Erster nachgewiesener Fall des Tula-Hantavirus beim Menschen
Erstmalig wurde das zu den Hantaviren zählende Tulavirus als nachweisliche Ursache einer Erkrankung mit akutem Nierenversagen bei einem deutschen Patienten festgestellt. Dies ist der vierte belegte Fall in Deutschland, bei denen Hantaviren, die in unterschiedlichen Nagetieren grassieren, auf den Menschen übertragen wurden.
Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) erbrachten den ersten molekularen Nachweis an einem konkreten Fall, dass das bei Nagetieren verbreitete Tulavirus Menschen infizieren und schwere Erkrankungen auslösen kann. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal „Emerging Infectious Diseases“ vorgestellt.
Der erste Patient mit Tula-Hantaviren
Wie die Arbeitsgruppe berichtet, wurde der junge Mann mit Symptomen eines akuten Nierenversagens in ein Krankenhaus eingeliefert. Erste Untersuchungen lieferten den Verdacht auf eine Hantavirus-Infektion. Das Forschungsteam konnte durch eine anschließende molekulare Analyse erstmalig das Tulavirus als Ursache einer Erkrankung bei einem Patienten in Deutschland dingfest machen.
„Dieses Ergebnis rückt nun auch die Feldmaus und das mit ihr assoziierte Tulavirus stärker in den Fokus der Hantavirus-Epidemiologie und erfordert zukünftig eine bessere Typisierung von Hantaviruserkrankungen“, betont Professor Dr. Rainer Ulrich, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Hantaviren bei Tieren am FLI.
Die Feldmaus neigt zu Massenvermehrungen
„Gerade wegen der bei der Feldmaus auftretenden Massenvermehrungen sollte das Auftreten von humanen Infektionen mit Tulaviren stärker beobachtet werden“, unterstreicht der Hantavirus-Experte. Neben den Hantaviren gelten auch sogenannte Leptospiren und Kuhpockenviren als Zoonoseerreger bei Feldmäusen.
Vier humanpathogene Hantaviren
Bislang wurden somit vier von Nagetieren übertragene Hantaviren entdeckt, die sich auf den Menschen übertragen und dort Krankheiten auslösen können. Die meisten bestätigten Krankheitsfälle sind auf das sogenannte Puumalavirus zurückzuführen. Die Rötelmaus gilt als Reservoirwirt. „Das Puumalavirus kommt nur im westlichen, nordwestlichen und südlichen Teil Deutschlands vor, während es im östlichen Teil Deutschlands nicht gefunden wurde“, schreiben die Forschenden.
Das nun erstmals beim Menschen nachgewiesene Tulavirus ist eng verwandt mit dem Puumalavirus und kommt in allen Teilen Deutschlands bei Nagetieren vor, hauptsächlich bei Feldmäusen. Das Puumalavirus und das Tulavirus sind so eng miteinander verwandt, dass sie nur durch eine aufwändige Analyse in Speziallaboratorien unterschieden werden können.
Dobrava-Belgrad-Virus
Neben den beiden oben genannten Hantaviren grassieren noch im östlichen Teil Deutschlands sogenannte Dobrava-Belgrad-Viren, die hauptsächlich über die Brandmaus verbreitet werden. Auch hier wurden bereits hervorgerufene Erkrankungen beim Menschen beschrieben.
Seoulvirus
Zudem wurde kürzlich erstmalig eine junge Frau in Deutschland nachweislich über ihre Haustier-Ratte mit dem Seoulvirus infiziert, welches ebenfalls zu den Hantaviren zählt. Mehr zu diesem Fall finden Sie in dem Artikel: „Hantavirus: Erstmals Infektion durch asiatische Virusart in Deutschland nachgewiesen“. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Friedrich-Loeffler-Institut: Erster molekularer Nachweis einer humanen Erkrankung durch das Tula-Hantavirus (veröffentlicht: 23.03.2021), fli.de
- Jörg Hofmann, Stephanie Kramer, Klaus R. Herrlinger, et al.: Tula Virus as Causative Agent of Hantavirus Disease in Immunocompetent Person, Germany; in: Emerging Infectious Diseases, 2021, cdc.gov
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.