Fehler bei der Behandlung mit Medikamenten besonders häufig
01.04.2015
Die medikamentöse Behandlung ist der fehleranfälligste Teil der medizinischen Versorgung und nicht selten haben die Patienten bei einem Medikationsfehler mit lebensbedrohlichen Folgen zu kämpfen. Das Universitätsklinikum Frankfurt hat daher ein Konzept zur systematischen Vermeidung von Fehlern bei der Medikation entwickelt, mit dem die Arzneimittelsicherheit an dieser Stelle deutlich erhöht werden soll.
Die Einnahme falscher Arzneimittel und Fehler bei der Dosierung sind laut Mitteilung des Universitätsklinikums Frankfurt im medizinischen Alltag relativ häufig festzustellen und bilden eine ernsthafte Gefahr für die Patienten. „Nationale und internationale Studien kommen zu dem Ergebnis, dass rund 80 Prozent aller Behandlungsirrtümer in Krankenhäusern bei der Medikation passieren – mit teils lebensbedrohlichen Folgen“, so die Mitteilung des Universitätsklinikums. Mit dem neu entwickelten, wegweisenden Konzept zur Optimierung der Arzneimittelsicherheit könne die Patientensicherheit künftig deutlich verbessert werden, berichtet Professor Jürgen Schölmerich, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums. Das Konzept sei auch auf anderen Kliniken übertragbar.
Medikation fehleranfälligster Teil der medizinischen Versorgung
Das Problem der Medikationsfehler ist in der Fachwelt seit langem als potentielle Schwachstelle der therapeutischen Versorgung bekannt. Mit Förderung durch das Bundesministerium für Gesundheit hat daher zum Beispiel das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Ende vergangenen Jahres ein Forschungsprojekt gestartet, bei dem für jeweils ein Jahr in den Universitätskliniken Bonn, Fürth und Ulm „sämtliche Notfalleinweisungen von Patientinnen und Patienten daraufhin untersucht (werden), ob sie durch Fehler bei der Verschreibung oder Anwendung von Arzneimitteln verursacht wurden.“ Auf diese Weise wollen die Forscherinnen und Forscher am BfArM neue Erkenntnisse über das Ausmaß und die Gründe der Medikationsfehler gewinnen, nicht zuletzt, um verbesserte Strategien für deren Vermeidung entwickeln zu können.
500.000 Notfälle jährlich wegen falscher Medikamente
Bisher liegen laut Angaben des BfArM zur Häufigkeit und den konkreten Ursachen von Medikationsfehlern in der ambulanten und stationären Krankenversorgung in Deutschland nur wenige Daten vor. Schätzungen würden davon ausgehen, dass deutschlandweit rund 500.000 Krankenhausnotaufnahmen pro Jahr durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen infolge vermeidbarer Medikationsfehler verursacht werden. Um hier „belastbare repräsentative und häufigkeitsbezogene Daten aus der Praxis“ zu gewinnen, analysiert das Forscherteam um Prof. Dr. Julia Stingl, Vizepräsidentin des BfArM, über den Zeitraum von einem Jahr die Ursachen der Notfalleinweisungen an den drei genannten Kliniken. So soll die Bedeutung von Medikationsfehlern im Kontext der praktischen Anwendung von Arzneimitteln besser einschätzbar werden.
