Tai Chi als Mittel gegen Arthritis: Ein Interview mit dem Präsidenten der europäischen Tai Chi Vereinigung TCFE, Sifu Nils Klug.
Eine Studie der US-Amerikanischen "University of North Carolina at Chapel Hill School of Medicine" hat heraus gefunden, dass der chinesische Volkssport Tai Chi Beschwerden der entzündlichen Gelenkerkrankung Arthritis mindern kann. Über die neuen Erkenntnisse in der Forschung über Tai Chi als Hilfe gegen Schmerzen, Einschränkungen des Bewegungsapparates und Müdigkeit sprach "Heilpraxisnet.de" mit dem Präsidenten der europäischen Tai Chi Vereinigung TCFE, Sifu Nils Klug, in Hannover.
Herr Klug, Sie sind selbst ein bekannter Tai Chi Lehrer- nun wurde durch eine Studie bekannt, dass Tai Chi gegen die Gelenkerkrankung Arthritis hilft. Wie sind Ihre Erfahrungen als Lehrer in Ihrem Unterricht?
Ich erinnere mich an eine Schülerin, die mir von deutlichen Verbesserungen ihrer Symptome berichtete. Sie kam nach ein paar Monaten nicht mehr zum Training. Nach ca. einem halben Jahr kam sie wieder und sagte mir, dass sie „dummerweise“ aufgehört hatte zu üben und ihre Beschwerden erneut begannen. Sie nahm dann noch 1-2 Jahre an meinem Unterricht teil, bevor sie in eine andere Stadt gezogen ist.
Was konnten Sie selbst bisher beobachten, gegen welche Beschwerden Tai Chi hilft?
Tai Chi Chuan steht auf drei Säulen: Gesundheit, Meditation und Kampfkunst. Die Wichtigste ist Gesundheit. Tai Chi Chuan ist ein allgemein gesundheitsförderndes System. Es wird somit in erster Linie für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden praktiziert. Ich möchte hier Herz-Kreislauferkrankungen, vegetative Störungen, Knieprobleme aller Art, Rückenschmerzen bis hin zum Bandscheibenvorfall, sowie Tinitus nennen.
Gibt es bestimmte Häufungen von Beschwerden, weswegen Menschen bei Ihnen den Tai Chi Unterricht besuchen?
In erster Linie suchen die Meisten ein ganzheitliches Übungssystem. Sie wollen zur Ruhe kommen. Sie suchen einen Ausgleich für das stressige Leben in unserer Leistungsgesellschaft. Rücken-und Knieprobleme kommen nach Stressreduktion an zweiter Stelle. Viele suchen Tai Chi Chuan Unterricht nach Kur- und Rehaaufenthalten, da sie es dort kennengelernt haben.
Glauben Sie, dass es im Gefolge dieser aufsehenerregenden Studie vermehrt Zulauf zum Tai Chi geben wird?
Ich denke, dass solche Studien helfen Tai Chi bekannter zu machen.
Worauf haben Sie persönlich Ihren Schwerpunkt bei Ihrem Tai Chi Unterricht gelegt?
Am Anfang achte ich auf korrekte Gelenkstellungen und die Kräftigung der Beine. Ohne eine Kräftigung der Basis ist es sehr schwer oder gar unmöglich den Oberkörper zu entspannen. Sobald eine zufriedenstellende Struktur vorhanden ist, lege ich Wert auf fließende Bewegungen und das Wechselspiel zwischen Spannung und Entspannung, sprich das Dualismusprinzip oder auch als Yin und Yang bekannt. Diese Wechsel sind sehr wichtig. Korrekt ausgeführt bewirken diese Wechsel eine Art Massage, wirken unterstützend auf das Lymphsystem und erhöhen nachweislich den Sauerstoffgehalt des Gewebes.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Tai Chi in den nächsten Jahren?
Ich bin überzeugt davon, dass Tai Chi Chuan in den nächsten Jahren wachsen wird. Es ist eine gute alternative und Ergänzung zu herkömmlichen Behandlungsmethoden zahlreicher Krankheiten und Beschwerden. Es ist nicht teuer, man braucht nicht viel Platz und auch keine Ausrüstung um es zu üben. Viele Krankenkassen wissen dies und fördern zumindest den Einstieg in Tai Chi Kurse. Es gibt mittlerweile viele gut ausgebildete Tai Chi Chuan Lehrer in ganz Deutschland. Wenn die Entwicklung im Gesundheitswesen und die damit einhergehende Kostenexplosion so weitergeht, sehe ich rosige Zeiten für meinen Berufsstand. Wir können auf jeden Fall helfen, das Gesundsystem zu entlasten.
Gibt es von Ihrer Seite Projekte, wie Sie die Verbreitung des Tai Chi fördern wollen?
Ich plane derzeit ein Internetportal in Zusammenarbeit mit einem Kollegen aus Schottland. Wir hoffen in 2-3 Wochen komplett online zu seien. Wir planen eine Art Wikipedia für Tai Chi Chuan, Qi Gong und andere innere chinesische Künste. Es wird neben Videos und einem Forum auch eine umfangreiche Datenbank mit Lehrern aus ganz Europa geben. Wir arbeiten mit vielen Organisationen und Einzelpersonen aus ganz Europa, China, Taiwan und den USA zusammen. Es sind auch Studien über den gesundheitlichen Nutzen von Tai Chi Chuan und Qi Gong geplant.
Es gibt leider noch viel zu wenig wissenschaftlich fundierte Studien. Es sind auch weitere DVD- und Buchproduktionen rund um diverse Themen wie z. B. Entspannung in Arbeit. Ansonsten bin ich Ausbilder im DDQT (Deutscher Dachverband für Qigong und Taijiquan e.V.) und dem Netzwerk (Taijiquan & Qigong Netzwerk Deutschand e.V.) aktiv und organisiere einmal jährlich ein großes Tai Chi Treffen.
Herr Klug, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Es war mir ein Vergnügen! (tf, 09.11.2010)
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