Wie wichtig Vitamin B12 für unsere Gesundheit ist, wird oft unterschätzt. Insbesondere bei Verzicht auf tierische Lebensmittel sollte das Risiko eines Vitamin-B12-Mangels allerdings keinesfalls außer Acht gelassen werden. Denn eine adäquate Versorgung lässt sich allein über pflanzliche Lebensmittel nicht erreichen.
So deuten jüngste Schätzungen auf eine hohe Inzidenz von Vitamin-B12-Mangel in der vegetarischen und veganen Bevölkerung hin, insbesondere bei schwangeren Frauen und Frauen im gebärfähigen Alter, die aus ethischen und gesundheitlichen Gründen immer häufiger pflanzliche Lebensmittel verzehren, berichtet ein internationales Forschungsteam in dem „European Journal of Nutrition“.
Vitamin B12 wichtig für die Gesundheit
Vitamin B12 spielt laut den Forschenden im gesamten Lebensverlauf und insbesondere während der Schwangerschaft und in der frühen embryonalen Entwicklung eine entscheidende Rolle im Stoffwechsel. Zudem sei erwiesen, dass mit einem Vitamin-B12-Mangel ein erhöhtes Risiko für eine Reihe von neurologischen, vaskulären, immunologischen und entzündlichen Beschwerden einhergeht.
Der Körper ist dabei auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 angewiesen, das jedoch nicht von Pflanzen produziert wird, weshalb nicht angereicherte pflanzliche Lebensmittel keine zuverlässige Quelle bilden, erläutert das Team um Dr. Luciana Hannibal vom Universitätsklinikum Freiburg, Dr. Kourosh R. Ahmadi von der University of Surrey, Professor Martin Warren vom Quadram Institute Bioscience) und P. Julian Owen vom Cambridge University Hospitals NHS Trust.
Risiko für Vitamin-B12-Mangel
Bei Verzicht auf tierische Lebensmittel könne daher schnell ein Mangel an Vitamin B12 auftreten. „Wir möchten die Menschen, die sich für eine pflanzliche Ernährung entscheiden, und die Gesundheitsfachkräfte, die sie beraten, darauf hinweisen, wie wichtig es ist, Vitamin-B12-Defizite zu vermeiden“, betonen die Forschenden.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) betont, dass „eine sicher bedarfsdeckende Vitamin-B12-Zufuhr ausschließlich mit pflanzlichen Lebensmitteln nach heutigen Erkenntnissen nicht möglich“ sei und bei veganer Ernährung daher die Einnahme von Vitamin-B12-Präparaten empfohlen werde.
Wie viel Vitamin B12 braucht der Körper?
Der Schätzwert für eine angemessene Vitamin-B12-Zufuhr liegt laut DGE bei Säuglingen im Alter von unter vier Monaten bei 0,5 Mikrogramm pro Tag und steigt bis zum Alter von 13 Jahren auf vier Mikrogramm täglich.
Dieser Werte gilt auch für Erwachsene, wobei Schwangere und Stillende jedoch einen erhöhten Bedarf von 4,5 Mikrogramm pro Tag beziehungsweise 5,5 Mikrogramm pro Tag haben, so die DGE.
Eine vorübergehende Unterschreitung der empfohlenen Tageszufuhr ist allerdings unproblematisch, da der Körper Vitamin B12 in der Leber speichern kann, bis es benötigt wird. Wird die Einnahme des Vitamins unterbrochen, reichen die Körpervorräte normalerweise noch für drei bis fünf Jahre, erläutert Dr. Larry E. Johnson von der University of Arkansas for Medical Sciences in einem Beitrag für MSD Manuals.
Folgen des Vitamin-B12-Mangels
Entwickelt sich dennoch ein Vitamin-B12-Mangel, könne dies zu unter anderem zu einer Anämie führen, die durch Blässe, Schwächegefühl, Müdigkeit sowie bei schwerer Ausprägung durch Kurzatmigkeit und Schwindel gekennzeichnet sei.
Zudem drohen bei ausgeprägtem Vitamin-B12-Mangel Schäden an den Nerven begleitet von einem Kribbeln oder Gefühlsverlust an Händen und Füßen, Muskelschwäche, Verlust von Reflexen, Gehschwierigkeiten, Verwirrung und Demenz, erläutert Dr. Johnson.
