Gestern noch Science-Fiction, morgen der neue Standard?
Augmented reality (AR) oder virual reality (VR) hat in letzter Zeit insbesondere in der Videospielindustrie für viele Schlagzeilen gesorgt. Doch auch abseits von Unterhaltungsinteressen bieten die neuen Technologien viel Potenzial. Ein gutes Beispiel hierfür ist das neue AR-System „3D-ARILE“, dass vom 13. bis 16. November auf der Messe Medica präsentiert wird. Die AR-Brille soll Chirurgen bei schwierigen Operationen helfen, die exakte Position von Tumoren zu bestimmen.
Forscher am Fraunhofer-Institut haben die AR-Brille als Navigationshilfe entwickelt, die Medizinern den schwierigen Eingriff zur Beseitigung von Tumoren erleichtern soll. Denn bösartige Tumore bilden häufig Metastasen, die sich im ganzen Körper ausbreiten können. Die Bestimmung der Position und die Entfernung solcher Knoten erfordert von den behandelnden Ärzten viel operatives Geschick und Erfahrung. Mit Hilfe der Datenbrille soll zukünftig die exakte Position des betroffenen Lymphknotens virtuell einblendet werden.
Eile ist gefragt
Das Statistische Bundesamt berichtet, dass die Zahl der Hautkrebsbehandlungen in Krankenhäusern in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. Eine besonders aggressive Form ist der schwarze Hautkrebs, auch unter dem Namen malignes Melanom bekannt. Wenn bei dieser Krebsform die Krebszellen von der Lymphe in die Lymphknoten transportiert werden, können sich dort Metastasen bilden. Diese Metastasen werden Schildwächterknoten genannt. Wenn sie im Abflussgebiet der Lymphflüssigkeit eines bösartigen Tumors an erster Stelle liegen, besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sich in der Umgebung weitere Metastasen bilden. Daher spielt die frühzeitige Identifizierung und Entfernung solcher Knoten bei der Bekämpfung bestimmter Krebsarten wie dem Haut-, dem Brust- und dem Prostatakrebs eine entscheidende Rolle.
Die erweiterte Realität sieht, was dem Auge verborgen bleibt
Trotz vieler neuer Errungenschaften in der Krebsforschung ist es für Ärzte während einer Operation noch immer schwierig, die exakte Lage von Schildwächterknoten auszumachen und zu erkennen, ob der befallene Lymphknoten vollständig entfernt wurde. „Um den betroffenen Lymphknoten sichtbar zu machen, wird dem Patienten ein Fluoreszenzfarbstoff in die direkte Umgebung des Tumors gespritzt, der sich über die Lymphbahnen verteilt und im Wächterlymphknoten sammelt“, berichtet Dr. Stefan Wesarg, Wissenschaftler am Fraunhofer IGD. Durch Infrarotlicht werde der Farbstoff zur Fluoreszenz angeregt und könne so von speziellen Kameras erfasst werden. Im Computer wird der betroffene Lymphknoten rekonstruiert und dessen Position punktgenau in der AR-Brille eingeblendet. „In unserem Fall ist das erkrankte Gewebe grün dargestellt. Der Arzt kann durch die Einfärbung feststellen, ob er tatsächlich alles Nötige herausgeschnitten hat“, erläutert Dr. Wesarg.
Schonendere Behandlung
Das Fraunhofer-Institut berichtet, ein weiterer Vorteil sei der eingesetzte Fluoreszenzfarbstoff als Alternative zu radioaktivem Nanokolloid. Denn bislang verwenden Ärzte das radioaktive Nanokolloid Technetium 99m als medizinischen Marker. Dieser strahle laut Fraunhofer-Institut aber nur schwach und die Aufnahmen der Spezialkameras benötigen circa 30 Minuten, um die genaue Position des Lymphknotens zu erfassen. Bei der neuen Technik wird das Bild in Echtzeit dargestellt und es wird kein zusätzlicher Monitor benötigt. „Der Arzt kann sich ganz auf den Patienten konzentrieren und so stressfreier operieren“, so Dr. Wesarg. (fp)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.