Das japanische Gesundheitsministerium berichtet von Todesfällen durch präventives Schlaganfall-Medikament
21.08.2011
Das japanische Gesundheitsministerium wirft dem Pharmahersteller Boehringer Ingelheim vor, nicht genügend über Risiken eines Medikamentes zur vorbeugenden Behandlung von Schlaganfällen informiert zu haben. Nach Angaben des Ministeriums seien bei 81 Patienten schwere Blutungen aufgetreten. Mindestens fünf Menschen sind den Angaben zufolge an den Blutungen verstorben.
Auf seiner Internetseite berichtet das japanische Gesundheitsministerium von zum Teil erheblichen Risiken eines Arzneimittels zur oralen vorbeugenden Behandlung von Schlaganfällen des Präparates „Prazaxa“ (in Deutschland Pradaxa) des Herstellers Boehringer Ingelheim. Nach Angaben des Ministeriums seien in 81 Fällen bei Patienten höheren Alters schwere Blutungen aufgetreten. Fünf Patienten konnten die Ärzte nicht mehr retten und verstarben. Aus diesem Grund fordert das Gesundheitsministerium das Pharmazieunternehmen dazu auf, weitere Sicherheitsinformationen bereitzustellen. Mit dem Mittel wurden in dem Zeitraum Mitte März bis 11. August insgesamt 64.000 Menschen behandelt. Das Medikament mit dem Wirkstoff „Dabigatranetexilat“ ist seit Frühjahr diesen Jahres zur Vorbeugung von Schlaganfällen bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen auf dem japanischen Arzneimittelmarkt zugelassen.
Bei Blutungen kein adäquates Gegenmittel
Vor einiger Zeit hatten Wissenschaftler in dem renommierten Fachmagazin "New England Journal of Medicine" in einem Leitartikel darauf hingewiesen, dass es für diese Art von Thrombose-Medikamenten kein Gegenmittel existiert, die die Wirkungen von lebensgefährlichen Blutungen schnell umkehren können. Bei den vorigen Standardmitteln zur vorbeugenden Behandlung von Schlaganfällen mit des Mittels Warfarin, konnte mit hoher Erfolgsquote Vitamin K verabreicht werden, um Blutungen zu stoppen. Auch bei anderen Arzneien fehlen Gegenmittel. Dazu zählen laut Artikel Medikamente wie Xarelto von Bayer und Johnson & Johnson, Eliquis von Pfizer und Bristol Myers Squibbsowie Lixiana von Daiichi Sankyo.
Die Entwicklungen von präventiven Arzneimitteln vor Schlaganfällen, gilt in der Pharmabranche als stetig steigender Markt und damit auch als „Riesengeschäft“. Denn das bisherige und ältere Mittel Warfarin gilt in Medizinerkreisen als schwer zu dosieren. Hinzukommend müssen Patienten stark mitarbeiten und strikte Diäten einhalten. Vor allem älteren Menschen fällt es schwerer, sich an die mühsamen Diätvorschriften zu halten. Neben anderen Pharmakonzernen erhofft sich der Hersteller Boehriner Ingelheim, mit dem eigenen Mittel das bisherige Standardarzneimittel abzulösen. Bei einigen Ökonomen wird das Arzneimittel im Wert auf bis zu 20 Milliarden US-Dollar geschätzt.
Medikament Pradaxa für Deutschland geplant
In Deutschland wird das Medikament bald erhältlich sein. Hierzulande heißt es allerdings nicht „Prazaxa“ sondern „Pradaxa“. Das Präventivmittel soll ab September 2011 auf dem Medikamentenmarkt zugelassen werden. Einer Zulassung für den EU-Markt wurde im August diesen Jahres durch die Europäische Arzneimittelagentur zugestimmt. Die Patientenzielgruppe sind Menschen mit Herzrhythmusstörungen Vorhofflimmern. Das Arzneimittel soll auch hier zum Vorbeugen von Schlaganfällen eingesetzt werden. Deutschland ist damit das erste EU-Land, dass das Mittel zur präventiven Gehirn-Apoplex-Therapie bei Vorhofflimmern zulässt. Auf dem weltweit größtem Medikamentenmarkt, den USA, ist das Mittel von Boehriner schon seit November letzten Jahres erhältlich.
Auf die Forderung des Gesundheitsministeriums ist der Konzern mittlerweile eingegangen. So heißt es in einer Stellungnahme der Presseabteilung Boehringer, dem Unternehmen ist „sehr daran gelegen, dass das Präparat auch richtig angewendet wird." Der Hersteller ist nun dazu angehalten, daraufhin zu hinzuweisen, dass das Mittel bei einigen Patienten durch schwere Blutungen zum Tode führen kann. Der Konzern soll zusätzlich darauf verweisen, dass kein geeignetes Gegenmittel zur Aufhebung der gerinnungshemmenden Wirkung existiert.
Ärzte sollten daher vor einer Verordnung eine genaue Diagnostik unternehmen, damit das Risiko einer unerwünschten Folge genau bestimmt werden kann. Ein erhöhtes Risiko besteht unter anderem bei Patienten mit einer Nierenfunktionsstörung und bei gleichzeitiger Einnahme von anderen Gerinnungshemmern. Bei einer gleichzeitigen Einnahme können sich gerinnungshemmenden Effekte addieren, die Gefahr von Blutungen steigt. (sb)
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Bild: Tommy S. / pixelio.de
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