hoogman von der Radboud University in den Niederlanden.
Experten untersuchen die Hirn-Scans von mehr als 3.200 Menschen
ADHS verursacht bei Betroffenen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Aber Menschen mit ADHS zeigen nicht immer alle dieser Merkmale, sagen die Mediziner. Die Wissenschaftler analysierten für ihre Studie die MRT-Scans von mehr als 3.200 Menschen in neun verschiedenen Ländern. Die Teilnehmer waren dabei im Alter zwischen vier und 63 Jahren. 1.713 Probanden litten unter ADHS. Die Mediziner konnten feststellen, dass fünf Regionen der Gehirne von Kindern mit ADHS etwas kleiner waren. Darunter waren auch Regionen, welche mit Emotionen, freiwilliger Bewegung und Verständnis zusammenhängen, erläutern die Autoren.
Bis zum Erwachsenenalter sind die Unterschiede nicht mehr signifikant
Die Entdeckungen stützt bereits vorhergehende Theorien, dass sich die Gehirne der Menschen mit ADHS langsamer entwickeln könnten. Diese Unterschiede scheinen aber größtenteils im Laufe der Zeit ausgeglichen zu werden, wenn diese Kinder älter werden. Bis die Betroffenen zu Erwachsenen werden, sind die Unterschiede im Gehirn nicht mehr signifikant, erklären die Mediziner.
Verminderte Hirnsubstanz ist nicht immer ein Nachteil
Kritiker beschrieben die festgestellten Ergebnisse zwar durchaus als interessant, sie sagten aber auch, dass es nicht genug Informationen gab, um die Unterschiede des Gehirns mit Verhaltensstörungen in Verbindung zu bringen, welche bei Menschen mit ADHS festgestellt wurden. Die Studie bestätige, dass es strukturelle Unterschiede im Gehirn von Menschen mit ADHS gibt. Sie liefere aber keine Hinweise darauf, was diese Unterschiede bedeuten, sagen die nicht an der Studie beteiligten Kritiker. Weniger Hirn in mehreren Regionen zu haben, klingt zwar schlecht, aber so einfach ist es nicht. Eine verminderte Hirnsubstanz könne manchmal durchaus vorteilhaft sein. Bei Teenagern wird beispielsweise die äußere Hirnrinde dünner, wenn sich das Gehirn entwickelt und die intellektuelle Kapazität wächst.
Weitere Forschung ist nötig
Das menschliche Gehirn ist generell sehr anpassbar. Nur weil bestimmte Kinder weniger Gehirn-Volumen aufweisen, bedeutet dies nicht, dass solche Kinder Probleme mit ihrem Verhalten haben müssen. Um ein solides Verständnis dafür zu haben, dass ADHS wirklich aus unseren Hirnsystemen stammt und dass es Veränderungen in der Funktionsweise des Gehirns verursacht, werden weitere Informationen benötigt, sagen die Experten. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.