Süchtig nach Arbeit – Für Workaholics geht es nur noch um den Job
Die meisten Menschen freuen sich in der Regel auf den Feierabend oder das Wochenende. Bei manchen Personen ist das jedoch anders: Sie können gar nicht Aufhören mit dem Arbeiten. Bei Workaholics dreht sich fast alles um den Job. Doch in vielen Fällen sind Arbeitssüchtige trotz zahlreicher Überstunden nicht besonders produktiv. Und ihrer Gesundheit tun sie nichts Gutes damit.
Arbeitssucht ist weit verbreitet
Manche Menschen arbeiten viel, manche noch mehr und einige können gar nicht mehr damit aufhören. Arbeitssucht ist gar nicht so selten: So wies etwa die AOK vor einigen Jahren darauf hin, dass mindestens jeder neunte Arbeitnehmer in Deutschland arbeitssüchtig sei. Allerdings ist die Arbeitssucht- ähnlich wie der Burn-out – nicht allgemeingültig definiert, wie der Diplom-Psychologe Stefan Poppelreuter in einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa erläuterte. Der Arbeitspsychologe hat verschiedene Bücher zum Thema Arbeitssucht veröffentlicht, in denen es auch darum geht, was passiert, wenn der Job die Seele auffrisst. Zwischen 200.000 und 300.000 Betroffene gibt es laut Schätzungen hierzulande.
Unwohlsein bei Untätigkeit
Allerdings ist längst nicht jeder, der exzessiv arbeitet und viel Stunden im Büro erbringt, gleich süchtig. „Vielmehr geht es darum, dass einen die Arbeit nicht mehr loslässt und man meint, die Welt bricht zusammen ohne die eigene Leistung“, erklärte Poppelreuter. In psychologischen Studie zeigte sich, dass Betroffene sich unwohl fühlen, wenn sie nicht schuften. „Arbeitssüchtige benötigen das Gefühl, permanent produktiv zu sein und gebraucht zu werden“, sagte Prof. Ute Rademacher, Dozentin an der International School of Management (ISM) in Hamburg.
Workaholics arbeiten oft sehr ineffizient
Es ist nicht immer einfach, zu erkennen, wo die Grenze ist. „Wer das Telefon und den Computer ausschalten kann und einen Tag mit der Familie genießt, ohne an die Arbeit zu denken, braucht sich keine Sorgen zu machen“, so Poppelreuter. Wenn das jedoch nicht mehr geht, wird es schwierig. Häufig sind Arbeitssüchtige morgens als Erste da und gehen als Letzte. Allerdings sind sie dabei nicht immer produktiv. In vielen Fällen arbeiten Workaholics sehr ineffizient. „Sie können nicht delegieren und keine Prioritäten setzen und eignen sich nicht, mit anderen zusammenzuarbeiten“, erläuterte der Psychologe.
Kein Unterschied zwischen Frauen und Männern
Es gibt zwar zwischen Männern und Frauen keinen Unterschied, was die Zahl der Arbeitssüchtigen angeht. Doch in den helfenden und kreativen Berufen sowie bei den Selbstständigen seien mehr Menschen mit einer Neigung zum Suchtverhalten vertreten, sagte Poppelreuter. Oft ist Arbeit dabei eine Flucht vor anderen Konflikten im Leben. Workaholics sind oft Getriebene. „Vielen fehlt die innere Erfüllung“, meinte Werner Gross, Mitbegründer des Psychologischen Forums Offenbach laut dpa. An diesem Punkt können Freunde und Verwandte die Sucht oft erkennen. „Die Arbeitssüchtigen sind zwar physisch präsent, aber geistig abwesend, folgen Gesprächen nicht und schreiben dauernd Mails“, so Poppelreuter.
Sucht mit körperlichen Auswirkungen
Arbeitssucht macht krank. Häufige Folgen sind körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magenprobleme wie Magengeschwüre oder Schlafstörungen. Auf arbeitsfreie Zeiten reagieren die Süchtigen unter anderem mit Schweißausbrüchen, Herzrasen, Niedergeschlagenheit oder Gereiztheit. Bei vielen Betroffenen sind laut Gesundheitsexperten auch psychosomatische Störungen wie funktionelle Herzbeschwerden sowie psychosoziale Probleme wie Konflikte in der Familie oder Verlust von Freundschaften zu beobachten. Körper und Psyche geben also eine Art Stoppsignal.
Sich mit anderen Arbeitssüchtigen austauschen
Allerdings müssen nicht alle Arbeitssüchtige immer gleich in eine langwierige Therapie. „Der erste Schritt ist, es selbst zu probieren, mit Vertrauten zu reden.“ Darüber hinaus gebe es verschiedene Selbsthilfegruppen für seelische Gesundheit. Hilfestellung bietet die Initiative „Anonyme Arbeitssüchtige“ (AAS). Hier können sich die Betroffenen auch eine Selbsthilfegruppe in ihrer Umgebung suchen, bei der sie sich mit anderen Arbeitssüchtigen austauschen können. Wenn das aber nicht ausreicht, sind Profis gefragt. Dann können Psychotherapie oder sogar die stationäre Rehabilitation helfen. Viele Therapeuten haben sich auf das Thema Sucht spezialisiert. Eine permanente Heilung kann es dabei jedoch nur selten geben, wie Poppelreuter erklärte. „Ziel einer Behandlung kann nicht die Abstinenz sein, dazu ist Arbeit zu wichtig und notwendig“, so der Experte. (ad)
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