Superfood Chia-Samen: Was ist wirklich dran an den Gesundheitsversprechen?
Chia-Samen werden von vielen Menschen als „Superfood“ gefeiert. Mit ihrem Gehalt an gesunden Ballaststoffen, Eiweiß und Omega-3 Fettsäuren sollen sie herkömmliche Lebensmittel in den Schatten stellen. Doch was ist wirklich dran an den Gesundheitsversprechen?
Superfoods in aller Munde
Mit sogenannten „Superfoods“ werden weltweit Millionen Umsätze gemacht. Viele Menschen versprechen sich davon enorme Auswirkungen auf die Gesundheit. Vor allem Chia-Samen werden in diesem Zusammenhang oft als regelrechte Heilmittel der Naturheilkunde hervorgehoben. Doch was kann das angebliche Superfood wirklich? Das erklärt die Verbraucherzentrale in einer Mitteilung.
Gut für die Verdauung
Chia-Samen sollen herkömmliche Lebensmittel mit ihrem Gehalt an Ballaststoffen, Eiweiß und Omega-3 Fettsäuren in den Schatten stellen.
Die Samen sollen die Verdauung anregen und den Blutzucker regulieren. Zudem sollen damit Gelenkschmerzen und Sodbrennen gelindert werden können.
Und in manchen Magazinen wird Chia auch als angebliches Geheimrezept für gesunde Haut und eine schlanke Figur angepriesen.
Viele Ballaststoffe
Laut Verbraucherzentrale sind die Werbeaussagen zu Chia, die die Linderung gesundheitlicher Probleme versprechen, in Verbindung mit Lebensmitteln nicht gestattet. Bisher gibt es keine von der EU genehmigten Health Claims für Chia-Produkte.
Erlaubt ist lediglich, mit dem hohen Ballaststoff-Gehalt der Samen zu werben, da sie mit 34 Gramm Ballaststoffen pro 100 Gramm Samen mehr als die geforderten sechs Gramm Ballaststoffe pro 100 Gramm enthalten.
Aufgrund der geringen täglichen Verzehrmenge von nur 15 Gramm sind es dann aber gerade einmal 17 Prozent der von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen täglichen Zufuhr an Ballaststoffen von 30 Gramm.
Hoher Anteil an Omega-3 Fettsäuren
Bei Chia-Kapseln wird häufig auf den hohen Anteil an Omega-3 Fettsäuren hingewiesen. Diese stehen dem Körper allerdings nur dann zur Verfügung, wenn der Samen geschrotet oder sehr gut zerkaut wurde.
Tatsächlich sind Omega-3-Fettsäuren in kleinen Mengen gesund und lebensnotwendig. Die DGE empfiehlt daher 0,5 Prozent der täglichen Kalorien durch Omega-3-Fettsäuren, wie beispielsweise α-Linolensäure (ALA), aufzunehmen.
Dies entspricht bei 2.400 Kilokalorien (kcal) etwa 1,3 g ALA, enthalten in einem Esslöffel Rapsöl. Eine zusätzliche Zufuhr in Form von Kapseln ist nicht notwendig, selbst dann nicht, wenn kein oder nur wenig Fisch gegessen wird.
Die wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat ergeben, dass Omega-3-Fettsäuren den Triglyceridspiegel im Blut senken können. Die dafür benötigte Menge wird aber über eine normale Ernährung erreicht.
Bei Patienten mit Herzkrankheiten oder erhöhten Bluttfettwerten können Omega-3 Produkte eventuell hilfreich sein – eine solche Behandlung sollte jedoch unter ärztlicher Kontrolle erfolgen.
Viel trinken
Wer nicht vorgequollene Chia-Samen verzehrt, muss unbedingt reichlich trinken. Sonst kann es zu einer unter Umständen gefährlichen Verstopfung kommen. Die tägliche Aufnahme von 15 Gramm sollten laut Verbraucherzentrale nicht überschritten werden.
Bei der Einnahme von Chia-Kapseln sollte auf die Verzehrempfehlung des Herstellers geachtet werden. Pro Tag zwei Gramm Chia-Öl in Form von Kapseln wird als gesundheitlich unbedenklich angesehen.
