Toxisches Schocksyndrom droht bei vergessenem Tampon
Es ist jetzt ein Jahr her, dass Sara Manitoski auf einer Klassenfahrt am Toxischen Schock-Syndrom starb. Jetzt zeigte eine Obduktion, dass sich der Verdacht bestätigte. Schuld war fehlende Hygiene, da der Tampon nicht rechtzeitig gewechselt wurde. Darauf sollten Frauen achten, wenn sie ein Tampon verwenden.
Das regelmäßige Wechseln von Tampons und Binden gehört zur richtigen Intimhygiene während der Menstruation dazu. Bleiben Tampons zu lange in der Scheide, drohen laut Fachleuten mitunter sogar lebensbedrohliche Gefahren, wie das sogenannte Toxische Schocksyndrom (TSS). Allerdings bezweifeln andere Experten, dass tatsächlich die Hygieneartikel daran Schuld sind. Schließlich können auch Männer und Kinder erkranken.
Schwere gesundheitliche Schäden wegen Tampon
Vor rund sechs Jahren wurde das ehemalige Vogue-Model Lauren Wasser mit dem Gesicht nach unten auf dem Schlafzimmerboden liegend vorgefunden. Mit sehr hohem Fieber wurde sie in ein Krankenhaus gebracht. Ihre Organe waren damals kurz davor zu versagen. Zudem hatte sie einen schweren Herzinfarkt erlitten. Die Ärzte versuchten mit einer Sauerstofftherapie, ihre Glieder wieder zu aktivieren, da durch Wundbrand Hände und Füße nicht mehr durchblutet worden waren. Die Patientin wurde in ein künstliches Koma versetzt. Ihr rechtes Bein musste vom Knie abwärts amputiert werden. Ursache war ein Tampon – hieß es damals. Doch manche Fachleute bezweifeln diesen Zusammenhang inzwischen.
Model verliert zweites Bein
Für das US-Model änderte sich ihr Leben schlagartig, nachdem sie 2012 aufgrund eines Tampons ein lebensbedrohliches Toxisches Schocksyndrom (TSS) erlitt. Nur knapp konnte ihr Leben gerettet werden. Zudem war die Amputation ihres rechten Unterschenkels erforderlich.
Vor wenigen Wochen wurde berichtet, dass sie wegen Spätfolgen auch ihr zweites Bein verlor. Zurückzuführen sei ihr TSS auf einen Tampon, der zu lange in der Scheide geblieben war.
Umgangssprachlich wird TSS auch als „Tamponkrankheit“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Infektionskrankheit mit dem Bakterium Staphylococcus aureus.
Die Bakterien können zwar theoretisch durch jede Wunde in den Körper eindringen, doch häufig gelangen die Erreger laut Fachleuten über Tampons in den Organismus, vor allem wenn diese zu lange im Körper bleiben.
Typische Symptome sind neben hohem Fieber unter anderem Kopfschmerzen, Schwindel, Blutdruckabfall, Hautausschlag sowie ferner Muskelschmerzen, Übelkeit und Durchfall.
Bei entsprechenden Symptomen sollte unbedingt schnell ein Arzt aufgesucht werden. Eine Infektion kann zu schweren Kreislauf- und Organversagen führen.
Zwar tritt die Krankheit mit einem Fall pro 200.000 Einwohner äußerst selten auf, kann aber tödlich enden, wie der Fall der13-jährigen Jemma-Louise Roberts aus Großbritannien zeigte. Das Mädchen aus dem Großraum Manchester starb vor zweieinhalb Jahren am toxischen Schocksyndrom.
Kritik an Tampon-Herstellern
Lauren Wasser hatte in einem früheren Interview mit dem Magazin „Vice“ erklärt, dass sie nie einen Tampon benutzt hätte, wenn ihr das Risiko des TSS vollständig bekannt gewesen wäre.
Sie macht falsches Material der Tampons und mangelnde Aufklärung dafür verantwortlich, dass jedes Jahr tausende Frauen ein TSS erleiden.
„Seit 30 Jahren ist das Problem bekannt. Damals gab es ein richtige TSS-Epidemie im Land, und viele Prozesse. Aber die Hygieneindustrie hat nichts dagegen getan“, so der Vorwurf ihres Anwalts, Hunter J. Shkolnik, im Jahr 2015.
Nach Meinung mancher Experten würden Tampons aus 100 Prozent Baumwolle ein deutlich geringeres Risiko darstellen. Der Großteil der Produzenten – auch in Deutschland – verwendet allerdings einen Mix aus Viskosefaser und Baumwolle, oder pure Viskose.
Andere Fachleute sehen die Kritik an den Hygieneartikel-Herstellern allerdings unangebracht.
Auch Kinder und Männer können erkranken
So weist etwa der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) auf dem Portal „Frauenärzte im Netz“ darauf hin, dass das Erkrankungsrisiko für ein Toxisches Schocksyndrom (TSS) durch die Verwendung von Tampons äußerst gering ist.
„Das Toxische Schocksyndrom kommt häufiger nicht-menstruell als im Zusammenhang mit der Menstruation vor. Zudem trifft es mehr Kinder und Männer als Frauen“, schreiben die Mediziner.
„Das Krankheitsbild ist also keinesfalls auf menstruierende Frauen beschränkt, sondern kann praktisch in allen Lebenssituationen und bei verschiedenen Krankheitsbildern (u.a. Abszessen, Nasen- und Nasennebenhöhlenerkrankungen, Haut- und Schleimhautinfektionen, Verbrennungen, Influenza etc.) vorkommen“, heißt es dort weiter.
Den Fachleuten zufolge gebe es nur wenige Fälle aus der Vergangenheit, bei der die Erkrankung auch mit der Verwendung von Tampons in Verbindung gebracht wurde.
Zusammenhang mit der Menstruation
Auch Prof. Werner Mendling, Leiter des Deutschen Zentrums für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe in Wuppertal, äußerte sich kritisch.
„Tatsächlich erleiden offenbar am häufigsten Mädchen und Frauen zwischen 10 und 50 Jahren, besonders aber Teenager ein toxisches Schocksyndrom. Diese Erkenntnis lässt vermuten, dass es einen Zusammenhang mit der Menstruation gibt“, so der Experte. Dieser Zusammenhang müsse allerdings noch erforscht werden.
„In den 1980er-Jahren kam es in den USA zu zahlreichen TSS-Fällen, nachdem der Hersteller Procter & Gamble einen Tampon mit einer supersaugfähigen Kunststoff-Absorptionsmasse auf den Markt gebracht hatte“, erläuterte Mendling.
Die Infektion sei damals erstmals beschrieben worden und habe den Spitznamen „Tamponkrankheit“ erhalten. Allerdings seien die supersaugfähigen Produkte schnell wieder vom Markt verschwunden.
Seither gelte die Empfehlung, dass stets die kleinstmögliche Tampongröße gewählt und so häufig wie möglich gewechselt werden sollte, erklärte BVF-Präsident Christian Albring.
Es sei noch nicht bekannt, wie lange es dauert, bis die gefährlichen Keime in der Vagina so zahlreich seien, dass es zu einer Blutinfektion komme. „Generell sollten Hygieneprodukte wie Tampons auch über Nacht maximal acht Stunden im Körper verbleiben“, so der Gynäkologe.
Menstruationsbinden seien im Hinblick auf TSS generell mit einem geringeren Risiko verbunden. Frauen, die Tampons bevorzugten, sollten immer auf saubere Hände und eine unbeschädigte Verpackung der Produkte achten. (sb)
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