Unzureichendes Verbot von Hormon-Chemikalie Bisphenol A. Umweltschützer fordern ein generelles Verbot der schädlichen Massenchemikalie
11.02.2011
Mit einer Übergangsfrist von drei Monaten wird die hormonähnliche Chemikalie Bisphenol-A für die Herstellung von Babyflaschen in Deutschland verboten. Wie das Bundesverbraucherministerium mitteilte, soll das Verbot ab dem 1. März 2011 gelten. Im Handel dürfen die schädlichen Flaschen allerdings noch bis zum 1. Juli 2011 vertrieben werden. Das gilt allerdings nur für BPA Flaschen, die vor dem Verbot produziert wurden. Deutschland hatte sich dafür stark gemacht, dass die Bisphenol-A EU-Richtlinen geändert wird. Umweltschützer kritisieren die Abänderungen der EU-Richtlinie als "völlig unzureichend".
Bisphenol-A in Kurzform auch BPA genannt, ist ein Weichmacherstoff, der bereits in niedrigen Dosen wie das weibliche Hormon Östrogen wirkt. Zahlreiche unabhängige Studie waren zu dem Ergebnis gekommen, dass die Alltagschemikalie weitgehende gesundheitliche Folgen hat. So konnte in mehreren evidenzbasierten Studien nachgewiesen werden, dass sich BPA auf den Hormonhaushalt des Menschen nachhaltig auswirkt. Unter anderem ist BPA für Unfruchtbarkeit bei Männern und Frauen verantwortlich, steigert das Diabetes Risiko und stört die Sexualentwicklung. Bei jedem Mensch kann der BPA Gehalt im Urin gemessen werden. Denn jeder Mensch kommt beinahe täglich mit der Chemikalie in Kontakt.
Ungenügendes BPA-Verbot
Das ausgesprochene Verbot erstreckt sich allerdings nur auf die Herstellung von Babyflaschen. Alle anderen Produkte sind hiervon ausgeschlossen. Umweltschützer und Gesundheitsexperten fordern seit Jahren ein gänzliches Verbot der Massenchemikalie, die in fast allen Produktwaren mit Weichmacherstoffen enthalten ist. So sagte Patricia Cameron, Chemieexpertin des Umweltverbandes BUND: "Kinder sind besonders gefährdet. Das Verbot von Bisphenol A in Babyflaschen ist deshalb ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die Belastung fängt jedoch bereits im Mutterleib an. Deshalb muss die Chemikalie auch für alle Anwendungen verboten werden, die Kinder und schwangere Frauen belasten können." Die Umweltschützer hatten in Analysen durch ein Testlabor auch in Schnullern Bisphenol A gefunden.
4.00000 Tonnen Bisphenol-A in Deutschland
Allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 4.00000 Tonnen Bisphenol A vermarktet. Babyflaschen nehmen dabei nur einen sehr geringen Anteil ein. BPA lässt sich auch in zahlreichen anderen Kunststoffartikeln aus Polycarbonat sowie in den Innenbeschichtungen von Dosen und in Thermopapier. Wenn die Menschen wirklich geschützt werden sollen, dann kann das BPA-Verbot für Babyflaschen nur ein Anfang sein, mahnte die Umweltschützerin und Chemieexpertin. Nicht nur für Babyflaschen sondern auch für alle Kleinkinderartikel und für Produkte, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, forderte der BUND ein Verbot von Bisphenol A und anderer hormonähnlicher Stoffen.
Verbraucher können sich und ihre Kinder selbst schützen
Da viele Verbraucher in Deutschland mittlerweile kritisch industrielle Zusätze beäugen, hat auch die Industrie ihrerseits reagiert. In gut sortieren Fachgeschäften können Verbraucher inzwischen BPA freie Kinderartikel finden. Das berichtet auch der BUND. "Mittlerweile bieten fast alle Hersteller neben konventionellen Kinderartikeln wie Babyfläschchen und Schnullern aus Polycarbonat auch Bisphenol-A-freie Produkte an. Dies zeigt, dass der Stoff leicht zu ersetzen ist und einem weitergehenden Verbot nichts im Wege steht." Auf den Produkten ist beispielsweise zu lesen "BPA frei", "ohne Bisphenol-A" oder "BPA free". (sb)
Lesen Sie auch:
Verbot von Bisphenol-A in Babyflaschen
Lobbyisten verhindern Bisphenol-A Verbot
Studie: Mädchen immer früher Geschlechtsreif
Hormonaktive Chemikalien bedrohen die Gesundheit
Bild: D. Braun / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.