Der bekannte britische Astrophysiker Stephen Hawking, der als junger Mann an Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) erkrankte, ist nun an der unheilbaren Nervenkrankheit gestorben.
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Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Unheilbare Muskel- und Nervenkrankheit
Zwar ist die Muskel- und Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) seit über 100 Jahren bekannt, doch es gibt noch immer keine Therapie dagegen. Nun ist der britische Wissenschaftler Stephen Hawking an der unheilbaren Krankheit gestorben. Forscher konnten kürzlich den bisher häufigsten genetischen Faktor der familiären ALS identifizieren.
Stephen Hawking an unheilbarer Nervenkrankheit gestorben
Als bei Stephen Hawking 1963 Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert wurde, prophezeiten ihm die Ärzte, nur noch wenige Jahre zu leben. Sie sollten nicht Recht behalten.
Zwar versterben etwa die Hälfte aller ALS-Patienten innerhalb von drei Jahren an den Folgen der unheilbaren Krankheit, doch der britische Physiker und Astrophysiker, der dank seiner wissenschaftlichen Arbeit Weltruhm erlangte, erlag der Nervenkrankheit erst jetzt, im Alter von 76 Jahren.
Schon seit rund 50 Jahren war der Wissenschaftler auf den Rollstuhl angewiesen. Zudem verlor er Mitte der 1980er Jahre die Fähigkeit zu sprechen und nutzte seitdem einen Sprachcomputer.
Seine Erkrankung schien eine seltene Form der ALS gewesen zu sein, die nur langsam voranschritt und sich weder auf das Bewusstsein noch auf die kognitiven Fähigkeiten auswirkte.
Bei anderen Patienten verläuft die Krankheit wesentlich dramatischer und führt innerhalb weniger Jahre zum Tod.
Unheilbare Nervenkrankheit
Die seltene Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist zwar seit rund 100 Jahren bekannt, vielen Menschen aber erst seit der sogenannten „Ice Bucket Challenge“ ein Begriff.
Im Rahmen dieser Aktion hatten sich Tausende Menschen weltweit Eiswasser über den Kopf geschüttet, um Geld für die ALS-Forschung zu sammeln.
Die neurodegenerative Erkrankung, bei der es unter anderem zu heftigen Muskelzuckungen und starken Schluckproblemen kommen kann, führt zum Untergang der motorischen Nervenzellen und somit zu stetig fortschreitenden Lähmungen.
„Pro Jahr erkranken etwa ein bis zwei von 100.000 Personen an ALS. Die Krankheit beginnt meistens zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr, nur selten sind jüngere Erwachsene betroffen. Männer erkranken etwas öfter als Frauen“, schreibt die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) auf ihrer Webseite.
Die relativ seltene Krankheit ist bislang nicht heilbar. Zwar wurde ALS durch die „Ice Bucket Challenge“ im Sommer 2014 bekannter, doch die Behandlung ist nach wie vor schwierig, vor allem weil die tatsächlichen Ursachen noch nicht identifiziert werden konnten.
Doch Forscher haben nun den bisher häufigsten genetischen Faktor der familiären ALS entdeckt.
Zusammenspiel mehrerer Gendefekte
Wissenschaftler der Ulmer Universitätsmedizin haben Mutationen im KIF5A-Gen entdeckt, welche die erbliche Variante der neurodegenerativen Erkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) auslösen können.
Laut einer Mitteilung ist darunter der bisher am häufigsten bei Patienten nachgewiesene genetische Faktor, der zur Entstehung einer ALS beiträgt.
Die vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „Brain“ erschienene Studie untermauert zudem die Annahme, dass der tödlichen Erkrankung ein Zusammenspiel mehrerer Gendefekte zugrunde liegt.
Krankheit führt normalerweise innerhalb weniger Jahre zum Tod
In der Regel führt die komplexe und derzeit unheilbare neurodegenerative Erkrankung ALS innerhalb von drei bis fünf Jahren nach Krankheitsbeginn zum Tod.
Unterschieden wird die sporadische Variante von der erblich bedingten („familiären“) Form, die nur etwa zehn Prozent der Erkrankungen ausmacht. In beiden Fällen ist die Krankheitsentstehung noch nicht genau verstanden.
Zwar konnten Wissenschaftler dank jüngster Fortschritte in der DNA-Sequenzierungstechnologie mehrere Gene identifizieren, deren Mutation eine Prädisposition für ALS darstellt.
