Listerien in der Wurst, Unsicherheit bei Verbrauchen
Nach dem umfassenden Rückruf von Wurst- und Fleischwaren wegen Listerien-Verdachts herrscht bei Verbraucherinnen und Verbrauchern wachsende Unsicherheit. Der Hersteller wehrt sich gegen die Schließung seiner Produktion, das Bayrische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit rechtfertigt sein Vorgehen und die Konsumenten werden durch Mitteilungen über bereits eingetretene Todesfälle zunehmend verunsichert.
Den Angaben des Bayrischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wurden von den Gesundheitsbehörden der Länder gemäß dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) seit 2012 jährlich zwischen 430 und 662 Listeriose-Fälle an das Robert Koch-Institut gemeldet. Dabei seien mit molekularbiologischen Analysemethoden vermehrt Infektionen eines bestimmten Erregertyps in den Bundesländern Baden- Württemberg, Bayern und Hessen festgestellt worden. Der Nachweis des gleichen Feintypsmusters in Produkten der Großmetzgerei Sieber hatte die jetzt eingeleitete Rückrufaktion und eine Schließung der Produktion zur Folge.
Vier Todesfälle durch Listeriose
Der speziell Erregertyp wird laut Angaben des Bayrischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit seit dem Jahr 2012 mit 70 bis 80 Erkrankungsfälle vor allem in Baden-Württemberg, aber auch in Bayern, in Zusammenhang gebracht. „Acht der erkrankten Personen sind verstorben, bei vier von ihnen wird die Listeriose als hauptsächliche Todesursache angesehen“, berichtet das Landesamt weiter. Bei den Ermittlungen zu dem Ausbruchsgeschehen konnte zunächst kein bestimmtes Lebensmittel als Auslöser der Infektionen identifiziert werden und die Herkunft des Erregers blieb unklar.
Schweinefleischprodukte als Auslöser identifiziert
Da auch in den Jahren 2015 und 2016 weiterhin humane Listeriose-Fälle mit dem genannten Muster auftraten, „wurden ab diesem Zeitpunkt humane Listerien-Isolate des besagten Erregermusters mittels der neu eingeführten und hochauflösenden Untersuchungsmethode NGS genauer molekular typisiert und als einer bestimmten Gruppe (Clustertyp CT 1248) zugehörig identifiziert“, berichtet das Bayrische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Auch seien in Zusammenarbeit aller Gesundheitsbehörden die epidemiologischen Untersuchungen (ausführliche Befragungen von Patienten oder gegebenenfalls von deren Angehörigen) nochmals intensiviert worden. Aus den epidemiologischen Befragungen bei Erkrankungsfällen in den betroffenen Bundesländern hätten sich zunehmend Hinweise darauf ergeben, dass Schweinefleischprodukte wahrscheinlich Auslöser der Infektionen waren.
Intensivierte Untersuchungen seit Februar 2016
Seit Anfang Februar 2016 wurden in Bayern daher verstärkt entsprechende Schweinefleischprodukte durch das Bayrische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit untersucht und im März konnte in einer routinemäßig entnommenen amtlichen Probe des Produktes „Original bayerisches Wacholderwammerl“ der Sieber Gesellschaft für Wurst- und Schinkenspezialitäten mbH Listerien nachgewiesen werden. Das Produkt wurde als „gesundheitsschädlich“ beurteilt und es folgte eine öffentliche Warnung sowie der Rückruf der betroffenen Charge. Weiterhin wurde der Betrieb anschließend verstärkt amtlich beprobt und veranlasste zudem selbst umfangreiche Eigenkontrollen. Die weiteren amtlichen Beprobungen ergaben allerdings keine Belastung oberhalb der Grenze „von 10 KbE/g (=Kolonie bildende Einheiten pro Gramm), so dass die Kriterien für eine Einstufung als nicht sichere Lebensmittel in keinem Fall gegeben waren“, berichtet das Bayrische Landesgesundheitsamt.
Ursache des Ausbruchsgeschehens
Die anschließenden molekularbiologischen Analysen der Listerien aus dem „Orig. Bayr. Wacholderwammerl“ ergaben allerdings, dass die Erreger dem Feintypmuster des bisherigen Ausbruchsgeschehens entsprachen. Somit ließ sich nun erstmals ein Lebensmittel dem humanen Ausbruchsgeschehen zuordnen, betont das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Zudem hätten auch die epidemiologische Erkenntnisse zu dem Produkt (z. B. Vertriebsgebiet Süddeutschland, Vertrieb über bestimmte Handelsketten) auf einen Zusammenhang mit den Infektionen hingedeutet. Das RKI gehe hier von einer hohen Wahrscheinlichkeit aus, dass die „Wammerl“ in Zusammenhang mit dem Listeriose-Ausbruchsgeschehen im Zeitraum von 2012 bis heute stehen.
Mögliche Gefährdung für die Gesundheit von Verbrauchern
Diesen Monat folgte daher eine umfassende Kontrolle des gesamten Betriebes, wobei sich allerdings nur kleiner Mängel ergaben. Dennoch wurden zahlreiche weitere amtliche Proben sowohl im Betrieb als auch im Einzelhandel genommen. „Dabei wurden in fünf weiteren Fällen, allerdings bei einer anderen Produktpalette als zuvor, geringe Keimgehalte von L. monocytogenes nachgewiesen“, so die Mitteilung des Bayrischen Landesgesundheitsamts. Die Behörden kommen zu dem Schluss, dass insgesamt hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, „dass von Erzeugnissen der betroffenen Firma eine Gefährdung für die Gesundheit der Verbraucher ausgehen kann.“
Betroffene Waren vernichten
Daher habe das Bayerische Staatsministerium für Verbraucherschutz davon abgeraten, Schinken- und Wurstprodukte der Firma Sieber zu konsumieren. Durch das zuständige Landratsamt Bad Tölz – Wolfratshausen sei der Firma untersagt worden, Ware in den Verkehr zu bringen und ein Rückruf auf dem Markt befindlicher Ware wurde angeordnet. Verbraucherinnen und Verbraucher, die betroffene Produkte des Unternehmens erworben haben, werden von der Sieber Gesellschaft für Wurst- und Schinkenspezialitäten mbH gebeten, diese zu vernichten. Ob eine Erstattung des Kaufpreises möglich ist, wird von dem Unternehmen nicht näher erläutert. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
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