Viel Chemie und krebserregende Stoffe in vorgeblicher Naturkosmetik
30.07.2011
Wer heutzutage vorgebliche Naturkosmetik kauft, der erhofft sich ein natürliches Produkt ohne chemische Zusätze. Doch anscheinend ist oft genau das Gegenteil der Fall. Wer als Naturprodukt deklarierte Kosmetikartikel kauft, bekommt kaum etwas Natürliches. Das ergab eine Untersuchung der Verbraucherorganisation „Öko-Test“. Deren Tester nahmen 34 sogenannte natürliche Kosmetikprodukte genauer unter die Lupe. Dabei stellte sich heraus, dass der Anteil der natürlichen Substanzen vielmals minimal ist und im Gegensatz dazu chemische Farbstoffe massiv eingesetzt werden.
Zahlreiche Kosmetik, die als „ökologisch und natürlich“ in der Werbung und auf der Verpackung beworben werden, entpuppen sich beim genaueren Hinsehen als „chemische Keulen“. In Wahrheit enthalten die „natürlichen Produkte“ kaum natürliche Inhaltsstoffe. Dafür wurden in einigen Shampoos, Duschgels und Cremes krebserregende Stoffe gefunden. Das berichtet das Verbrauchermagazin „Öko-Test“ in seiner neusten Ausgabe. Deren Experten prüften die Inhaltsstoffe von 34 als Naturkosmetik ausgegebenen Produkte.
Öko-Werbetricks der Hersteller
Vielmals steht auf den Cremes, Lotionen und Shampoos das Werbewirksame Wort „Natural“. Doch auch wenn auf den Verpackungen mit „duftenden Blüten und Blumen oder frisches Obst“ den Eindruck erweckt, als Inhaltsstoffe würden nur natürliche Substanzen verwendet, muss man doch mit einer Lupe nach den natürlichen Stoffen suchen, wie Fachleute des ökologischen Verbrauchermagazins berichten. „Aber wie ist dieser Etikettenschwindel überhaupt möglich?“, werden sich Konsumenten sofort fragen. Das liegt daran, dass Begriffe wie „natürlich“ oder „Natur“ rechtlich nicht geschützt sind. Und da sich das Bewusstsein der Menschen in den letzten 10 Jahren entscheidend verändert hat, greift die Kosmetikindustrie auf Öko-Werbetricks zurück, um Verbraucher zum Kauf zu animieren.
In den von Ökotest untersuchten Duschcremes, Lotionen, Haarfärbemitteln und Cremes waren laut Untersuchungsergebnisse zwischen 15 und 60 Prozent chemische und künstliche Stoffe enthalten, von denen einige sogar allergen und gesundheitsgefährdend wirken können. Zu mindestens sind zahlreiche Zutaten in der Fachwelt umstritten und werden als „gesundheitlich bedenklich“ geführt. Entdeckt wurden beispielsweise Konservierungsstoffe, krebserregendes Formaldehyd und zahlreiche chemische Substanzen, die in Naturkosmetik absolut nicht verarbeitet werden dürfen. Betroffen vom Werbeschwindel sind nach Angaben der Verbraucherschützer klassische Hersteller wie „Schwarzkopf & Henke“ und „Katja Garnier“, aber auch vorgeblich progressive Firmen wie „The Body Shop“ und „Yves Rocher“. Gerade bei zuletzt genannten besteht bei den Verbrauchern ein großes Vertrauen, dass anscheinend an einigen Stellen gebrochen wird.
Konservierungsstoffe und wenig natürliche Zutaten
Ein besonders schlechtes Abschneiden wirft Ökotest „Biotherm Multi Recharge Ginseng-Gesichtspflege“ vor. Von den 59 vom Hersteller angebenen Substanzen waren laut Tester 28 „rein chemisch“. Darunter fanden sich künstliche Farbstoffe, chemische UV-Filter und Fettstoffe auf Erdöl-Basis. Obwohl das Produkt die Bezeichnung der Naturheilpflanze „Ginseng“ führt, wird der Extrakt noch hinter dem chemischen Konservierungsstoff Chlorphenesin auf der Inhaltsstoffliste geführt. Dieser Stoff darf aber gesetzlich maximal einen Anteil von 0,3 Prozent der Gesamtmenge des Pflegeprodukts betragen. So wird deutlich, in welch geringer Dosis tatsächlich das Naturprodukt „Gesing“ enthalten ist. Denn die Zutatenliste muss absteigend je nach Inhaltsvolumen aufgelistet werden.
