Usutu-Ausbruch führt zum Massensterben heimischer Vogelarten
Das sogenannte Usutu-Virus hat in diesem Jahr erneut ein umfängliches Vogelsterben in Teilen Deutschlands ausgelöst. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) berichtet von zahlreichen Meldungen toter Vögel. Die Ergebnisse von Virenforschern hätten eine Ausweitung des Ausbruchsgebiets bestätigt.
Erstmals wurde das tropische Virus im Jahr 2010 in Stechmücken in Deutschland nachgewiesen. In den Jahren 2011 und 2012 folgte ein Massensterben unter heimischen Vögeln, insbesondere unter Amseln, berichtet der NABU. Anschließend hatte sich die Lage wieder beruhigt und es waren keine weiteren großen Ausbrüche zu verzeichnen. Dieses Jahr deuten die erfassten Meldungen allerdings auf eine deutliche Ausweitung der Infektionen hin.
Usutu für Menschen ungefährlich
Zwar ist das Virus für Menschen ungefährlich und bislang haben sich laut Angaben des NABU in ganz Europa erst fünf Menschen nachweislich mit dem Usutu-Virus infiziert – meist Personen mit vorgeschädigtem Immunsystem. Doch die Vogelpopulation wird durch das Virus vielfach in ihrem Bestand bedroht. Insbesondere die Amselpopulation wurde im Zuge der bisherigen Ausbrüche in manchen Regionen fast vollständig eliminiert. „Nach einigen Jahren ohne größere Ausbrüche, tritt das Virus 2016 wieder vermehrt auf“, berichtet der NABU. Seit Ende Juli seien Meldungen kranker und kurze Zeit später verstorbener Amseln beim NABU eingegangen.
611 Verdachtsfälle gemeldet
Ab dem 23. September hatte der NABU zur Online-Meldung verdächtiger Vogelerkrankungen aufgerufen und in nur elf Tagen waren insgesamt 611 Meldungen eingegangen. Dies sei eine bemerkenswert große Zahl der Usutu-Verdachtsfälle im Vergleich zu etwa 400 Meldungen im Herbst 2011 beziehungsweise 1.040 Meldungen im gesamten Ausbruchsjahr 2012, berichtet der NABU. Die größte Anzahl von Meldungen kranker und toter Amseln stamme dabei diesmal aus Nordrhein-Westfalen, insbesondere vom Niederrhein und aus dem Raum Aachen.
Nordrhein-Westfalen am stärksten betroffen
Darüber hinaus wurden beim NABU auch viele Verdachtsfälle aus den Gebieten entlang des Rheins von Freiburg bis Köln gemeldet, wo sich bereits in den Jahren 2011 und 2012 ein bekanntes Ausbruchsgebiet fand. Des Weiteren seien vermehrt Meldungen aus dem Raum Leipzig und aus Berlin sowie aus dem Norden Niedersachsens und aus Schleswig-Holstein eingegangen. Sobald die eingegangenen Meldungen ausgewertet und andere Erkrankungen als Auslöser ausgeschlossen wurden, ist die tatsächliche Verbreitung des Usutu-Virus ermittelbar, berichtet der NABU.
Untersuchung toter Vögel am BNI
Neben der Online-Meldung besteht auch die Möglichkeit, tote Vögel mit Verdacht auf Usutu an das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg zu schicken. 20 Amseln und mehrere andere Vögel wurden hier bereits untersucht und „insgesamt konnten das BNI und andere Labore in mindestens 21 Fällen den Verdacht auf einen Usutu-Befall bestätigen“, so die Mitteilung des NABU. Betroffen waren 15 Amseln und sechs in Gefangenschaft gehaltene Bartkäuze. Damit habe sich auch die Beobachtung aus dem Ausbruch 2011/12 bestätigt, dass neben Amseln besonders Eulen von Usutu-Erkrankungen betroffen sind.
Infektionen abhängig von der Stechmückensaison
Todesfälle bei Vögeln durch das Usutu-Virus treten jeweils während der Mückensaison von Mai bis November auf. Dabei wurde das vermehrte Auftreten von Usutu-Infektionen in diesem Jahr sicherlich durch den Witterungsverlauf begünstigt, berichtet der NABU. Denn auf einen milden Winter folgten ein feuchter Frühsommer und ein trockener und warmer Spätsommer. Dies seien ideale Bedingungen für Stechmücken. Auch entsprechen die derzeitigen Ausbruchsgebiete weitgehend den Gebieten mit den höchsten spätsommerlichen Tagestemperaturen in Deutschland, so der NABU weiter.
Infizierte Vögel sterben meist innerhalb weniger Tage
Vom Usutu-Virus befallene Vögel wirken offensichtlich krank, werden apathisch und flüchten nicht mehr, berichtet der NABU. Meist würden die Tiere innerhalb weniger Tage sterben. Angesichts des hohen Anteils betroffener Amseln sei die Usutu-Epidemie auch als „Amselsterben“ bekannt geworden. Doch auch andere Vogelarten würden von dem Virus befallen und können daran sterben. Entgegen der Epidemie 2011/12 seien in diesem Jahr nur wenige Berichte von fast vollständigen Zusammenbrüchen lokaler Amselpopulationen zu verzeichnen. Diese stammen aus Gebieten, in denen das Virus 2011/12 noch nicht vorkam. Mit der nun einsetzenden herbstlichen Witterung und einem Rückgang der Stechmückenaktivität sei auch ein langsames Ausklingen des Ausbruchs zu erwarten.
Überwachung der Ausbreitung des Usutu-Virus
In den Folgejahren wird nach Einschätzung der Experten jeweils ab April/Mai mit einem erneuten Auftreten der Infektionen zu rechnen sein, wobei eine periodische Wiederkehr von größeren Usutu-Ausbrüchen im etablierten Verbreitungsgebiet des Virus wahrscheinlich sei. Über die Auswirkungen des neuerlichen Amselsterbens auf den Bestand dieser Art lasse sich zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren. Insgesamt stelle der Ausbruch der Usutu-Infektionen in Deutschland eine einmalige Chance dar, die Ausbreitung und Folgen einer neuen Vogelkrankheit zu verfolgen und zu analysieren. „Der NABU arbeitet daher mit Wissenschaftlern des BNI daran, die Ausbreitung des Virus und seine Auswirkungen auf unsere Vogelwelt zu dokumentieren und zu verstehen, um diese neuartige Gefährdungsursache von Vogelarten auch im Vergleich mit anderen Gefährdungsursachen beurteilen zu können“, so die Mitteilung des Naturschutzbundes. (fp)
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