Welche Zusammenhang besteht zwischen Infektionen und Krebserkrankungen?
Verschiedene Infektionen können auf später auftretende Krebserkrankungen hinweisen. Solche Infektionen treten teilweise bereits Jahre vor der eigentlichen Krebsdiagnose vermehrt auf. Das Verständnis des Zusammenhangs zwischen der Entstehung von Krebs und zuvor auftretenden Infektionen könnte in Zukunft vielleicht eine verbesserte Diagnose und Behandlung von Krebs ermöglichen.
Bei der aktuellen Untersuchung der Kyoto University in Japan wurde festgestellt, dass in den Jahren vor einer Krebsdiagnose häufiger Infektionen bei betroffenen Personen auftreten. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Cancer Immunology Research“ veröffentlicht.
Entwicklung von Tumoren nach Infektionen untersucht
Verschiedene Studien haben bereits auf eine Zunahme von Infektionen vor der Entwicklung von sogenannten nicht soliden Tumoren wie Lymphomen, chronischer lymphatischer Leukämie und Myelomen hingewiesen. Allerdings haben wenige Forschungsarbeiten Infektionen vor der Entwicklung solider Tumore untersucht.
In welchem Umfeld kann sich Krebs gut entwickeln?
Krebs kann sich in einem entzündlichen Umfeld entwickeln, welches durch Infektionen, Störungen der Immunität, Einwirkung chemischer Karzinogene oder chronische oder genetische Erkrankungen verursacht wird”, berichtet Studienautorin Shinako Inaida von der Kyoto University in einer Pressemitteilung.
Diagnose und Behandlung von Krebs verbessern
„Man geht davon aus, dass die Immunität eines Individuums ein Faktor bei der Entstehung von Krebs ist, aber es sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um den Zusammenhang zwischen präkanzeröser Immunität, Infektionen und Krebsentstehung zu verstehen”, fügte die Expertin hinzu. Solche Informationen können dazu beitragen, Krebs frühzeitig zu diagnostizieren oder gegebenenfalls sogar zu verhindern.
Über 50.000 Menschen nahmen an der Studie teil
Die aktuelle Studie versuchte die jährliche Infektionsrate bei Erwachsenen in Japan von 2005 bis 2012 zu ermitteln. An der Studie nahmen Personen im Alter von 30 Jahren und älter ohne festgestellte Immundefekte teil. Die Teilnehmenden umfassten eine Kontrollgruppe von 48.395 Personen sowie 2.354 Menschen, bei denen zwischen Juli 2010 und Juni 2011 bösartiger Krebs diagnostiziert wurde. Für jede der Gruppen wurden die jährlichen Prävalenzraten für Influenza-, Gastroenteritis-, Hepatitis- und Pneumonieinfektionen berechnet.
Sechs Jahren vor der Krebsdiagnose traten höhere Infektionsraten auf
Die Forschungsgruppe fand heraus, dass die Personen in der Krebsgruppe in den sechs Jahren vor ihrer Krebsdiagnose höhere Infektionsraten aufwiesen, als es bei Personen in der Kontrollgruppe im gleichen Zeitraum der Fall war.
Bestimmte Raten von Infektionen waren extrem erhöht
Die größten Unterschiede in den jährlichen Infektionsprävalenzraten traten im sechsten Jahr auf, also ein Jahr vor der eigentlichen Krebsdiagnose. In diesem Jahr waren die Infektionsprävalenzraten in der Fallgruppe für Influenza um 18 Prozent höher als bei der Kontrollgruppe. Die Raten für Gastroenteritis waren im Vergleich zur Kontrollgruppe um 46,1 Prozent, für Hepatitis um 232,1 Prozent und für Pneumonie um 135,9 Prozent erhöht, berichten die Forschenden.
Wahrscheinlichkeit für Infektionen nahm immer weiter zu
Bei Einzelpersonen in der Gruppe der Menschen mit Krebs stiegen die an das Alter angepassten Infektionsraten jedes Jahr weiter an. Während des ersten Jahres hatten die Personen in der Fallgruppe eine 16 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit einer Infektion als die Kontrollgruppe, verglichen mit einem 55 Prozent höheren Risiko im sechsten Jahr.
Wahrscheinlichkeit einer Hepatitis-Infektion erhöhte sich massiv
Im sechsten Jahr wurde das höchste an das Alter angepasste Wahrscheinlichkeitsverhältnis für eine Hepatitis-Infektion beobachtet, wobei die Wahrscheinlichkeit einer Hepatitis-Infektion in der Fallgruppe um 238 Prozent höher war als in der Kontrollgruppe, berichtet die Forschungsgruppe.
Bestimmte Infektionen waren stärker mit speziellen Krebsarten verbunden
Die Forschenden stellten außerdem fest, dass bestimmte Infektionen offenbar stärker mit bestimmten Krebsarten assoziiert waren. So war die Wahrscheinlichkeit einer Grippeinfektion kurz vor der Krebserkennung bei Personen am höchsten, die an männlichem Keimzellenkrebs erkrankten.
Infektion eines Organs erhöht nicht das Krebsrisiko für dieses Organ
Die Wahrscheinlichkeit einer Lungenentzündung war am höchsten bei Menschen, welche später Magenkrebs entwickelten. Das höchste Risiko für eine Hepatitis-Infektion hatten Personen, die hämatologische, Blut-, Knochen- oder Knochenmarkkrebserkrankungen entwickelten. „Interessanterweise stellten wir fest, dass eine Infektion, die ein bestimmtes Organ befällt, nicht unbedingt mit einem erhöhten Krebsrisiko im selben Organ korreliert”, erläutert Studienautorin Inaida.
Gab es Einschränkungen bei der aktuellen Untersuchung?
Eine Einschränkung der Studie war der Mangel an Informationen über Umweltbelastungen, Lebensweisen oder genetische und medizinische Grundbedingungen, welche neben der Entstehung von Krebs auch zu einer erhöhten Infektion beigetragen haben könnten. Eine weitere Einschränkung bestand darin, dass die Informationen über Infektionen ausschließlich auf den in der Datenbank erfassten Diagnosen beruhten. Die geringe Größe der Stichproben für seltene Krebsarten war eine weitere Einschränkung bei der aktuellen Studie. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Shinako Inaida, Shigeo Matsuno: Previous Infection Positively Correlates to the Tumor Incidence Rate of Patients with Cancer, in Cancer Immunology Research (Veröffentlicht 17.04.2020), Cancer Immunology Research
- Increased Rate of Infections May Indicate a Future Cancer Diagnosis, American Association for Cancer Research (Veröffentlicht 17.04.2020), American Association for Cancer Research
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.