Forscher: Lebenserwartung und Lebensstil beeinflussen das Krebsrisiko
28.03.2012
Die Zahl der Krebserkrankungen wird in den kommenden Jahrzehnten voraussichtlich deutlich zunehmen. Als wesentliche Ursachen hierfür benennt der Krebsforscher Dr. Graham Colditz von der Washington University in St. Louis den ungesunden Lebensstil und die steigende Lebenserwartung.
Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der Krebspatienten weltweit voraussichtlich verdoppeln, so die Einschätzung von Dr. Colditz. Neben der steigenden Lebenserwartung spielen hierbei vor allem Faktoren wie das Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel eine entscheidende Rolle, erläuterte der Experte. So biete ein gesunder Lebensstil die besten Voraussetzungen um das persönliche Krebsrisiko zu minimieren. Doch viel Menschen nutzen diese Möglichkeiten zur Krebsvorbeugung nicht, mahnen Dr. Colditz und Kollegen in einem aktuellen Beitrag im Fachmagazin „Nature Translational Medicine“
Tabakkonsum Hauptursache für Krebs
Während früher nur wenige Menschen an Krebs erkrankte, weil die Mehrheit einfach nicht alt genug wurde beziehungsweise an Krankheiten wie Pest oder Pocken verstarb, führe die verbesserte medizinische Versorgung und die entsprechend höhere Lebenserwartung seit rund 60 Jahren zu einem deutlichen Anstieg der Krebserkrankungen. Allerdings spielt hierbei laut Aussage von Graham Colditz auch der ungesunde Lebenswandel eine nicht zu unterschätzende Rolle. Setzt sich der Trend fort, werde sich „die Zahl der Krebsdiagnosen bis zum Jahr 2050 verdoppeln“, schreiben die Wissenschaftler von der Washington University. Die „Hauptursache“ für den Anstieg der Krebserkrankungen „ist der Tabakkonsum“, betonte Dr. Colditz und untermauerte seine Aussage anhand des Beispiels der US-Staaten Utah und Kentucky. Während in Utah im Jahr 2009 lediglich 9,8 Prozent der Bevölkerung rauchten, lag der Anteil der Raucher in Kentucky bei mehr als 25 Prozent, erklärte Colditz. Dieser Unterschied spiegelt sich auch im US-Krebsregister wieder, wo für Kentucky die Anzahl der Todesfälle durch Lungenkrebs mit 97,7 je 100.000 Einwohner angegeben wird, die Anzahl für Utah hingegen mit lediglich 24,7 je 100.000 Einwohner, so Colditz weiter. Da die Todesrate durch Lungenkrebs in Utah rund 73 Prozent niedriger liege, „schätzen wir, dass sich 75 Prozent der Lungenkrebsfälle in den USA verhindern ließen, wenn Rauchen nicht erlaubt wäre“, erklärte der US-Forscher. Insgesamt sei der Tabakkonsum für rund ein Drittel aller Krebsfälle in den USA verantwortlich.
Übergewicht und Bewegungsmangel als Krebsrisikofaktoren
Als weiteren bedeutenden Krebsrisikofaktor benannten die US-Forscher Übergewicht und Adipositas, welche nach ihrer Einschätzung 20 Prozent der Krebsfälle in den USA bedingen. Von diesen Krebserkrankungen ließe sich durch einen Abbau des Übergewichts vermutlich die Hälfte vermeiden, so die Einschätzung der Krebsforscher von der Washington University. Bewegungsmangel ist laut Aussage von Graham Colditz und Kollegen für rund fünf Prozent der Krebsfälle in den USA verantwortlich, wobei 85 Prozent hiervon durch regelmäßige körperliche Aktivitäten vermieden werden könnten. Viren sind nach heutigem Kenntnisstand ebenfalls Ursache bei rund fünf Prozent der Krebsfälle, allerdings ließen diese sich zu 100 Prozent vermeiden, schreiben die Wissenschaftler. Alkoholkonsum bedingt rund drei Prozent der Krebsfälle und übermäßiges Sonnenbaden beziehungsweise ionisierende Strahlung rund zwei Prozent der Krebserkrankungen, so Graham und Kollegen weiter.
Krebsprävention sollte schon im Jungendalter beginnen
Als eines der Haupthindernisse im Kampf gegen Krebs beschreiben die US-Wissenschaftler den späten Beginn mit den Vorbeugemaßnahmen. Lange sei bekannt, „dass eine Änderung des Lebensstils möglich ist und dass solche Änderungen das Krebsrisiko verringern. Aber die Grundfrage ist, ob wir früh genug im Leben eingreifen“, betonte Dr. Colditz. So werde der Grundstein für verschiedene Krebserkrankungen bereits früh im Leben gelegt, wobei die Prävention eigentlich schon vorher ansetzen müsse. Die Basis für Bauchspeicheldrüsenkrebs entstehe oft im Zeitraum zwischen 13 und 28 Jahren, das Brustkrebsrisiko könne durch Sport vor dem Auftreten der ersten Regelblutung bis zu den Wechseljahren um mehr als 25 Prozent reduziert werden und Alkohol in der Jugendphase verursache ein erhöhtes Risiko für Brustkrebsvorstufen, so die Beispiel der Krebsforscher, anhand derer die Notwendigkeit frühzeitiger Präventionsmaßnahmen veranschaulicht werden soll. Die genannten Krebserkrankungen zeigen, dass sich die Maßnahmen der Krebsprävention explizit auch an die jüngeren Menschen wenden sollten, um einen langfristige Reduzierung des Krebsrisikos zu erreichen, so Dr. Colditz und Kollegen weiter.
Moralische Verpflichtung jetzt zu handeln
Allerdings müssten auch die Forscher ihren Streit um Detailfragen bei Seite schieben und gemeinsam die Krebsprävention verbessern, um den erwarteten Anstieg der Krebserkrankungen doch noch zu vermeiden, erklärte Dr. Colditz. „Wir haben eine moralische Verpflichtung, jetzt zu handeln, um die spätere Bürde zu verringern“, so sein Aufruf an die Kollegen. Der Krebsforscher verwies jedoch auch auf die Probleme mit dem Widerstand bestimmter Lobby-Verbände, wie beispielsweise der Tabakindustrie, die sich mit allen Kräften gegen Einschränkungen ihres Geschäftsmodells wehren. Hier müsse die Politik – wie dies in zahlreichen Ländern beim Tabakrauchen bereits geschehen ist – mit Vorschriften und Gesetzen härter durchgreifen, um eine Reduzierung des Krebsrisikos zu erreichen, erklärten die US-Forscher. (fp)
Lesen Sie zum Thema:
Bluttest soll Lebenserwartung ermitteln
Studie: Geburtsmonat beeinflusst Lebenserwartung
Krebstodesfälle in Europa gehen leicht zurück
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.