Neue Analysemethode deckt Betrug auf
Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben in Zusatzstoffen für den Lebensmitteleinsatz den unzulässigen Textilfarbstoff »Reactive Red 195« nachgewiesen. »Die Vorgehensweise legt nahe, dass hier ein Experte am Werk war, der das Lebensmittelrecht kennt und weiß, wie man durch täuschende Produktdeklaration die Gesetze umgehen kann«, erklärt Professor Dr. Reinhold Carle von der Universität Hohenheim.
In der Lebensmittelindustrie ist es gängige Praxis, dass zum Beispiel Wurst mit natürlichen Farbstoffen ein appetitliches Aussehen erhält. Wenn diese Substanzen in »färbenden Lebensmitteln« enthalten sind, müssen sie nicht als Zusatzstoffe mit E-Nummern auf dem Etikett gekennzeichnet sein. Natürliche Farbstoffe sind allerdings meist nur wenig stabil gegenüber Hitze und Licht und müssen in größeren Mengen eingesetzt werden.
Vermutlich im Jahr 2015 kam ein neues Produkt auf den Markt, das intensiv und dauerhaft rot färbte. Es sollte nur aus natürlichen Rote Bete- und Hibiskus-Extrakten bestehen, was einige Lebensmittelhersteller bezweifelten. Sie reichten drei Proben aus Deutschland, Frankreich und der Türkei bei der Universität Hohenheim ein und ließen das Produkt prüfen.
Die Wissenschaftler nutzten eine neu entwickelte Analysemethode, die Flüssigkeitschromatographie und Massenspektrometrie kombiniert. Auf diese Weise gelang es, die einzelnen Bestandteile des Färbemittels zu identifizieren. Es waren nur Spuren der Rote Bete-Pigmente (Betalaine) und keine Hibiskus-Pigmente (Anthocyane) vorhanden. Stattdessen war in allen drei Proben der Farbstoff »Reactive Red 195« enthalten, der zum Färben von Textilien eingesetzt wird. Das Färbemittel ist nach der Verarbeitung kaum noch im Lebensmittel nachweisbar, was die Überwachung erschwert.
Die Wirkung von »Reactive Red 195« im Körper ist bislang nicht bekannt. Die Substanz gehört zu den Azofarbstoffen. Einige von ihnen stehen im Verdacht, bei Kindern zu Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörungen zu führen. Lebensmittel, die solche Farbstoffe enthalten, müssen in der EU den Warnhinweis tragen »kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen«. Der Textilfarbstoff »Reactive Red 195« war aber zu keinem Zeitpunkt in Lebensmitteln erlaubt, betont Carle. Die Ergebnisse erscheinen in der Dezemberausgabe der Fachzeitschrift »Food Control«. (Heike Kreutz, aid)
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