Überimitieren ist ein soziales Lernen aus Beobachtung, bei dem Kinder offensichtlich sinnlose Handlungen nachahmen, was stark durch Zugehörigkeit und Konformität geprägt ist, nicht aber durch Kausalität. Bisher galt dieses Verhalten als rein menschlich. Jetzt deutet eine tiermedizinische Studie aus Wien darauf hin, dass auch Hunde dieses Verhalten zeigen.
Sonderform des Lernens aus Beobachtung
Eine Studie der Vetmeduni Vienna unter Aufsicht von Ludwig Huber, Leiter der Abteilung für Vergleichende Kognitionsforschung am Messerli Forschungsinstitut der Vetmeduni Vienna testete, ob auch Hunde auf diese besondere Art lernen.
These: Hunde kopieren Handlungen
Huber sagt: „Da diese eigentümliche Form der Nachahmung beim Menschen stark durch soziale Faktoren wie Zugehörigkeit oder Konformität motiviert ist, stellten wir die Hypothese auf, dass domestizierte und kultivierte Hunde häufiger als Affen solche Handlungen kopieren, insbesondere wenn dies von ihren Betreuern gezeigt wird.“
Warum Hunde?
Hunde waren für die Studie die erste Wahl, da sie leicht lernen, menschliches Verhalten verstehen und in der von Menschen geschaffenen Umwelt leben. Wie Kinder lernen auch Hund in einem sozialen Prozess.
These bestätigt sich
Tatsächlich zeigten die Hunde das Verhalten, das bei Menschen als Überimitation bezeichnet wird. Die Hälfte der Hunde wiederholte eine kausal irrelevante Aktion, die ihre menschliche Bezugsperson ihnen zeigte.
Ähnlich wie bei Kindern
Huber schließt: „Ähnlich wie bei Kindern scheint das Lernen von Hunden und das Kopieren ihrer Bezugspersonen ein tiefgreifender sozialer Prozess zu sein. Das Kopieren von offensichtlich kausal irrelevanten Handlungen kann daher nicht mehr als eine einzig menschliche Handlung angesehen werden, sondern eine, die der Mensch mit seinen vierbeinigen Begleitern teilt.”
Was ist das Besondere an der Überimitation?
Soziales Lernen entstand in der Evolution bei vielen Tierarten und ist fast immer effizient. Tiere lernen so Kausalitäten kennen und erlernen lebenswichtige Verhaltensketten: Beutefang, Flucht, Verstecken etc.. Die Überimitation ist hingegen kaum effizient, da das Imitierte keine praktischen Folgen hat, zum Beispiel, wenn ein Kind mit einer Feder auf ein Gefäß klopft, danach den Deckel abschraubt, um eine Figur aus dem Gefäß zu holen. Die Feder ist für dieses Verfahren nicht notwendig.
Wozu dient Überimitation?
Das Phänomen Überimitation ist nicht gänzlich geklärt. Ein Ansatz geht davon aus, dass Kinder solche praktisch überflüssigen Handlungen als kausal betrachten, weil sie diese bei ihren Eltern sehen.
Symbolische Handlung
Ein anderer Ansatz kommt aus der Symbolforschung und sieht hier bereits die kulturelle Entwicklung symbolischer Handlungen. Demnach geht es dem Kind nicht darum, dass die kopierte Handlung bei dem Objekt gegenüber zum Erfolg führt, sondern kommuniziert damit seine Zugehörigkeit zur Bezugsperson und zur sozialen Gruppe.
Türöffner für zukünftige Forschung?
Die Studie könnte ein Anlass sein, ob und wie Hunde, die wie kein anderes Tier auf die Kultur des Menschen geprägt sind, ebenfalls symbolische Definitionen von Zugehörigkeit verstehen, oder, nach der ersten Interpretation, eine Handlung bereits als kausal betrachten, weil ihre menschliche Bezugsperson diese ausführt. (Dr. Utz Anhalt)
Quelle: www.vetmeduni.ac.at/messerliAussender:Mag.rer.nat. Georg MairWissenschaftskommunikation / Öffentlichkeitsarbeit
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.