Trauma: Interdisziplinäres Team untersucht komplexe Wirkungszusammenhänge
08.07.2014
Ob im im Straßenverkehr oder zuhause beim Sturz von der Leiter: Bei jedem zehnten Bundesbürger kommt es durch einen Unfall zu schweren traumatischen Verletzungen. Hinzu kommen in vielen Fällen psychische Traumata, wodurch Unfälle zum einen oft schwerwiegende Folgen für die Betroffenen und ihre Angehörigen haben. Zugleich entstehen der Gesellschaft durch die Versorgung aber auch jährlich Kosten von 70 Milliarden Euro – ein Problem, mit dem sich die Universität Ulm nun in ihrem bislang einzigartigen Netzwerk „Traumaforschung“ beschäftigt.
Jeder Zehnte erleidet schwere traumatische Verletzungen
Allein ins Ulmer Universitätsklinikum kommen täglich durchschnittlich 14 Patienten als Notfall in die Chirurgische Ambulanz, hinzu werden vier Mal am Tag Unfallopfer mit traumatischen Verletzungen per Rettungshubschrauber eingeflogen. Nur im vergangenen Jahr wurden damit in Ulm 46 300 Menschen stationär und mehr als 230.000 ambulant versorgt. Die Zahlen aus der baden-württembergischen Universitätsstadt lassen erahnen, wie häufig Menschen infolge von Unfällen medizinische Versorgung im Krankenhaus benötigen: Jeder Zehnte erleidet hierzulande schwere traumatische Verletzungen im Straßenverkehr, bei der Arbeit oder beim Sport.
Unfälle haben oft psychische Traumen zur Folge
Doch nicht nur das, denn zu körperlichen Verletzungen (medizinisch „Trauma“) kämen nach Angaben der Uniklinik oft psychische Traumen, wodurch etwa 7 bis 12 Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens eine sogenannte „Posttraumatische Belastungsstörung“ entwickeln würden. Dementsprechend seien Traumata mittlerweile ein „Volksleiden“, welches sich zum einen negativ auf die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der Patienten auswirke und zudem Kosten von insgesamt rund 70 Milliarden Euro im Jahr verursache.
Forschung, um Erkrankungen und Heilungsprozesse besser zu verstehen
Um die komplexen Wechselwirkungen zwischen traumatischen Erfahrungen und psychischen Problemen zu erforschen, hat sich an der Uni Ulm nun ein deutschlandweit einzigartiges Netzwerk gebildet. „Wir forschen, um Erkrankungen und Heilungsprozesse besser zu verstehen und so bessere Therapien zu entwickeln,“ so der Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Thomas Wirth. Zentraler Ansatz sei dabei, dass bei schweren Unfällen eben nicht nur die Knochen verletzt würden, sondern auch andere Strukturen im Körper – ebenso wie die Seele: „Auch Gewebe oder Organe sind in Mitleidenschaft gezogen, das Immunsystem und der Kreislauf reagieren, die Psyche ebenfalls“, erklärte Professor Florian Gebhard, Direktor der Klinik für Unfallchirurgie bei der Jahrespressekonferenz der Unimedizin am Montag.
Netzwerk „Traumaforschung“ führt Kompetenzen zusammen
Für die Forschung habe sich dabei laut Professor Harald Gündel, Leiter der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, das Netzwerk „Traumaforschung“ gebildet: „Gemeinsam mit der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie wollen wir zudem herausfinden, wie traumatische Erfahrungen über Generationen hinweg weitergegeben werden können – und wie man die Aufarbeitung fördern kann.“ Ein aus Sicht des Ärztlichen Direktors des Universitätsklinikums, Professor Klaus-Michael Debatin, vielversprechendes Projekt, indem aus dem Zusammenführen der Kompetenzen positive Ergebnisse für die Patienten resultieren können: „Dabei arbeiten Chirurgen, psychotherapeutisch tätige Ärzte, Psychologen und Materialforscher gemeinsam daran, einem Volksleiden zu begegnen.“
Bei Kindern werden psychische Traumata oft gar nicht therapiert
Gerade bei Kindern würden laut dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, Prof. Dr. Jörg M. Fegert, psychische Traumata oft gar nicht oder zu spät diagnostiziert und therapiert: „Wir haben die Wirksamkeit von Traumatherapien bei Kindern untersucht und dann in einer spezifischen Traumatherapieambulanz die wirksamen Therapien eingesetzt. Gleichzeitig versuchen wir in einem Forschungsnetzwerk dafür zu sorgen, dass traumatisierte Kinder z.B. in Kinderheimen und anderen Einrichtungen frühzeitig Hilfe bekommen.“ (nr)
Bild: Monika Torloxten / pixelio.de
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