US-Forscher bezweifeln Wirkung von Diäten und Sport
17.02.2015
Biologische Anpassungen verhindern bei vielen Übergewichtigen ein dauerhaftes Abnehmen, berichten US-Forscher in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „The Lancet Diabetes & Endocrinology". Oft seien "die Ärzte nicht ausreichend darüber informiert, warum Übergewichtige derartige Schwierigkeiten mit der nachhaltigen Gewichtsreduktion haben und entsprechend kann ihnen keine wirksame Behandlung angeboten werden", so die Aussage des Forscherteams um Christopher Ochner vom Mount Sinai Adolescent Health Center in New York.
Übergewicht und Adipositas sind in den modernen Industrienationen ein weit verbreitetes Problem, dass vor allem mit Bewegungsmangel und ungesunder Ernährung in Zusammenhang gebracht wird. Entsprechend naheliegend scheint die Lösung: Betroffene müssen ihre Kalorienzufuhr reduzieren und mehr Sport treiben, um die überschüssigen Kilos loszuwerden. Doch diese Empfehlung ist für viele Übergewichtige so hilfreich, wie der Hinweis an einen Bluter, scharfe Gegenstände besser zu meiden, schreiben Ochner und Kollegen. Denn die biologischen Anpassungen, welche im Zuge des Übergewichts eintreten, seien genügend potent, langfristige Veränderungen der Lebensgewohnheiten bei den meisten Personen mit Übergewicht zu untergraben.
Biologischer Druck wirkt dem Abnehmen entgegen
Der Körper von Übergewichtigen zeigt laut Aussage der US-Wissenschaftler verschiedene Anpassungsprozesse, die den Bemühungen des Abnehmens entgegenwirken. Beispielweise erhöhe der Organismus seine Fettspeicherkapazität und das Gehirn habe sich an Stimulierung des Belohnungssystems beziehungsweise die veränderte Signalisierung durch den Botenstoff Dopamin gewöhnt, was zu einem wahrgenommen Belohnungsdefizit und dem wachsenden Bedürfnis nach Ausgleich führe. Insgesamt bleibe der biologische Druck hin zum ursprünglichen Körpergewicht bestehen. Fettleibigkeit müsse daher als chronische und oft behandlungsresistente, medizinische Erkrankung verstanden werden, zu deren Bewältigung neben Veränderungen des Verhaltens auch die Pharmakotherapie und Chirurgie in Betracht gezogen werden sollten, so das Fazit von Ochner und Kollegen.
Gesundes Körpergewicht für Fettleibige unerreichbar?
Zwar können "die meisten adipösen Menschen durch eine Umstellung der Ernährung und ausreichend Bewegung eine Reduzierung ihres Gewichts erreichen", doch die Schwierigkeit liegt darin, "das Normalgewicht zu halten", so die Wissenschaftler. Denn mit dem Abnehmen wächst laut Aussage der Forscher "der biologische Druck", welcher der Gewichtsreduktion entgegensteht. Insgesamt sei davon auszugehen, dass nur wenige übergewichtige Menschen jemals über die Umstellung der Ernährung und ausreichend Bewegung wieder ein gesundes Körpergewicht erreichen werden., berichten die US-Wissenschaftler. Denn auch nach dem Abnehmen sind grundsätzliche Unterschiede zwischen den Körpern der ehemals adipösen Personen und denen der niemals übergewichtigen Personen festzustellen.
Übergewicht durch die Gene bestimmt?
Die Zweifel an der Wirkung von Diäten und Sport bei der Bekämpfung von Übergewicht werden laut Angaben der Zeitschrift „Die Welt“ auch durch eine weltweite Genomstudie gestützt, welche auf Basis der Analyse des Erbmaterials von über 300.000 Probanden mehr als 140 Gene bestimmt hat, die maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung von Übergewicht und auf dessen gesundheitliche Folgen haben. Unabhängig von den genetischen Voraussetzungen spricht dem aktuellen Beitrag der US-Forscher zufolge jedoch vieles dafür, dass der Prävention von Übergewicht und Fettleibigkeit künftig deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Denn hat der Körper bereits Übergewicht aufgebaut, bleibt vielen Betroffenen der Weg zurück zum Normalgewicht versperrt. (fp)
Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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