Ebenso fragwürdig ist das Palmolive Produkt „Palmolive Naturals Olive & Feuchtigkeitsmilch Cremedusche“. Auf der Packung wird angegeben, dass zu 100 Prozent mit Inhaltsstoffen „natürlichen Ursprungs“ gearbeitet wurde. Der versprochene Anteil des Oliven und Aloe-Vera-Extrakts war dennoch extrem gering. Beide natürlichen Stoffe stehen in der Zutatenliste noch hinter dem chemischen Stoff Sodium Salicylate. Dieser Konservierer darf laut deutscher Gesetzeslage nur 0,5 Prozent in kosmetischen Artikeln betragen. Demnach sind auch hier die natürlichen Stoffe nur stark minimiert enthalten. Die Caudalíe Pulpe Vitaminée Creme für Augen und Lippen enthielt sogenannte PEG Derivate die mit Hilfe eines umstrittenen Ausgangsstoffes hergestellt werden. Umstritten ist dieser Stoff deshalb, weil Verunreinigungen mit dem krebserregenden Dioxian entstehen können. Aus diesem Grund sind in echter Naturkosmetik PEG bzw. PEG Derivate nicht gestattet.
Viele Farb- und Duftstoffe in Duschcremes und Lotionen
In der Naturkosmetik dürfen keine künstlichen Farbstoffe eingesetzt werden. Obwohl die Produkthersteller zumeist von natürlichen Inhaltsstoffen sprechen, finden sich diese Stoffe in fast allen getesteten Kosmetikar. So wurden die Kunstduftstoffe in Kosmetik von Burt’s Bees, in L’Occitane Rose 4 Reines Body Milk oder den Duschgelen von Crabtree & Evelyn oder Bronnley gefunden. Die „Natural Soap“ von Nesti Dante verwendet künstliche Farbstoffe. Eben solche Kunstfarbstoffe in der Yves-Rocher Gesichtspflege enthalten wie in der Körperbutter von „The Body Shop“. Bereits im letzten Jahr testeten die Experten von Ökotest Duschgels auf Inhaltsstoffe. Damals enthielten fast alle Spuren des krebserregenden Stoffes "Dioxan". Obwohl die Hersteller koventioneller Duschgels immer wieder beteuerten perspektivisch andere Tenside einsetzen zu wollen, hat sich daran anscheinend nicht viel geändert, wie die Testergebnisse zeigten. Statt dessen wird auch noch behauptet, dass die Produkte "natürlichen Ursprungs" seien.
Auf „kontrollierte Naturkosmetik“ achten
Verbraucher sollten sich demnach nicht von den Werbeversprechen der Hersteller täuschen lassen, rät das Verbrauchermagazin Ökotest. Denn selbst wenn „Natur“, „Nature“ oder „Natural“ drauf steht, heißt es noch lange nicht, dass chemische Stoffe die zum Teil gesundheitlich bedenklich sind, ausgespart werden. Ganz im Gegenteil, die natürlichen Stoffe sind oft nur in minimalen Anteilen enthalten, obwohl der Produktname etwas anderes suggeriert. Wer hingegen echte Naturkosmetik erwerben möchte, sollte auf das Siegel „kontrollierte Naturkosmetik“ achten. Die Naturkosmetik wird nicht nur in Reformhäusern vertrieben, sondern mittlerweile auch in Drogerieketten.Positive Beispiele sind die Produkte von „Ecocert“ und „Natrue“. Diese sind zu einhundert Prozent Naturkosmetik und zudem oftmals sogar günstiger als die teuren Markenprodukte. (sb)
Lesen Sie auch:
Öko-Test: Eistee enthält viel Zucker und Aromen
Ökotest: Diätprodukte sind keine Wundermittel
Ökotest: Bestnoten für Naturarzneimittel
Pflanzliche Arzneimittel lindern Harndrang
Frauen greifen häufig zu pflanzlichen Arzneien
Sonnencreme schützt nicht vor Hautkrebs
Ab heute neues Bio-Siegel
Bild: Heike / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.