Die Schwangerschaft einer 65-jährigen Berlinerin hatte in den vergangenen Monaten für viel Aufregung gesorgt. Nun hat die Lehrerin ihre Vierlinge zur Welt gebracht. Die Überlebenschancen der Babys sollen nicht schlecht stehen, doch Ärzte meinen: „Die vier Kinder werden nicht alle gesund nach Hause gehen.“
Vierlinge haben gute Überlebenschancen
Die späte Schwangerschaft einer Berliner Lehrerin löste in den vergangenen Monaten heftige Debatten aus. Durch das hohe Alter der 65-Jährigen und weil es sich um eine Mehrlingsschwangerschaft handelte war die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen deutlich erhöht. Am Dienstag waren die drei Jungen und ein Mädchen in einem Berliner Krankenhaus mit einem Kaiserschnitt geholt worden, nachdem bei Annegret R. in der knapp 26. Schwangerschaftswoche Wehen eingesetzt hatten. Die Vierlinge haben laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa gute Chancen, zu überleben.
In den ersten Wochen drohen schwere Komplikationen
Mario Rüdiger vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden erklärte, dass es lebensbedrohliche Komplikationen vor allem in den ersten Tagen nach der Geburt gebe. „Jeder Tag mehr reduziert das Sterberisiko.“ Der Leiter der Universitätskinderklinik in Magdeburg, Gerhard Jorch, sagte, dass die Überlebenschance für Frühgeborene dieses Stadiums nach den ersten vier Lebenswochen bei mehr als 90 Prozent liege. Doch in den ersten Tagen und Wochen drohen vor allem Lungenversagen, Kreislaufversagen, Hirnblutungen, Hirninfarkt, Infektionen, Darmprobleme und Nierenversagen.
Mehrlingsschwangerschaften grundsätzlich mit höheren Risiken verbunden
Mehrlingsschwangerschaften sind grundsätzlich mit einem höheren Risiko verbunden. Gesundheitsexperten zufolge können im Vergleich zu einer einfachen Schwangerschaft Probleme wie die vermehrte Wassereinlagerung insbesondere in den Beinen sowie schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck, Krampfadern, Blutarmut und Beeinträchtigungen der mütterlichen Bauchorgane häufiger auftreten. Zudem drohe Babys während der Schwangerschaft eine Unterversorgung und schließlich eine Frühgeburt mit andauernden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Seh- und Hörschäden sowie Entwicklungsstörungen. Ein weiteres Problem: Bei einer älteren Frau steigt das ohnehin schon hohe Thrombose-Risiko.
Unverantwortliches Verhalten der 65-Jährigen
Wie Matthias Beckmann, Direktor der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen, erläuterte, seien die drohenden langfristigen Schäden jedoch weit bedeutsamer als das Sterberisiko. Die Medizin könne heutzutage immer jüngere Frühchen retten, allerdings nicht deren gesundes Überleben sicherstellen. Auch Rüdiger ist überzeugt: „Die vier Kinder werden nicht alle gesund nach Hause gehen.“ Vor allem bei Lunge, Darm, Augen und Gehirn drohen chronische Probleme. Beckmann, Leitlinienkoordinator bei der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) kritisierte, dass das Verhalten der 65-Jährigen gerade vor diesem Hintergrund unverantwortlich sei. „Vielleicht muss sie zwei behinderte Kinder pflegen, und mit 80 wird sie dann selbst zum Pflegefall.“ Er könne es auch nicht verstehen, dass sich überhaupt ein Arzt fand, der die künstliche Befruchtung bei einer so alten Frau vornahm.
Künstliche Befruchtung in der Ukraine
Rüdiger fügte an, dass es bei In-vitro-Fertilisationen mittlerweile der allgemeine Trend sei, nur noch eine befruchtete Eizelle einzupflanzen – eben, um riskante Mehrlingsschwangerschaften zu vermeiden. Den Angaben zufolge hatte sich Annegret R. in der Ukraine aus Eizell- und Samenspenden im Labor gezeugte Embryonen einpflanzen lassen. Die Berlinerin ist bei dem Kölner Privatsender RTL unter Vertrag, der die Schwangerschaft für eine TV-Doku begleitete. Details zur Gesundheit von Neeta, Dries, Bence und Fjonn gab der Sender zunächst nicht bekannt. Es hieß lediglich, die Kinder seien nicht voll entwickelt. Die nun 17-fache Mutter und siebenfache Großmutter Annegret R., der in den vergangenen Monaten massenhaft Selbstsucht und Verantwortungslosigkeit vorgeworfen wurde, meinte laut dpa: „Ich rede anderen Leuten nicht in ihr Leben rein, und ich erwarte, dass meins genauso akzeptiert wird.“ Als Begründung für ihre Schwangerschaft führte sie an, dass sich ihre zehnjährige Tochter ein Geschwisterchen gewünscht habe.
: Sonja Mahr / pixelio.de
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