Immer mehr Kinder leiden an Bluthochdruck
Bluthochdruck (Hypertonie) ist heute auch bei Kindern und Jugendlichen immer weiter verbreitet. Die gesundheitlichen Folgen werden dabei vielfach unterschätzt, mahnt die Stiftung Kindergesundheit.
Hoher Blutdruck wird immer häufiger auch bei Kindern immer festgestellt, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Schuld an der besorgniserregenden Entwicklung seien vor allem Übergewicht, Bewegungsmangel und offenbar auch die intensive Nutzung des Internets. Das Risiko des Bluthochdrucks bei Kindern werde dabei häufig unterschätzt.
Bluthochdruck ein unterschätztes Gesundheitsrisiko
Zu hoher Blutdruck bildet laut Aussage der Experten einen der wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung der Arteriosklerose (Arterienverkalkung) und ihre gefährlichen Folgen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen. Auch das Risiko eines chronischen Nierenversagens steige. Besonders tückisch am Bluthochdruck sei, „dass er oft lange Zeit keine Beschwerden bereitet und deshalb häufig viel zu spät erkannt und behandelt wird.“ Den Angaben der Münchner Kinder- und Jugendärztin PD Dr. med. Bärbel Lange-Sperandio zufolge galt früher eine Hypertonie im Kindesalter als seltene Erkrankung, von der am ehesten Kinder mit angeborenen Erkrankungen der Nieren, des Herzens und der Blutgefäße betroffen waren. Auch habe es seltenere Fälle gegeben, bei denen die Ursache Störungen des Hormonhaushalts oder eine familiären Belastung waren.
Drohende Organschäden durch zu hohen Blutdruck
Seit einiger Zeit wird laut Dr. Lange-Sperandio jedoch auch bei Kindern, die nicht unter den genannten organischen Erkrankungen leiden, immer öfter ein erhöhter Blutdruck diagnostiziert. „Die Erklärung liefert dann die Waage: Die meisten dieser Kinder sind zu dick“, berichtet die Expertin. Durch Studien sei belegt, dass die Höhe des Blutdrucks in Kindheit und Jugend die Entwicklung von Bluthochdruck im Erwachsenenalter maßgeblich beeinflusst, so die Mitteilung der Stiftung Kindergesundheit weiter. Und bei längerem Bestehen könne die Hypertonie Gefäße und Organe des Kindes schädigen. Unbehandelt drohen schon im jungen Erwachsenenalter Erkrankungen von Herz und Nieren oder gar ein Schlaganfall.
Nur selten zeigen sich frühzeitig Symptome
Die frühzeitige Feststellung eines vorliegenden Bluthochdrucks bei Kindern gestaltet sich laut Angaben der Stiftung oft schwierig, da der hohe Blutdruck im Anfangsstadium kaum Beschwerden verursacht und besonders im Kindesalter die Symptome manchmal völlig fehlen. „Die Hypertonie tut nicht weh. Das Kind fühlt sich nicht krank und macht auch keinen kranken Eindruck“, so Dr. Lange-Sperandio. Daher bleibe selbst ein massiv erhöhter Blutdruck bei Kindern häufig über lange Zeit unbemerkt. Der Expertin zufolge sind „nur selten“ Symptome wie „Kopfschmerzen, Schwindel, Nasenbluten, Ohrgeräusche (Tinnitus), schnelle Ermüdbarkeit oder Schlafstörungen“ als mögliche Hinweise zu erkennen.
Regelmäßige Kontrollen des Blutdrucks gefordert
Um Bluthochdruck bei Kindern frühzeitig festzustellen, empfiehlt die „European Society of Hypertension“ (ESH), dass Kinderärzte und Hausärzte den Blutdruck ab dem 3. Lebensjahr bei allen Kindern und Jugendlichen regelmäßig kontrollieren sollten, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Bei besonders gefährdeten Kindern müsse der Blutdruck noch häufiger gemessen werden. Als gefährdet seien „Kinder mit Übergewicht, Kinder mit einem erhöhten Blutfettspiegel, Kinder, in deren Familie hoher Blutdruck gehäuft vorkommt, sowie Kinder, deren Eltern schon vor dem 60. Lebensjahr einen Herzinfarkt oder vor dem 70. Lebensjahr einen Hirnschlag erlitten haben“, zu bewerten.