Patienten können selbst zur Verbesserung der Sicherheit beitragen
Am Universitätsklinikum Frankfurt wurde die Arbeitsgruppe zur Verbesserung der Arzneitherapiesicherheit bereits im Jahr 2013 ins Leben gerufen. Die bisher entwickelten Lösungskonzepte umfassen Sicherungsvorkehrungen beim Arzneimitteleinkauf, bei der Verordnung und bei der Verabreichung der Medikamente, so die Mitteilung des Universitätsklinikums. Zuletzt wurde im März 2015 eine Patienteninformation zur Sicherheit der Arzneimitteltherapie veröffentlicht. Mit der Broschüre sollten die Patienten darauf aufmerksam gemacht werden, „dass sie selbst einiges zur Sicherheit ihrer Medikamententherapie beitragen können“, erklärt Prof. Sebastian Harder, klinischer Pharmakologe und Vorsitzender der Arzneimittelkommission am Universitätsklinikum Frankfurt. Anhand bereitgestellter umfassender Checklisten für die Patienten, können diese zu Beispiel ihr Verhalten kontrollieren und Fehler vermeiden. Zudem enthält die Broschüre vielfältige Tipps zur Vorbeugung von Irrtümern bei der Medikation. Dies beginne mit kleinen Schritten, indem beispielsweise die korrekte Schreibung des eigenen Namens überprüft werde, um mögliche Verwechslungen zu verhindern, so das Universitätsklinikum weiter.
Methodische Erfassung der Behandlungsfehler
Für die erfolgreiche Vermeidung von Irrtümer ist laut Angaben des Universitätsklinikums Frankfurt zunächst „eine methodische Erfassung bereits aufgetretener Fehler erforderlich.“ In dem System sollten dabei auch Beinahe-Fehler registriert werden. Hierfür führt das Universitätsklinikum aktuell ein Critical Incident Reporting System (CIRS) ein, dass den Beschäftigten des Klinikums die anonymisierte Meldung von kritischen Ereignissen und Beinahe-Schäden ermöglicht. Ein solches System sei vor allem deshalb wesentlich, weil der größte Anteil der versehentlichen Handlungen zwar folgenlos bleibt, aber für künftige Fälle doch wesentlich sein könnte. Die Anonymität solle sicherstellen, dass die Nutzer des Systems keine negativen Konsequenzen zu befürchten haben und so die Akzeptanz des CIRS erhöhen.
Verwechslungsgefahr durch ähnliche Verpackungen und Namen
Um Medikationsfehler im klinischen Alltag zu vermeiden, hat die Arbeitsgruppe Medikationssicherheit am Universitätsklinikum Frankfurt auch eine „Checkliste zur Arzneitherapiesicherheit im Krankenhaus“ erarbeitet. Da zum Beispiel ähnlich aussehenden und klingenden Medikamenten leicht zu Verwechslungen führen können, wurde laut Mitteilung des Universitätsklinikums mit den Herstellern daran gearbeitet, die Verwechslungsgefahr der Arzneimittel zu minimieren. „Wir arbeiten im Rahmen des Konzepts zur Arzneimitteltherapiesicherheit mit den Herstellern der Medikamente daran, dass Verpackungen und Schreibweisen von Arzneimitteln sich deutlich unterscheiden“, berichtet Dr. Nils Keiner, Leiter der Klinikumsapotheke. Auf diesem Wege seien bereits „umfangreiche Verbesserungen hin zu einer ganz eindeutigen Unterscheidbarkeit“ erzielt worden.
Elektronisches Systems zur Kontrolle der Arzneimittelverordnung
Zur Vermeidung von Fehlern bei der Verschreibung und Darreichung, plant das Universitätsklinikum Frankfurt zudem die Einführung eines neuen elektronischen Systems für die Verordnung von Medikamenten. Dies solle Teil der elektronischen Patientenakte werden und jedes neu verordnete Medikament könne so mit den vorliegenden Informationen zum Gesundheitszustand und anderen Medikamenten des Patienten abgeglichen werden. Bei potentiellen Fehlern, gibt das System Alarm. Kritische Wechselwirkungen der verordneten Arzneien untereinander und mögliche Kontraindikationen werden auf diese Weise automatisch festgestellt. „Weitere sinnvolle Schritte folgen und die eingeführten Maßnahmen werden regelmäßig überprüft, damit wir unseren Patienten ein Höchstmaß an Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie garantieren können“, so Professor Schölmerich. (fp)
>Bildnachweis: Andrea Damm / pixelio.de
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