Tinnitus-Schweregrad mit Hirn-Blutfluss verbunden
Tinnitus ist für viele Betroffene eine quälende Angelegenheit. Oft bleiben trotz umfassender Untersuchungen die genauen Ursachen für die störenden Dauergeräusche unklar. Ein amerikanisches Forschungsteam fand nun erstmals einen grundlegenden Zusammenhang zwischen dem Blutfluss in bestimmten Regionen des Gehirns und der Schwere von Tinnitus-Symptomen.
Forschende der University of Illinois at Urbana-Champaign (USA) sowie des Beckman Institute for Advanced Science and Technology haben erstmals mit Hilfe der Magnetresonanztomographie die Zusammenhänge zwischen Tinnitus und dem Blutfluss im Gehirn erforscht. Das Team konnten nachweisen, dass der Schweregrad eines Tinnitus direkt mit dem zerebralen Blutfluss in zwei Hirnregionen verbunden ist. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Current Research in Neurobiology“ vorgestellt.
Tinnitus ist weit verbreitet
Tinnitus ist in Deutschland weit verbreitet. Bis zu 15 Prozent aller Erwachsenen erleben im Laufe des Lebens eine länger andauernde Tinnitus-Episode, bei der anhaltende Ohrgeräusche wahrgenommen werden. Bei bis zu 20 Prozent der Tinnitus-Betroffenen sind die rauschenden, summenden und piependen Töne so stark, dass die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten erheblich beeinträchtigt ist.
Ursachen für Tinnitus vielschichtig
Häufig bemerken Tinnitus-Betroffene erste Symptome infolge von starkem oder lange anhaltendem Lärm. Auch ein sehr lautes kurzes Geräusch, beispielsweise der Knall einer Explosion, kann ein Piepen im Ohr auslösen. In manchen Fällen lässt sich eine körperliche Ursache für Tinnitus feststellen, wie beispielsweise
- ein mit Ohrenschmalz verstopfter Gehörgang,
- eine chronische Mittelohrentzündung,
- ein geplatztes Trommelfell,
- die Knochenerkrankung Otosklerose,
- die Menière-Krankheit,
- hoher Blutdruck,
- Fehlfunktionen in den Kiefermuskeln oder dem Kiefergelenk,
- eine seltene Nebenwirkung von bestimmten Antibiotika, Krebs- oder Malaria-Medikamenten.
Oft bleibt die Tinnitus-Ursache unbekannt
Bei vielen Tinnitus-Betroffenen lässt sich jedoch keine Ursache für die ständigen Ohrgeräusche feststellen. Die funktionelle Magnetresonanztomographie wird in der Forschung zunehmend eingesetzt, um die Mechanismen zu verstehen, die zu einem Tinnitus führen. Nun berichtet ein Forschungsteam der University of Illinois von den neusten Erkenntnissen, die aus Untersuchungen an 60 Tinnitus-Betroffenen und 31 Kontrollpersonen hervorgehen.
Direkter Zusammenhang mit dem Blutfluss im Gehirn
Das Forschungsteam konnte erstmals belegen, dass Tinnitus-Betroffene im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen einen verringerten Blutfluss in bestimmten Hirnregionen aufweisen – und zwar im Precuneus sowie im cingulären Kortex. Je stärker der Blutfluss vermindert war, desto stärker waren die Ohrgeräusche. Die Ergebnisse legen nahe, dass eine Untersuchung des Gehirn-Blutflusses ein ergänzendes Instrument bei der Diagnose von Tinnitus bieten könnte.
Nach Angaben des Forschungsteams sind vor allem Gehirnregionen von der verminderten Durchblutung betroffen, die besonders in Ruhephasen aktiv sind. Dies könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, dass der Tinnitus von vielen Patientinnen und Patienten besonders stark wahrgenommen wird, wenn sie zur Ruhe kommen.
Schwerhörigkeit ist unabhängig von Tinnitus-Symptomen
Zudem zeigten die Forschenden, dass das Vorhandensein einer Schwerhörigkeit keinen Einfluss auf den Schweregrad eines Tinnitus hat. Die Verbindung zwischen dem zerebralen Blutfluss und dem Schweregrad der Tinnitus-Symptome wurde nicht durch das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Schwerhörigkeit beeinflusst.
Weitere Forschung notwendig
Insgesamt tragen die Forschungsergebnisse zu einem besseren Verständnis über die Ursachen von Tinnitus bei. Weitere Forschungsarbeiten können nun an dieser Stelle ansetzen, um die Ursachen für den verminderten Blutfluss im Gehirn sowie über die Verbindung zu den Ohrgeräuschen zu untersuchen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Beckman Institute for Advanced Science and Technology: Tinnitus, blood flow, and the brain (veröffentlicht: 02.02.2022), eurekalert.org
- Benjamin J. Zimmerman, Sara A. Schmidt, Rafay A.Khan, et al.: Decreased resting perfusion in precuneus and posterior cingulate cortex predicts tinnitus severity; in: Current Research in Neurobiology, 2022, sciencedirect.com
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Ohrgeräusche, Tinnitus (Stand: 13. März 2019), gesundheitsinformation.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.