Kein Erbrechen auslösen bei Vergiftungen von Kindern
17.10.2011
Versehentliche Vergiftungen von Kleinkindern im Haushalt sind keine Seltenheit. Durch die Einnahme ätzender oder giftiger Substanzen wie Rohrreiniger, Grillanzünder, Spül- oder Waschmittel erleiden zahlreiche Kinder jedes Jahr eine schwere Vergiftung. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt daher in seiner nun auch auf türkisch veröffentlichten Broschüre „Risiko Vergiftungsunfälle bei Kindern“ wichtige Hilfestellungen, um derartige Vergiftungen zu vermeiden und im Ernstfall richtig zu reagieren.
Immer wieder ziehen sich Kleinkinder schwere Vergiftungen durch Spülmittel, Abflussreiniger, Grillanzündern oder ähnliche Flüssigkeiten zu. Wie das Bundesinstitut für Risikobewertung in seiner Broschüre „Risiko Vergiftungsunfälle bei Kindern“ warnt, dürfen die betroffenen Kinder jedoch keinesfalls einfach zum Erbrechen gebracht werden, um das Gift wieder schnellstmöglich aus dem Organismus zu entfernen. Unter Umständen drohen bei derartigen Sofortmaßnahmen „schwere gesundheitliche Folgen“, so die Aussage des BfR.
Dem Bundesinstitut für Risikobewertung zufolge müssen Vergiftungsunfälle bei Kindern in jedem Fall „fachgerecht eingeschätzt und abhängig von der Dosis individuell behandelt werden.“ Zwar ist schnelles Handeln bei einer Vergiftung des Kindes dringend erforderlich, doch auf Eingriffe wie das Auslösen des Brechreizes ist laut Aussage der Experten dringend zu verzichten. Hat ein Kind versehentlich ätzende oder giftige Substanzen zu sich genommen, sollten den Betroffenen die Reste umgehend aus dem Mund entfernt werden, so die Darstellung in der BfR-Broschüre. Außerdem ist der Rettungsdienst (Notruf 112) zu alarmieren und die Kinder sollten zum Beispiel im Fall einer Vergiftung durch Abflussreiniger schnellstmöglich Tee, Wasser oder Saft trinken, erläutern die Experten des BfR.
Broschüre zum Risiko von Vergiftungsunfällen bei Kindern
Nachdem beim Bundesinstitut für Risikobewertung letztes Jahr eine besonders schwere Verätzung eines knapp drei Jahre alten türkischen Mädchens gemeldet wurde, dass versehentlich „aus der Türkei importiertes salpetersäurehaltiges Reinigungsmittel getrunken hatte“, entschloss sich das BfR seine Broschüre „Risiko Vergiftungsunfälle bei Kindern“ auch ins türkische übersetzen zu lassen. Diese Broschüre wurde nun in Zusammenarbeit mit dem Giftnotruf Berlin und der Bundesarbeitsgemeinschaft „Mehr Sicherheit für Kinder“ fertiggestellt und ist ab sofort beim BfR über die Pressestelle in Berlin, (Telefon: 030/184 12 48 77, Fax: 030/184 12 49 70, E-Mail: ) sowohl auf deutsch als auch auf türkisch erhältlich. Der Broschüre ist unter anderem zu entnehmen, was Eltern im Falle einer drohenden Vergiftung ihres Kindes als erstes zu tun haben, aber auch wie giftige Substanzen am besten aufbewahrt werden sollten, damit sie gar nicht erst in die Hände der Kinder geraten.
Darüber hinaus sind auch die Telefonnummern der deutschen Giftinformationszentren und weitere Notfallrufnummern sowie „Merkblätter für den Umgang mit Vergiftungen bei Kindern“ enthalten. So hat die unglückliche Vergiftung des kleinen türkischen Mädchens auf traurige Weise eine weitreichende Wirkung erzielt. Denn sie ist nicht nur der Anlass für die Übersetzung der BfR-Broschüre gewesen, sondern hat laut BfR auch dazu geführt, dass das Bundesinstitut gemeinsam mit „dem Umweltbundesamt (UBA) und den zuständigen Ministerien ein EU-weites Verbot für Salpetersäure in Verbraucherprodukten“ durchgesetzt hat.
Zahlreiche Vergiftungen wären vermeidbar
In der Broschüre des BfR werden verschiedenste Formen von Vergiftungen wie zum Beispiel durch chemischen Produkte, Spielzeuge, Medikamente, Pflanze und Pilze berücksichtigt. Wobei den BfR-Experten zufolge der überwiegende Teil der Vergiftungsunfälle in Deutschland vermeidbar wäre, „vorausgesetzt Eltern, andere Verwandte, Tagesmütter, Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer sind über die Risiken angemessen informiert.“ Sollte dennoch eine Vergiftung eintreten, „muss das auslösende Produkt sichergestellt werden“, da die Angaben auf der Verpackung den Rettungskräften wertvolle Hinweise zur Behandlung geben können, so das BfR weiter. Bei Pflanzen und Pilzen kann den Experten zufolge unter Umständen auch ein Foto hilfreich für die Rettungskräfte sein. Unüberlegte Hilfsmaßnahmen wie das anfangs erwähnte Auslösen des Brechreizes bei den betroffenen Kindern oder die Verabreichung von Milch als vermeintliches Gegenmittel sind indes laut BfR dringend zu unterlassen. (fp)
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Bild: Rita Köhler / pixelio.de
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