Den Experten zufolge gibt es erste Hinweise, dass einige Menschen allergisch auf Chia-Samen reagieren. Chia gehört zu den Lippenblütler-Pflanzen, wie auch Minze, Thymian, Rosmarin oder Salbei. Wer auf eine dieser Pflanzen oder auch auf Senf reagiert, sollte vorsichtig sein.
Des Weiteren kann es zu Wechselwirkungen mit blutverdünnenden Arzneien (Warfarin/ Coumadin®, Acetylsalicylsäure/ASS/Aspirin) kommen.
Wer solche Medikamente einnimmt, sollte die Verwendung von Chia-Kapseln unbedingt mit dem Arzt oder Apotheker besprechen.
Hohe Quellfähigkeit
Chia-Samen stammen ursprünglich aus Mexiko, werden heute aber in vielen Ländern Lateinamerikas angepflanzt. Sie können roh oder getrocknet verzehrt oder Getränken beigegeben werden.
In Ländern wie den USA, Kanada und Australien werden sie seit einigen Jahren sowohl im Ganzen, als auch gemahlen verwendet – etwa als Bestandteil von Brot und zur Herstellung von Öl.
Durch die hohe Quellfähigkeit (bindet die 25-fache Menge an Wasser) dienen die Samen auch als Grundlage für veganen Pudding oder dickflüssige Smoothies und können als Ei- oder Fettersatz beim Backen verwendet werden.
Die Europäische Kommission hat erstmals im November 2009 einen Höchstgehalt an Chiasamen von fünf Prozent für Broterzeugnisse zugelassen.
Seit Anfang 2013 dürfen sie auch als eigenständiges vorverpacktes Lebensmittel, beispielsweise als Zutat in Müsli oder Nuss- und Früchtemischungen, verkauft werden.
Auf der Verpackung muss der vorgeschriebene Hinweis erfolgen, dass eine tägliche Aufnahme von 15 Gramm nicht überschritten werden darf.
Diese Menge gilt als gesundheitlich unbedenklich; allerdings fehlen noch Langzeituntersuchungen – zum Beispiel auch zu möglichen allergischen Reaktionen.
Seit Dezember 2014 darf auch kaltgepresstes Chiaöl (Salvia hispanica) als neuartige Lebensmittelzutat in pflanzlichen Ölen und Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden.
Auch dafür gibt es Mengenbeschränkungen: maximal zehn Prozent bei pflanzlichen Ölen und höchstens zwei Gramm pro Tag bei Nahrungsergänzungsmitteln. Das Chia-Öl muss mindestens 60 Prozent alpha-Linolensäure (ALA) und 15-20 Prozent Linolsäure enthalten.
Superfood hat weite Reise hinter sich
Laut Verbraucherzentrale bestehen Chia-Samen zu etwa 20 Prozent aus Proteinen, zu 30 Prozent aus Fett und bis zu 40 Prozent aus Kohlenhydraten. Die nicht zu überschreitende Tagesmenge von 15 Gramm enthält circa 5,5 Gramm Ballaststoffe und 2,7 Gramm ALA.
Die Kapseln enthalten meist kaltgepresstes Chia-Öl, welches im Schnitt 1,2 Gramm ALA enthält. Häufig fehlt allerdings die genaue Zusammensetzung auf den Produkten oder im Internet.
Zu den Anbaubedingungen von Chia-Samen gibt es beim Kauf normalerweise keine Informationen. Wirklich naturbelassen sind sie nicht.
Die EFSA wies in ihrer Sicherheitsbewertung von 2005 auf zwei wichtige Punkte hin. Zum einen wird das Saatgut mit Pflanzenhormonen behandelt um das Auskeimen zu synchronisieren.
Zum anderen wird der Boden vor der Aussaat mit einem in Europa seit 2007 verbotenem Bodenherbizid (Trifluralin) von Unkraut befreit.
Ein weiterer Kritikpunkt von Experten: Chia-Samen kommen aus Lateinamerika und haben eine weite Reise hinter sich. Und das ist schädlich für das Klima. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.