Finanzkrise verursacht massive Zunahme der Suizid-Rate
11.07.2011
Die Finanzkrise hat in Europa die Zahl der Suizide deutlich steigen lassen. Immer mehr Menschen haben sich im Zuge der Finanzkrise aus Verzweiflung das Leben genommen. Um bis zu 17 Prozent sei die Selbstmordrate in den europäischen Staaten zwischen 2007 und 2009 gestiegen, schreiben Forscher im Fachmagazin „The Lancet“.
Die Zahl der Suizide ist im Zuge der Finanzkrise in Europa deutlich gestiegen, so das Ergebnis einer aktuellen Studie US-amerikanischer und britischer Forscher. David Stuckler von der University of Cambridge (UK), Martin McKee von der London School of Hygiene and Tropical Medicine (UK) und Sanjay Basu von der University of California (USA) berichten in der Fachzeitschrift „The Lancet“, dass die Suizid-Rate in 90 Prozent der untersuchten Nationen während der Finanzkrise gestiegen sei. Parallel habe auch die Arbeitslosigkeit um ein Drittel zugenommen. Die Zahl der Verkehrsunfälle ist hingegen den Angaben der Forscher zufolge im gleichen Zeitraum deutlich gesunken, was auf die verringerte Mobilität in wirtschaftlich schlechten Zeiten zurückzuführen sei.
Selbstmordrate durch die Finanzkrise massiv gestiegen
Den britischen und US-amerikanischen Forschern zufolge ist während der Finanzkrise vor allem in Europa die Selbstmordrate massiv gestiegen ist. Im Rahme ihrer Studie habe die Wissenschaftler nachgewiesen, dass sich zwischen 2007 und 2009 eine wachsende Anzahl von Menschen im erwerbsfähigen Alter das Leben genommen hat. In neun von zehn untersuchten Nationen sei die Selbstmordrate gestiegen, erklärten David Stuckler, Martin McKee und Sanjay Basu. Um bis zu 17 Prozent habe die Selbstmordrate bei Personen im Alter unter 65 Jahren in den europäischen Staaten während der Finanzkrise zugenommen. David Stuckler betonte, dass „vor der Rezession die Anzahl der Selbstmorde“ kontinuierlich sank, „um dann in fast allen der untersuchten europäischen Länder anzusteigen.“ Dem britischen Wissenschaftler zufolge ist „dieser Anstieg fast sicher auf die Finanzkrise zurückzuführen.“ Die Forscher erklärten, dass sich der stetige Abwärtstrend bei den Selbsttötungen während der Finanzkrise plötzlich umgedreht habe.
Griechenland und Irland am stärksten betroffen
Am deutlichsten seien die Tendenzen in den stark betroffene Ländern wie Griechenland und Irland zu beobachten, schreiben Stuckler, McKee und Basu. Während die neu beigetretenen europäischen Länder nur eine relativ moderate Steigerung der Selbstmordraten erlebten, habe die Anzahl der Selbsttötungen zum Beispiel in Griechenland massiv zugenommen, erklärten die Forscher. Um 17 Prozent ist die Selbstmordrate in dem gebeutelten Mittelmeerstaat gestiegen. Insgesamt seien die Selbsttötungen im Jahr 2009 durchschnittlich um rund fünf Prozent in allen EU-Nationen gestiegen, berichten die Experten. Eine Ausnahme im Rahmen der aktuellen Studie bildete Österreich, wo trotz der Finanzkrise die Selbstmordrate weiter zurück ging. Als Erklärung hierfür nannten die Forscher eine geringere Belastung durch die Finanzkrise als in anderen europäischen Ländern. Zwar sind den Angaben der Wissenschaftler zufolge weitere Datenanalysen notwendig, um konkrete Aussagen treffen zu können, doch es sei bereits zu erkennen, dass die „Länder, die mit den größten Problemen konfrontiert waren wie Griechenland und Irland, mit 17 und 13 Prozent besonders hohe Zunahmeraten“ bei den Suiziden zu verzeichnen haben. Die Finanzkrise habe jedoch auch einen positiven Effekt: Die Anzahl der Verkehrstoten sei deutlich zurückgegangen, da auch das Verkehrsaufkommen in wirtschaftliche schlechteren Zeiten entsprechend geringer ausfalle, erklärten die Forscher.
Gesundheitliche Konsequenzen der Finanzkrise
Die Wissenschaftler warnten außerdem vor den weiteren möglichen gesundheitlichen Folgen, die sich aus derartigen Finanzkrisen ergeben könnten. Denn die finanziellen Probleme, die wirtschaftliche Unsicherheit und der erhöhten Druck bringen ein erhöhtes Stress-Empfinden mit sich, das zusätzliche gesundheitliche Probleme auslösen kann, erklärten David Stuckler und Kollegen. So seien zum Beispiel bei anhaltenden wirtschaftlich schwierigen Zeiten langfristig auch Zunahmen der Herz- und Krebserkrankungen zu erwarten. Außerdem lässt sich eine Steigerung der psychischen Erkrankungen vermuten, die den aktuellen Untersuchungen der deutschen Krankenkassen zufolge hierzulande bereits eingesetzt hat. So hatte die Techniker Krankenkasse schon im Februar die Zahlen für das Jahr 2010 vorgelegt, die erneut eine massive Zunahme bei den psychischen Störungen wie Depressionen bestätigten. Auch der Gesundheitsreport 2011 der Deutschen Angestellten Krankenkasse kam zu ähnlichen Ergebnisse, allerdings wurde ein möglicher Zusammenhang mit der Finanzkrise bei den Untersuchungen der Krankenkassen nicht weiter berücksichtigt. (fp)
Bild: Gerd Altmann/AllSilhouettes.com
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