Kinder und Jugendliche hängen zu viel am Computer. Das zeigten verschiedene Umfragen in den vergangenen Jahren. Einer neuen Studie zufolge sind viele von ihnen sogar regelrecht süchtig: Eine halbe Stunde ohne Handy ist für einen Großteil der Kleinen bereits eine Herausforderung.
Viele Kinder halten es nur eine halbe Stunde ohne Smartphone aus
Ein schnelles Mittagessen ist gerade noch drin: Rund eine halbe Stunde halten es die meisten Kinder aus, ohne auf ihr Smartphone oder den Rechner zu schauen. Doch dann ist Schluss. Nach etwa 30 Minuten zieht es 60 Prozent der Neun- bis Zehnjährigen wieder an eines der digitalen Medien. Dies hat eine Studie des Projekts „Blikk-Medien“ (Bewältigung-Lernverhalten-Intelligenz-Krankheiten-Kinder) ergeben, wie „welt.de“ berichtet. Entwickelt wurde das Projekt vom Institut für Medizinökonomie und Medizinische Versorgungsforschung der RFH Köln (iMöV) und dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Bislang sind die Folgen des exzessiven Medienkonsums wissenschaftlich nicht erforscht, beklagen die Kinderärzte.
Gesundheitliche Auswirkungen exzessiven Medienkonsums
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU) erläuterte: „Viele Jugendliche zeigen bereits heute Anzeichen einer Medienabhängigkeit.“ Sie sagte weiter: „Es ist daher richtig, bereits frühzeitig Kinder und ihre Eltern an einen verantwortungsbewussten Mediengebrauch heranzuführen.“ Möglicherweise könnten so spätere Abhängigkeiten verhindert werden. Die Frage nach den gesundheitlichen Auswirkungen übermäßiger Mediennutzung ist für die Kinderärzte „eine der wichtigsten überhaupt“. Frühere Untersuchungen zeigten, dass viele Kinder und Jugendliche zum Beispiel unter Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen leiden, die durch lange Verweildauer am Bildschirm verursacht werden. Außerdem droht soziale Vereinsamung. So hat eine Studie der Klinik für Psychosomatische Medizin an der Universitätsmedizin Mainz ergeben, dass Jugendliche durchs Internet vereinsamen, wenn sie zu viel Zeit im Internet, etwa mit sozialen Netzwerken oder Onlinespielen verbringen.
Eine halbe Million Bürger gelten als internetabhängig
Bereits im Vorschulalter hätten manche Mädchen und Jungen Zugang zu Smartphones und seien im Internet unterwegs, heißt es in der aktuellen Studie. Viele der über Zwölfjährigen seien demnach fast pausenlos mit Handys und Laptops beschäftigt. Laut dem Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung gelten über eine halbe Million der 14- bis 64-Jährigen als internetabhängig. Bisher werde kaum untersucht, welche Folgen dies langfristig habe. Eine Internetabhängigkeit ist bislang als Verhaltenssucht nicht von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eigenständiges Krankheitsbild anerkannt. Seit Jahren drängen Mediziner und Therapeuten auf eine entsprechende Anerkennung.
Flächendeckende Fragebogenaktion geplant
Vom Verband der Kinder- und Jugendärzte ist nun eine flächendeckende Fragebogenaktion in Kinderarztpraxen geplant. Der Verbandspräsident Wolfram Hartmann beklagte im Berliner „Tagesspiegel“, dass man dafür keine Unterstützung bekomme. Weder vom Gesundheits- noch vom Familienministerium. Den Angaben zufolge zeigt die aktuelle Blikk-Studie auch, dass sich Eltern etwa bei der Ernährung als Vorbilder sehen, aber nur bedingt im Umgang mit digitalen Medien. Darüber hinaus meinen viele Mütter und Väter, dass Neun- bis Zehnjährige Aktivitäten wie Lesen vernachlässigen würden. (ad)
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