Kommt die Verhütungspille für Männer?
Die Verhütungspille für die Frau zählt zu den beliebtesten Verhütungsmitteln. Seit der Erfindung des Kondoms wurde keine wirksame und weit verbreitete Form der Empfängnisverhütung für den Mann entwickelt, wodurch die Last der Verhütung weitgehend auf die Frau fällt. Ein schottisches Forschungsteam will dies nun ändern und entwickelt derzeit einen Wirkstoff, der die Beweglichkeit von Spermien blockieren soll.
Forschende der University of Dundee wollen die Pille für den Mann auf den Markt bringen. Sie testen derzeit Wirkstoffe, die die Bewegungsfähigkeit von Spermien soweit einschränken sollen, dass sie nicht mehr zur Eizelle gelangen können. Die derzeitigen Fortschritte wurden in dem Fachjournal „eLife“ präsentiert.
13.000 Medikamente getestet
Das Forschungsteam unter der Leitung von Professor Chris Barratt und Dr. Paul Andrews arbeitet daran, ein sicheres und wirksames Verhütungsmittel für den Mann zu finden. Dabei nutzen die Forschenden die weltweit größte Sammlung von zugelassenen und klinisch getesteten Medikamenten. Rund 13.000 Arzneien wurden auf den Effekt getestet, den die Wirkstoffe auf die Spermien haben. Ziel der Untersuchung war, die Entwicklung eines sicheren und wirksamen Verhütungsmittels für den Mann zu beschleunigen.
Ein vollautomatischer Spermien-Spezialist
Das Herzstück der Studie war ein bislang einzigartiges Roboter-Screening-System, dass die Wirkung der Medikamente auf die Spermien vollautomatisch testete. So konnte eine große Menge an Wirkstoffen in einer verhältnismäßig kurzen Zeit getestet werden. „Dies ist ein technologischer Durchbruch für diesen Bereich“, betont Reproduktionsmediziner Barratt. Das System ermögliche erstmalig, in großer Anzahl zu beurteilen, wie sich Wirkstoffe auf Spermien auswirken.
Ungleichheiten beseitigen
Derzeitige weit verbreitete Verhütungsmethoden mit Ausnahme des Kondoms müssen von der Frau durchgeführt werden. „Ein wirksames Verhütungsmittel für den Mann zu finden, wäre ein wichtiger Schritt zur Beseitigung dieser Ungleichheit“, so Barratt. Die Forschungen in diesem Bereich sind nur spärlich gesät. Laut dem Forschungsleiter liegt das unter anderem daran, dass es bislang keine effiziente Methode gab, um Wirkstoffe zu testen.
Tausendfache Beschleunigung
Das von den Dundee-Forschenden entwickelte Roboter-Screening-System für Sperma schließt diese Lücke. Die Bewegung der Spermien kann durch den Roboter präzise verfolgt werden. Auf diese Weise könne genau ermittelt werden, welcher Wirkstoff sich auf die Bewegungsfähigkeit der Spermien auswirkt. „Die herkömmliche Art und Weise, Medikamente auf ihre empfängnisverhütende Wirkung zu testen, ist unerschwinglich zeitaufwendig“, ergänzt Dr. Paul Andrews, Leiter des National Phenotypic Screening Centre (NPSC) in Dundee. „Dieses neue System beschleunigt den Prozess der Wirkstofffindung um das Tausendfache.“
Hohe Anzahl an ungewollten Schwangerschaften und Abtreibungen
Die Verhütung ist laut dem Forschungsteam ein kritischer Bereich für die Wissenschaft und für die öffentliche Gesundheit. Es gebe jedes Jahr rund 89 Millionen unbeabsichtigte Schwangerschaften sowie circa 48 Millionen Abtreibungen. Viele Frauen werden zu Lebensentscheidungen gezwungen, die Gesundheitsrisiken und erhöhte Gefahren der Verarmung mit sich bringen. Die Verhütungspille für den Mann könne eine kritische Lücke in der Auswahl und Verfügbarkeit an Verhütungsmethoden schließen. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Dundee: Stopping sperm in its tracks: latest progress in the hunt for a male contraceptive (veröffentlicht: 28.01.2020), dundee.ac.uk
- Paul D Andrews, Christopher LR Barratt, Franz S Gruber, u.a: A phenotypic screening platform utilising human spermatozoa identifies compounds with contraceptive activity, eLife, 2020, elifesciences.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.