Warum der BMI als umstrittene Größe bei der Bewertung von Übergewicht gilt
07.11.2014
Trotz steigendem Gesundheitsbewusstsein und vielen Fitnesstrends leidet jeder zweite Deutsche an Übergewicht. Das entspricht einem Rekordhoch seit Beginn der Befragungen des Statistischen Bundesamts im Jahr 1999. Doch wie kommt die hohe Zahl der Übergewichtigen zustande?
BMI ist ein umstrittenes Maß zur Bewertung von Übergewicht
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) misst Übergewicht mit dem sogenannten Body-Mass-Index (BMI), der das Verhältnis von Körpergröße zum Körpergewicht in Relation zueinander setzt. Der BMI gilt jedoch unter Experten als umstritten, da er den Körperbau unberücksichtigt lässt. So fließt Muskelmasse, die sehr schwer ist, lediglich in das Gewicht ein, so dass sich ein hoher BMI ergeben kann, ohne dass die Person tatsächlich übergewichtig ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht darin auch den Grund für die hohe Zahl der übergewichtigen Deutschen. „Der BMI basiert auf dem Gewicht und berücksichtigt nicht den unterschiedlichen Körperbau der Menschen", betont Antje Gahl von der DGE gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Es müsse deswegen nicht jeder abnehmen, der einen BMI zwischen 25 (Übergewicht) und 30 (Adipositas, Fettleibigkeit) hat. „Der BMI gibt immer nur einen Richtwert an", so die Ernährungsexpertin. „Die überschüssigen Fettpolster werden erst dann zum Problem, wenn sie dem Menschen schaden." Das ist der Fall, wenn Übergewicht, insbesondere ein hoher Bauchfettanteil, zu Folgeerkrankungen führt.
Bauchfett ist ein Anzeichen für gesundheitsgefährdendes Übergewicht. Deshalb sei der Bauchumfang zumindest bei leichtem Übergewicht ein guter Indikator, so Grahl. „Das Körperfett, das in der Bauchregion liegt, fördert die Entstehung von Krankheiten wie Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck." Frauen sollte einen Taillenumfang bis maximal 80 Zentimeter, Männer nicht über 94 Zentimeter haben. Höhere Werte können auf gefährliches Übergewicht hinweisen.
Ehemalige Raucher leiden häufiger an Übergewicht als Raucher
Dem Statistischem Bundesamt zufolge hatten 2013 knapp drei Viertel der männlichen ehemaligen Raucher einen BMI über 25, bei den Rauchern waren es 57 Prozent. Bei den Ex-Raucherinnen wurde bei 47 Prozent ein zu hoher BMI und unter den Raucherinnen bei 37 Prozent festgestellt. Insgesamt litten von den Männern 62 Prozent und von den Frauen 43 Prozent an Übergewicht.
Wenn Raucher aufhören, Zigaretten zu rauchen, stellt sich der Stoffwechsel um. Viele suchen zudem nach einem Ersatz für den Glimmstängel. Nicht selten steigt der Süßigkeitenkonsum. Die Folge ist häufig ein erhöhtes Körpergewicht. „Der leichte Anstieg des Körpergewichts steht aber in keinem Vergleich zu dem Risiko weiter zu rauchen", betont Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (dkfz) gegenüber der Nachrichtenagentur. „Rauchen sollte nicht zur Gewichtsregulierung eingesetzt werden." Aber wie können Raucher am besten aufhören? „Man muss wollen – das ist das Entscheidende", sagt so die Expertin. Rund 85 Prozent aller erfolgreichen Ex-Raucher hätten es auf diese Weise geschafft. „Raucher gelten als Hochrisikogruppe für Krebs, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen. Das sind unsere großen Sorgenkinder in der Medizin." Zudem gebe es professionelle Unterstützung beim Aufhören.
Um Übergewicht zu bekämpfen, sollten Betroffene ihre tägliche Kalorienbilanz beachten
Wer abnehmen will, muss auf eine negative Kalorienbilanz achten, also weniger Kalorien in Form von Nahrung zu führen, als verbraucht werden. Zusätzlich sollte der Kalorienverbrauch durch körperliche Aktivitäten erhöht werden. „Unterm Strich zählt die Kalorienbilanz am Tag", erläutert Gahl. Deshalb sollten viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukte auf dem Speiseplan stehen. Zudem ist vor allem ausreichend Wasser und ungezuckerter Tee statt Limonade und anderer kalorienreicher Getränke empfehlenswert. „Ohne die körperliche Aktivität funktioniert es meistens aber nicht." Die WHO rät deshalb zu 60 Minuten Bewegung am Tag. Das beinhaltet auch tägliche Aktivitäten wie Treppensteigen und Fahrradfahren.
Trotz der hohen Zahl der Übergewichtigen ist Zukunftsforscherin Jana Ehret davon überzeugt, dass unsere Gesellschaft „immer gesünder“ wird. Immer mehr Menschen legten großen Wert auf Bewegung und tendierten zu einer gesunden Ernährung. Zwar sei Zeitmangel ein großes Problem, jedoch würden viele Unternehmen mittlerweile ihren Mitarbeitern Angebote, wie Betriebssportgruppen, Yogakurse oder andere Sportkurse, machen. „Manager meditieren in der Mittagspause", so Ehret. (ag)
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