Fettleibige Menschen werden in Deutschland übermäßig stigmatisiert und ausgegrenzt. Übergewicht gilt als Krankmacher. Neue Studien belegen aber, dass das so nicht stimmt. Besonders der Body-Mass-Index, also das Körpergewicht im Verhältnis zur Größe sagt über gesund oder ungesund nichts aus.
Extremes Übergewicht führt hingegen zu vielfachen Beschwerden: Probleme mit dem Kreislauf, Gelenkverschleiss, Bewegungsmangel und auf Dauer Erkrankungen von Leber wie Herz sind einige Folgen.
Vielerlei Fett
Wir besitzen Unterhautfett, Organfett, Speicherfett, Muskelfett, Bauchfett. Manches Körperfett ist lebensnotwenig, manches davon bedenklich. So zum Beispiel das Fett am Bauch: Wenn es tief im Bauch sitzt, wird es als viszerales Fett bezeichnet, begünstigt Gefäßverkalkungen, Infektionen und Bluthochdruck.
Braune und weiße Fettzellen
Nicht die Menge des Fettes allein ist das Problem, wesentlich ist auch, wie sich das Fett im Körper verteilt.
Beim so genannten Normalgewicht bestehen circa 12 % des Körpergewichts von Erwachsenen aus Fettzellen, bei Babys liegt der Anteil wesentlich höher. Außerdem haben sie mehr braune als weiße Fettzellen, denn die braunen helfen, die Temperatur zu regulieren.
Fett ist notwendig
Erwachsene haben indessen mehr weiße als braune Fettzellen. Diese speichern Energie in Fettpolstern. In der Evolution war dies äußerst sinnvoll: Auch Tiere legen Fettspeicher an, um die mageren Zeiten zu überstehen; mit dem im Sommer angefressenen Fett überleben Bären oder Igel den Winterschlaf.
Die Fettdepots versorgen uns aber nicht nur mit Energie in Hungerzeiten; sie bilden auch Hormone, sie neutralisieren Gifte und speichern Vitamine.
Fett als Druckpolster
Das Isolierfett in der Unterhaut federt Verletzungen ab und speichert Wärme. Es dient sogar als “Einliegesohle”, nämlich unter der Ferse. Nur mit diesem Polster können wir gehen.
Auch am Hintern wirkt es wie ein Kissen. Ohne Fett würde der Augapfel verhärten und unsere inneren Organe wären Viren, Bakterien und Verletzungen schutzlos ausgesetzt.
Fett und Nerven
Ohne Fett könnten unsere Zellen sich nicht verständigen, denn ihre Membranen bestehen wesentlich aus Fettsäuren.Diese sorgen für den Stoffwechsel, transportieren Hormone und Enzyme und “schmieren” die Nervenbahnen.
Fett und Fruchtbarkeit
Je weniger Fett eine Frau im Körper hat, umso weniger fruchtbar ist sie. Sind kaum Fettreserven vorhanden, setzt der Eisprung aus – eine Notwendigkeit der Evolution. Denn ohne Fette kann der Mutterkörper den Embryo nicht ernähren.
Viel Fett, wenig Bewegung
In Jäger-Sammler-Gesellschaften und auch in den Hungerernten der vorindustriellen Landwirtschaft konnten sich entweder nur wenig Fettpolster bilden, oder die als Fett gespeicherte Energie war schnell aufgebraucht.
Computer-Potatoes im Steinzeitkörper
In den modernen Gesellschaften ist diese evolutionäre Anpassung indessen vielen lästig, und manchmal wird sie zum Problem. Die Arbeit am Computer verschlingt ein Minimum der Energie, die Jäger und Sammler der Steinzeit oder Bauern des 19. Jahrhunderts im Alltag verbrauchten.
Überschüssiges Fett
Wir führen uns also ständig mehr als genug Fette, Kohlenhydrate und Proteine zu, ohne diese Energie umzusetzen. Der Körper reagiert wie gehabt: Er speichert das Fett zuerst unter der Haut. Sind die dortigen Depots jedoch voll, dann bringt der Organismus das Fett anderweitig unter: Überschüssiges Fett sammelt sich in Leber, Herz, Muskeln oder Bauchspeicheldrüse. Wie und ob der Körper das Fett in den Organen sammelt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Fett-Outsourcing durch Rauchen
Rauchen und Alter fördern ausgelagertes Fett, während Östrogen die Fettbildung unter der Haut stützt. Deshalb haben Frauen Fettpolster eher am Hintern und den Oberschenkeln, Männer aber im “Bierbauch”.
Apfel- und Birnenbäuche
Aber Vorsicht: Der “Apfelbauch”, also die an eine Schwangere erinnernde Rundung von Männern ab dem mittleren Alter kann sowohl an ausgelagerten wie an Unterhautfett liegen.
Die “Birnenfigur” hingegen, also ein schlanker Oberkörper und ein fettreiches Gesäß mit strammen Oberschenkeln jedoch besteht nur aus Unterhautfett.
Tailenumfang zeigt ausgelagertes Fett
Ausgelagertes Fett zeigt sich also nicht an einem Body Mass Index, sondern am Taillenumfang.
Gesundheitsbeschwerden
Übersteigt dieser Taillenumfang bei Männern 94 und bei Frauen 80 Zentimeter, ist er über dem Durchschnitt, und ab 102 Zentimetern bei Männern und 88 Zentimetern bei Frauen steigt das Risiko, Diabetes, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Leberkrankheiten zu entwickeln, ebenso wie das Risiko der Sterblichkeit.
Fettinseln auch bei Normalgewicht
Das ausgelagerte Fett muss nichts mit extremem Übergewicht zu tun haben, ja nicht einmal überhaupt mit Übergewicht. Auch Menschen mit normalem Gewicht lagern bisweilen aufgrund einer genetischen Anlage übermäßig Fett an Stellen des Körpers an, wo es nichts zu suchen hat.
Training hilft
Im Unterschied zu den oft hoffnungslosen Versuchen, den Body Mass Index durch wechselnde Diäten oder Extremsport nach unten zu drücken, ist Training gegen ausgelagerte Fette nachgewiesen erfolgreich.
Wie werden Sie die Fettpolster los?
Wer unter, so der Fachbegriff, ektopem, Fett leidet, muss nicht vom Bauchfett zum Sixpack hungern. Regelmäßiger Sport, der Verzicht auf Alkohol und Nikotin und eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse wirken sich zuerst auf die “überflüssigen” Fette aus.
Hilfe zur Selbsthilfe
Das Unterhautfett ist für den Körper die “eiserne Reserve”, und es dauert, bis er von diesem zehrt. Die ausgelagerten Fette verbrennen jedoch zuvor. Bewegung und gesundes Essen stärken außerdem die körpereigene Abwehr und helfen so dem Körper zur Selbsthilfe, denn das Immunsystem kann Fettpolster reduzieren , wenn es funktioniert. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.