Über die Hälfte der Deutschen ist übergewichtig
12.09.2012
Über die Hälfte aller Menschen in Deutschland leidet unter Übergewicht. Das ergab eine kleine Anfrage der Partei „Die Linke“ an die Bundesregierung. Besonders besorgniserregend ist der Anteil der Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen.
Die Linksfraktion stellte der Bundesregierung die Frage, wie hoch der Anteil der Übergewichtigen in Deutschland derzeit ist. Die Antwort scheint alarmierend: Über 50 Prozent der Männer und Frauen sind zu dick. In genauen Zahlen ausgedrückt seien 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen aktuell übergewichtig oder leiden bereits unter Adipositas. Besonders schlimm seien die Zahlen bei den jungen Menschen. So sei die Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen besonders von Übergewicht betroffen. Etwa 47 Prozent der jungen Männer und beinahe 40 Prozent der Frauen seien adipös. Die Bundesregierung bestätigte zudem die Annahme, dass ein niedriges Einkommen und damit eine geringerer gesellschaftlicher sozialer Status „Dick sein“ befördert.
Viele Kinder und Jugendliche leiden unter Essstörungen, so die Bundesregierung. Bereits 21,9 Prozent der 11- bis 17-Jährigen zeigten Beschwerdebilder wie Magersucht, Bulimie oder Übergewicht auf. Der differenzierte Blick zeigt: Mädchen der Altersgruppe leiden in 28,9 Prozent der Fällen an Essstörungen und Jungen zu 15,2 Prozent. Fast 50 Prozent der Mädchen meinen, „sie seien zu dick, obwohl sie einen normalgewichtigen BMI aufweisen.
Nach Meinung von Reinhard Mann, Leiter des Ernährungsreferates der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln sollten Eltern jedoch nicht in Panik geraten, wenn ihr Nachwuchs ein geringes Übergewicht aufweist. Sofort eine Diät zu verordnen, schade unter Umständen mehr, als das es nützt. Zudem sollten Diäten bei Kindern und Jugendlichen nur nach ärztlicher Anordnung oder Absprache gesehen, da Kinder wichtige Nährstoffe zum Wachsen benötigen. „Werden Kinder in der Wachstumsphase mangelernährt, kann das zu körperlichen Schädigungen führen“, so Mann. Besser sei darauf zu achten, Kindern mehr körperliche Bewegung zu ermöglichen. Bei leichtem Übergewicht empfiehlt es sich, „Kinder erst einmal nur im Auge zu behalten“.
Überschüssige Pfunde zu verlieren sei keine Frage des Zählens von Kalorien, so der Experte. Viele Faktoren spielen bei der Gewichtszunahme eine Rolle. „Bitte auch auf den Medienkonsum achten. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Zeit, die Kinder vor Medien verbringen und dem Übergewicht“, erläutert der Ernährungsexperte. Beispielsweise sollten Kinder im Grundschulalter (6 bis 10 Jahre) nicht länger als eine Stunde Medien wie Fernsehen oder Computer konsumieren.
Leiden Kinder an Übergewicht, so sollten ihnen Unterstützung beim Bewältigen von Alltagsstress gewährt werden. Dazu zählt zum Beispiel, ihnen auch genügend Zeit zum Essen zu lassen. Denn „Kinder können ganz gut einschätzen, wann sie satt sind, wenn sie genügend Zeit haben und nicht schlingen müssen, weil sie zum nächsten Termin sollen.“ Auch das Portionieren der Speisen sollte den Kindern überlassen bleiben. „Wenn es zu viel ist, kann ich ja kommentieren: Nimm erst mal weniger, du kannst später mehr haben.“, rät Mann.
Wann ein Kind tatsächlich zu dick ist, einen starken Körperbau hat oder tatsächlich ein paar Kilos zu viel hat, ist schwer zu sagen. Dafür gebe es keine einfache Formel. Zwar kann der Body-Mass-Index (BMI) das Gewicht von Erwachsenen und auch Kindern bemessen, „doch der BMI allein reicht nicht aus“. Die Perzentilkurven bewerten noch einmal differenzierter nach Alter und Geschlecht. Liegt der BMI des Kindes im roten Bereich, ist das Kind emotional schlecht drauf und bewegt sich wenig, sollten Eltern reagieren.
In keinem Fall sollten Eltern auf eigene Faust agieren und die Kinder einfach auf Diät setzen. Besser sei, sich „Hilfe beim Kinderarzt einzuholen“. Das gilt auch, wenn Kinder an Untergewicht leiden. „Sonst reicht es, das Kind zunächst zu beobachten. Wie entwickelt sich die Figur? Bewegt es sich normal? Ist es eher ruhig oder lebhaft? Hat es Sorgen und ist bedrückt?“, sagt Mann. Oft verwächst sich Übergewicht mit der Zeit wieder. Bei einem Drittel der Kinder, die zuvor an Übergewicht litten, normalisiert sich das Gewicht wieder. Allerdings wird ein Drittel der normalgewichtigen Kinder später dick, so Mann. (sb)
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