Weiterhin hat die aktuelle Studie eines Forschungsteam der Medizinische Universität Lodz gezeigt, dass Vitamin-B12-Mangel auch DNA-Schäden begünstigt, die durch eine Vitamin-B12-Supplementierung verhindert werden können.
Denn Vitamin B12 spielt eine wichtige Rolle für die Stabilität der DNA, es fungiert als Kofaktor für Enzyme, die an der Synthese von Nukleotiden beteiligt sind, und hat antioxidative Eigenschaften, berichten die Forschenden.
Unzureichende Resorption häufigste Ursache
Abschließend bleibt zu erwähnen, dass nicht nur eine unzureichende Vitamin-B12-Zufuhr über die Ernährung, sondern auch eine unzureichende Resorption Auslöser des Vitamin-B12-Mangels sein kann. Dies ist laut Dr. Johnson tatsächlich die häufigste Ursache.
Die unzureichende Resorption könne zum Beispiel durch ein übermäßiges Wachstum von Bakterien in einem Teil des Dünndarms, entzündliche Darmerkrankungen, Medikamente wie Antazida und Metformin (zur Behandlung von Diabetes) oder auch einen Mangel an Magensäure (häufig bei älteren Menschen) entstehen.
Blutuntersuchung zur Diagnose
So lässt sich mittels einer Blutuntersuchung zwar relativ schnell bestimmen, ob ein Vitamin-B12-Mangel vorliegt, die Suche nach den Ursachen kann sich allerdings durchaus schwieriger gestalten. Die gute Nachricht ist jedoch, das die verfügbaren Behandlungsmethoden den Mangel unabhängig von den Ursachen beheben können.
Wird ein Vitamin-B12-Mangel mittels eines Bluttests diagnostiziert, kann mit hochdosierten Vitamin B12-Präparate gegengesteuert werden, wodurch die Anämie und die entsprechenden Symptome in der Regel schnell abklingen, erläutert Dr. Johnson. Die durch Nervenschädigung verursachten Symptome und die Demenz bleiben laut dem Fachmann möglicherweise allerdings bestehen.
Neben oral eingenommenen Vitamin-B12-Präparaten seien bei Bedarf auch Vitamin-B12-Injektionen möglich, wenn die regelmäßig durchgeführten Bluttests durch die orale Einnahme keine Verbesserung zeigen. Sollte sich die Ursache für den Mangel nicht beseitigen lassen, seien monatliche Injektionen eine Option, um die Vitamin-B12-Versorgung sicherzustellen.
In jedem Fall sollte bei Verdacht auf einen Vitamin-B12-Mangel zeitnah eine ärztliche Untersuchung erfolgen und Menschen, die auf tierische Lebensmittel weitgehend verzichten, ist grundsätzlich anzuraten, die Vitamin-B12-Versorgung auf anderem Wege sicherzustellen. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ali Niklewicz, A. David Smith, Alison Smith, Andre Holzer, Andrew Klein, Andrew McCaddon, Anne M. Molloy, Bruce H. R. Wolffenbuttel, Ebba Nexo, Helene McNulty, Helga Refsum, Jean-Louis Gueant, Marie-Joe Dib, Mary Ward, Michelle Murphy, Ralph Green, Kourosh R. Ahmadi, Luciana Hannibal, Martin J. Warren & P. Julian Owen: The importance of vitamin B12 for individuals choosing plant-based diets; in: European Journal of Nutrition (veröffentlicht 05.12.2022), springer.com
- Larry E. Johnson: Vitamin-B12-Mangel (perniziöse Anämie); in: MSD Manuals (Abruf 15.08.2023), msdmanuals.com
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Vitamin B₁₂ (Abruf 15.08.2023), dge.de
- Krzysztof Halczuk, Julia Kaźmierczak-Barańska, Bolesław T. Karwowski, Aleksandra Karmańska, Marcin Cieślak: Vitamin B12 - Multifaceted In Vivo Functions and In Vitro Applications; in: Nutrients (veröffentlich 13.06.2023), mdpi.com
Wichtiger Hinweis:
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