Messung des Blutdruck bei Kleinkindern oft schwierig
Meist wird der Blutdruck mit einer aufblasbaren Gummimanschette am Oberarm gemessen (bei kleineren Kindern auch am Unterschenkel), doch lasse sich der richtige Blutdruck bei Kindern wesentlich schwieriger ermitteln als bei Erwachsenen, erläutert Dr. Lange-Sperandio: Umfang und Länge der Oberarme seien bei Kindern unterschiedlich und der Kinder- und Jugendarzt müsse verschieden breite Druckmanschetten benutzen.Auch hat Stimmungslage des Kindes Einfluss auf das Messergebnis. Bei unruhigen und schreienden Kindern würden die Messwerte oft zu hoch ausfallen, berichtet die Expertin. Hier brauche der Arzt viel Geduld und meistens auch die Hilfe der Mutter. Bei einem verdächtigen Befund müsse die Messung mehrere Male wiederholt werden.
Behandlung des Bluthochdrucks
Wird ein zu hoher Blutdruck festgestellt, stehen laut Angaben der Stiftung Kindergesundheit Maßnahmen zur Veränderung des Lebensstils, vor allem eine Verringerung des Übergewichts, an erster Stelle. Hierbei sei die wichtigste Empfehlung eine Umstellung der Ernährung auf mehr Brot, Getreide und Getreideflocken, Kartoffeln, Reis, Gemüse und Obst, eher mäßige Mengen an Milch und Milchprodukten, Fleisch und Wurst, Fisch und Eiern sowie einen sparsamen Konsum von Ölen, Fetten und Salz. Getränke mit hohem Zuckergehalt, wie Limonaden und Colagetränke, Energy-Drinks, aber auch unverdünnte Fruchtsäfte gelte es zu meiden und Leitungswasser zu bevorzugen.
Ausreichend Bewegung besonders wichtig
Des Weiteren ist die Verbesserung der körperlichen und seelischen Kondition der Kinder und Jugendlichen durch intensive, tägliche Bewegung von mindestens 60 Minuten am Tag besonders wichtig, betont Dr. Lange-Sperandio. Den aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge seien in Deutschland heute nur noch 27,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen drei und 17 Jahren täglich mindestens 60 Minuten körperlich aktiv. Durch den Bewegungsmangel steige das Risiko für Fettsucht und Bluthochdruck. Den Zusammenhang zwischen zu wenig körperlicher Aktivität und erhöhten Blutdruckwerten habe eine Studie spanischer Forscher im Rahmen der EU-Studie IDEFICS gezeigt. Demnach erlitten Kinder, die sich weniger als 60 Minuten am Tag bewegt hatten, zu 53 Prozent häufiger einen erhöhten Blutdruck.
Die Behandlung des Bluthochdrucks kann mit einer Reihe an Medikamenten erfolgen, die laut Angaben der Stiftung Kindergesundheit prinzipiell auch bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt werden können. Die meisten Medikamente gegen Hochdruck seien gut verträglich und bei Kindern und Jugendlichen ebenso effektiv wie bei den Erwachsenen. Wichtig sei allerdings die Zuverlässigkeit bei der Einnahme, an der es häufig hapere.
Mediennutzung ein Risikofaktor
Eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung von Übergewicht und dem damit erhöhten Bluthochdruck-Risiko spielt laut Aussage der Experten häufig die intensive Nutzung von Bildschirmmedien und des Internets. Sie habe nachweisliche Auswirkungen auf das Körpergewicht der Kinder, wird Professor Dr. Wolfgang Ahrens vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie Bremen von der Stiftung Kindergesundheit zitiert. Die von seinem Institut koordinierte IDEFICS-Studie habe an über 11.000 Kindern in acht europäischen Ländern die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Lebensstil und sozialen Determinanten und der Entwicklung von Übergewicht bei zwei- bis neunjährigen Kindern untersucht.
Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass mit jeder zusätzlichen Stunde, die ein Kind am Tag vor dem Fernseher verbringt, die Wahrscheinlichkeit, zur Gruppe mit Übergewicht zu gehören, um 22 Prozent steigt. Das Risiko sei um 33 Prozent erhöht, wenn ein Fernsehgerät im Kinderzimmer steht. Der Einfluss von Smartphones auf die Entwicklung von Übergewicht und Blutdruck falle vergleichbar negativ aus. In einer Studie von US-Forschern habe sich gezeigt, dass ein intensiver Internetkonsum (heavy Internet use; definiert als eine Nutzung von mehr als zwei Stunden am Tag) mit einem drastisch erhöhten Risiko für Bluthochdruck und Übergewicht einherging. Die Mediennutzung der Kinder hat demnach wesentlichen Einfluss auf das Risiko für Übergewicht und Bluthochdruck. (fp)
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Wichtiger Hinweis:
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