Wie endokrine Disruptoren unseren Hormonhaushalt beeinflussen
In einem großen EU-Forschungsprojekt wird zur Zeit eine Gruppe von Chemikalien untersucht, die unter Verdacht stehen, den Stoffwechsel des Menschen negativ zu beeinflussen. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass sogenannte endokrine Disruptoren Gewichtszunahmen sowie Stoffwechselerkrankungen wie Fettleber, hohe Blutfettwerte und Diabetes fördern. Als endokrine Disruptoren werden Chemikalien oder Mischungen von Chemikalien bezeichnet, die hormongesteuerte Signalwege stören.
Im Januar 2019 fiel der Startschuss für das europaweite Forschungsprojekt EDCMET. Forschende wollen in dem Projekt die Wirkung von endokrinen Disruptoren auf den Stoffwechsel untersuchen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt schon seit dem Jahr 2002 in dem Bericht „Global Assessment of the State-of-the Science of Endocrine Disruptors“ vor diesen gängigen Chemikalien, die wir ständig über das Essen und über Pflegeprodukte aufnehmen.
Die Hormone des Körpers regeln zahlreiche Funktionen
Hormone werden normalerweise von Menschen und anderen Organismen als Signalmoleküle genutzt, die in der Regel über das Blut transportiert werden und so im gesamten Körper bestimmte Reaktionen hervorrufen. Sie regeln beispielsweise die Entwicklung, das Wachstum, die Reproduktion und das Verhalten von Menschen und Tieren.
Wie greifen endokrine Disruptoren in diesen natürlichen Prozess ein?
Bestimmte Chemikalie ähneln im chemischen Aufbau den natürlichen Hormonen. Gelangen diese in den Körper, können sie fälschlicherweise für natürliche Hormone gehalten werden. Dies kann zu einer ganzen Reihe von Folgen führen:
- Die Wirkung körpereigener Hormone kann geschwächt oder verstärkt werden.
- Die Produktion bestimmter Hormone kann übermäßig erhöht oder erniedrigt werden.
- Die Transportwege im Blut können gestört werden.
- Enzyme für die Regelung eines natürlichen Hormonhaushalt können gehemmt werden.
- Der Abbau von Hormonen kann aus dem Gleichgewicht geraten.
- Der natürliche Metabolismus kann durcheinander gebracht werden.
Wie gelangen endokrinen Disruptoren in den Körper?
Endokrine Disruptoren werden zur Produktion vieler synthetischer Materialen verwendet. Auch in der Nahrungsmittel und Pflegeprodukte-Industrie werden sie häufig verwendet um Plastikboxen, Plastikflaschen, Tetrapacks und Dosen herzustellen. In Pestiziden werden sie ebenfalls verwendet und gelangen so in Böden und Gewässer. Laut WHO gelangen die Chemikalie am häufigsten durch Nahrungsmittel und Trinkflüssigkeiten in den Körper, welche zuvor in Plastik aufbewahrt wurden oder mit Pestiziden in Berührung gekommen sind. Auch über den Hautkontakt können sie aufgenommen werden, beispielsweise über Pflegeprodukte oder industrielle Reinigungsmittel.
Endgültiger Beweis soll nun erbracht werden
Obwohl die endokrinen Disruptoren mit einer Vielzahl von negativen Auswirkungen in Verbindung gebracht werden, fehlt laut dem Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) bisher der eindeutige wissenschaftliche Beweis, ob und wie diese Hormon-imitierenden Chemikalien in den Stoffwechsel eingreifen. Folglich gebe es derzeit auch noch keine validierte Methoden zur Beurteilung ihrer metabolischen Wirkung.
Neue Routineprüfung für Chemikalien
Im Rahmen des Projekts werden die Forschenden untersuchen, wie die Chemikalien auf den Fett- und Energiestoffwechsel in Leberzellen wirken. Innerhalb dieser Studie soll auch eine neues Routineverfahren zur Prüfung von Chemikalien entstehen, um zu verhindern, dass weitere endokrinen Disruptoren in den Umlauf kommen.
Kommt das Verbot für die Verwendung?
„Die Identifizierung von solchen endokrinen Disruptoren und ihrer Wirkung auf die Körperfunktionen ist ein zentraler Aspekt bei der Risikobewertung von Chemikalien,“ berichtet BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel in einer Pressemitteilung zu dem neuen EU-Projekt. So ein verlässlicher Nachweis mit validierten Methoden sei unabdingbar, um gesetzliche Regulierungsmaßnahmen einzuleiten. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.