Diese Mutationen erklären jedoch lediglich die Ursache von weniger als 25 Prozent aller Krankheitsfälle.
Mehrere Genveränderungen wirken zusammen
Nun haben Forscher der Ulmer Universitätsklinik für Neurologie (Rehabilitations- und Universitätskliniken Ulm) und der schwedischen Universität Umeå das Erbgut von 426 ALS- Patienten, die mindestens einen weiteren erkrankten Verwandten hatten, mit einer gesunden Kontrollgruppe verglichen (mittels sogenannter „Gesamt-Exom-Sequenzierung“).
Die Wissenschaftler um Professor Jochen Weishaupt und Professor Peter Andersen konnten bei ALS-Patienten drei sogenannte Spleißstellen-Mutationen in der C-terminalen Domäne des Gens KIF5A identifizieren, die zu einem Funktionsverlust des entsprechenden Gens führen.
Bei drei untersuchten Familien war die Vererbung der Krankheit über mehrere Generationen hinweg an eine solche Mutation gekoppelt.
Darüber hinaus fanden die Autoren bei etlichen Patienten mit familiärer ALS eine Anreicherung des Einzelnukleotid-Polymorphismus (Single Nucleotide Polymorphism/SNP) rs113247976, der ebenfalls das KIF5A-Gen betrifft.
„Bei sechs Prozent der familiären ALS-Patienten konnten wir diesen Polymorphismus nachweisen und wiederum 50 Prozent von ihnen hatten mindestens eine Mutation in einem anderen bekannten ALS-Gen. Dies deutet darauf hin, dass bei der Krankheitsvererbung oft mehrere Gendefekte zusammenwirken“, erklären Professor Weishaupt und der Erstautor Dr. David Brenner.
Von allen genetischen Veränderungen, die seit 1993 weltweit bei ALS-Patienten gefunden wurden, sei rs113247976 der häufigste genetische Faktor, der zur Krankheitsentstehung beitrage.
Weitere neurologische Erkrankungen mit dem betroffenen Gen assoziiert
Das KIF5A-Gen ist der Bauplan für ein Protein, das am Transport von Substanzen im Axon einer Nervenzelle beteiligt ist. Die Studienergebnisse unterstreichen also die Bedeutung von intrazellulären Transportprozessen bei der ALS-Krankheitsentstehung.
Zudem sind weitere neurologische Erkrankungen mit unterschiedlichen Veränderungen im KIF5A-Gen assoziiert (hereditäre spastische Paraplegie, Charcot-Marie-Tooth-Krankheit Typ 2, Neonatal intractable myoclonus).
In Zukunft könnten die nun veröffentlichten Erkenntnisse zu neuen molekularen Therapieansätzen beitragen.
„Zusammenfassend fügt diese Studie KIF5A zu einer stetig wachsenden Liste von Genen hinzu, die ALS verursachen, und sie erweitert das Spektrum von Mutationen in diesem Gen“, betont Professor Albert Ludolph, Ärztlicher Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Neurologie.
Die hohe Prävalenz des SNP KIF5A rs113247976 bei familiären ALS-Patienten befeuere zudem die Hypothese eines Zusammenspiels verschiedener Gendefekte in einem Patienten. Dies könnte auch einen Teil der sporadisch, nicht familiär auftretenden ALS-Fälle genetisch erklären.
Neue Erkenntnisse über die Ursachen von ALS
Auch andere Forscher haben in den vergangenen Jahren wichtige Erkenntnisse über die Ursachen von ALS gewonnen.
So haben etwa australische Wissenschaftler neue Genvarianten gefunden, die in vielen Fällen zur Krankheit beitragen.
Laut einer Mitteilung, die auf dem Portal „ScienceDaily“ veröffentlicht wurde, sagte Professor Naomi Wray von der University of Queensland: „Diese drei neuen Gene eröffnen neue Möglichkeiten für die Forschung, um eine komplexe und schwächende Krankheit zu verstehen, gegen die es zur Zeit noch keine wirksame Behandlung gibt.“
Interessant sind auch die Studienergebnisse niederländischer Forscher. Wie die Experten von der Utrecht University in der Fachzeitschrift „Occupational & Environmental Medicine“ berichteten, können offenbar auch elektromagnetische Felder ALS auslösen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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