Tripper, Syphilis und Konsorten auf dem Vormarsch
10.11.2013
Sexuell übertragbare Krankheiten sind in Europa wieder auf dem Vormarsch. Tripper, Syphilis und Konsorten feiern nahezu ein Comeback. Trotzdem sprechen sich Experten gegen eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes aus, denn dadurch könne die Situation verschlimmert werden.
HIV-Infektionen bleiben konstant
Die Deutsche Gesellschaft für sexuell übertragbare Krankheiten (DSTIG) warnte neulich im Rahmen einer Tagung vor einem Comeback der Geschlechtskrankheiten. Nachdem es nach der HIV-Epidemie zu einem Rückgang kam und die HIV-Infektionen mit durchschnittlich 3.000 Neuerkranken pro Jahr konstant blieben, treten jedoch seit etwa zehn Jahren andere Erkrankungen, die durch sexuelle Kontakte übertragen werden, vermehrt auf. Nicht nur gebe es eine Rückkehr der Geschlechtskrankheit Syphilis, sondern auch Tripper oder Chlamydien werden verstärkt festgestellt.
Zunahme wegen fehlender Kondome
Für die Zunahme der Krankheiten sehen Experten das Fehlen von Schutzmaßnahmen, wie dem Verwenden von Kondomen beim Sex. Deshalb sei ein vorurteilsfreier und nicht stigmatisierender Umgang mit Sexualität und mit sexuell übertragbaren Krankheiten von großer Bedeutung. Zwangsmaßnahmen würden das Problem nicht beheben können. Dies hätte auch der Umgang mit Aids in vielen Ländern gezeigt. Alle Nationen, die versuchten, HIV-Neuinfektionen mit solchen Maßnahmen einzudämmen, verzeichneten infolgedessen dramatische Zuwächse der Infektionen.
Europaweiter Anstieg
Allgemein steigen die Zahlen der Neuinfektionen mit sexuell übertragbaren Krankheiten europaweit an. Die DSTIG geht von rund 80.000 Infektionen mit humanen Papillomviren pro Jahr aus. Die Viren können Gebärmutterhalskrebs verursachen. Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren können sich jedoch dagegen impfen lassen. Etwa 100.000 bakterielle Infektionen mit Chlamydien treten der DSTIG zufolge zudem pro Jahr in Deutschland auf. Die Bakterien können bei Männern und Frauen Unfruchtbarkeit verursachen.
Infektionen bei Jüngeren in sexueller Findungsphase
Und wie das Robert Koch-Instituts (RKI) informiert, sei auch ein Anstieg der Syphilis-Fälle zu verzeichnen. Bundesweit wurde 2012 19 Prozent mehr Infektionen – insgesamt 4410 Erkrankungen – registriert als im Vorjahr. In vier von fünf Fällen soll die Übertragung bei sexuellen Kontakten zwischen Männern erfolgt sein. Die Zahl der Ansteckungen bei Prostituierten ist Angaben des RKI zufolge konstant geblieben. „Auch hier müssen wir das Risikoverhalten betrachten und keine Scheindebatte über Prostitution führen", erläuterte DSTIG-Präsident Brockmeyer. Infektionen würden auch in Swinger-Clubs beobachtet. Vor allem bei jungen Erwachsenen, die sich in ihrer sexuellen Findungsphase befänden, würde eine Zunahme der Infektionen verzeichnet werden.
Anzeichen einer Syphilis-Infektion
Mögliche Anzeichen einer Syphilis-Infektion sind rötliche Geschwüre an den Geschlechtsorganen beziehungsweise dort, wo die Erreger in den Organismus eindringen konnten. Im Anfangsstadium sind diese Geschwüre meist nicht von Schmerzen begleitet, geben allerdings eine wässrige Flüssigkeit ab, die den Syphilis-Erreger, das Bakterium Treponema pallidum, enthält. Bei Kontakt mit der Flüssigkeit droht eine Übertragung der Erkrankung. Rund zwei Monate nach der Infektion leiden die Betroffenen meist unter grippeähnlichen Symptomen, wie Fieber, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen. Die Lymphknoten schwellen an und es entwickelt sich ein Juckender Hautausschlag. Langfristig breiten sich die Erreger immer stärker im Körper aus und befallen auch andere Organe wie die Lunge, die Speiseröhre, den Magen oder die Leber. Auf Dauer können zudem Entzündungen des Gehirns auftreten, die schlimmstenfalls zu Lähmungen oder Demenz führen.
Gegen Restriktionen für Sexarbeiterinnen
Experten fordern allgemein deutlich mehr Aufklärungsarbeit im Zusammenhang mit sexuell übertragbaren Krankheiten. Kritisch sind hingegen Aktivitäten wie von Alice Schwarzer zu sehen. Mit ihrer Petition „Apell gegen Prostitution“ fordert die Frauenrechtlerin zusammen mit Prominenten eine Reform des aus dem Jahre 2002 stammenden Prostitutionsgesetzes. In ihrem Aufruf heißt es, dass Deutschland zu einer „europäischen Drehscheibe für Frauenhandel und zum Paradies der Sextouristen aus den Nachbarländern“ verkommen sei. Langfristig werde die Abschaffung der Prostitution verlangt. Wie Brockmeyer, anlässlich der Tagung gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“ sagte, würden Restriktionen für Sexarbeiterinnen und eine Strafverfolgung für Freier das Problem jedoch nicht beheben: „Alles was gegen Liberalisierung im Bereich der Prostitution arbeitet, wird die Situation deutlich verschlechtern. Damit schicken sie die Leute in den Untergrund."
Aufklärung statt Repression
Der Präsident der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), Rudolf Stadler, fordert eine bessere Aufklärung über Geschlechtskrankheiten. Ein wesentlicher Faktor bei der Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten ist Stadler zufolge das Wissen über Ansteckung und Folgen. Hier bestünden erhebliche Defizite. Nicht selten würden Geschlechtskrankheiten beispielsweise aus dem Urlaub mitgebracht. In Deutschland werde eine eine kontinuierliche Informationspolitik benötigt, erklärte der DDG-Präseident im Frühjahr gegenüber der Nachrichtenagentur. Die Aufklärungsarbeit betreffe dabei nicht nur Schulen, sondern auch die Arztpraxen. In Arzt-Patienten-Gesprächen müsste auch die sexuelle Gesundheit thematisiert werden. Das gelte für Dermatologen, als auch für Gynäkologen, Urologen und Hausärzte, so Stadler. (ad)
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