Studie: Verschleierungen können Vitamin-D-Mangel bedingen
22.08.2011
Während das Verschleiern des Körpers bisher stets als eher gesundheitsfördernd galt, da weniger schädliches UV-Licht die Haut erreicht, warnt das Robert-Koch-Institut aktuell vor einer verminderten Vitamin-D-Bildung bei Bedeckung sämtlicher Hautoberflächen.
Neueren Studien zufolge kann der Körper nicht ausreichen Vitamin-D bilden, wenn Menschen selten rausgehen oder ihren Körper verschleiern, betonte Christa Scheidt-Nave, Epidemiologin am Robert-Koch-Institut (RKI). Vitamin D könne nur bei ausreichend Sonnenlicht vom Körper selbst gebildet werden, erläuterte die Expertin. Im Organismus übernimmt das Vitamin D nicht nur wichtige Funktionen für Knochen und Zähne, sondern hat laut Aussage der RKI-Epidemiologin auch eine vorbeugende Wirkung gegenüber Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und Krebs. Daher könne ein Vitamin-D-Mangel erhebliche gesundheitliche Risiken mit sich bringen, warnt das RKI.
Vitamin D wird vom Organismus mit Hilfe von Sonnenlicht produziert
Zwar ist Vitamin D auch in verschiedenen Nahrungsmitteln enthalten, doch der tägliche Bedarf lässt sich laut Aussage der RKI-Expertin nur mit Hilfe von Sonnenstrahlung und der körpereigenen Vitamin-D-Produktion erreichen. Lediglich 20 Prozent des benötigten Vitamin-D können demnach mit der Nahrung aufgenommen werden, 80 Prozent muss der Organismus selber erzeugen. Hierfür ist die Sonnenstrahlung auf der Haut zwingend erforderlich, so dass bei verschleierten Personen die Vitamin-D-Produktion deutlich reduziert wird. Menschen, die selten raus gehen oder sämtliche Hautoberflächen bedeckten, sind „nicht in der Lage, genügend Vitamin D zu produzieren“, erklärte die RKI-Epidemiologin. Bereits durch einen geringen Mangel an Vitamin-D können langfristig jedoch erhebliche gesundheitliche Beschwerden wie chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs ausgelöst werden, so Christa Scheidt-Nave weiter.
Erhöhtes Krebsrisiko durch Vitamin-D-Mangel
Vor allem Personen mit dunkler Haut, deren Vorfahre aus Ländern mit hoher Sonneneinstrahlung kommen, müssen hierzulande besonders darauf achten, täglich genug Sonnenlicht abzubekommen, da ihre körpereigene Vitamin-D-Produktion deutlich höhere Strahlungsmengen benötigt als bei hellhäutigen Menschen, erläuterte die Expertin des RKI. Laut Aussage von Christa Scheidt-Nave müssen sich „dunkler pigmentierte Menschen etwa sechs Mal so viel der Sonne aussetzen wie hellere Hauttypen,“ um vergleichbare Mengen Vitamin D zu produzieren. Den verschleierten Frauen mit relativ dunklen Hauttypen droht daher bei der relativ geringen Sonneneinstrahlung hierzulande auf Dauer ein Vitamin-D-Mangel, der zu schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann, so die Warnung des RKI. Denn Vitamin-D hat nicht nur einen wesentlichen Einfluss auf den Kalziumhaushalt (entscheidend für Knochen und Zähne), sondern wirkt neuesten Studienergebnissen zufolge auch vorbeugend gegenüber zahlreichen anderen Krankheiten wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Krebs, erklärte die Epidemiologin des RKI. In verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde laut Christa Scheidt-Nave bestätigt, dass mit einem hohen Vitamin-D-Anteil im Blut zum Beispiel ein um rund 40 bis 50 Prozent reduziertes Risiko von Darm- und Brustkrebs einhergeht. Darüber hinaus werden Vitamin D positive Effekte auf die psychische Konstitution zugeschrieben. So berichteten finnische Wissenschaftler des „National Institute for Health and Welfare“ im Juli vergangenen Jahres, dass ihre Studien einen Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und dem Ausbruch der Parkinson-Krankheit nachgewiesen hätten.
Verschleierung bei geringer Sonneneinstrahlung besonders problematisch
Dem RKI zufolge birgt die Verschleierung von Frauen hierzulande erhebliche gesundheitliche Risiken, da 80 Prozent des täglichen Vitamin-D-Bedarfs nur mit Hilfe von ausreichend Sonnenlicht vom eigenen Organismus produziert werden können. Erst unter Einwirkung von UV-Licht, dass mit den Sonnenstrahlen auf die Haut triff, ist der Körper dazu in der Lage seinen Vitamin-D-Bedarf zu decken. So riskieren verschleierte Frauen auf Dauer einen Vitamin-D-Mangel, der seinerseits den Ausbruch schwerer chronische Erkrankungen begünstigen kann. Dabei standen bisher vor allem Knochenleiden wie Arthritis, Osteoporose und die sogenannte Knochenerweichung (Osteomalazie, bei Kindern: Rachitis) im Vordergrund. Doch aktuelle Studien belegen laut Aussage des RKI, dass auch Krebserkrankungen und Herz-Kreislauf-Krankheiten durch den Vitamin-D-Mangel begünstigt werden.
Gesundheitliche Kritik an der Verschleierung
Ob die Warnungen des RKI bei der Bevölkerung Berücksichtigung finden, bleibt indes abzuwarten. Zumal die schädliche Wirkung des UV-Lichts nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist und daher Zweifel an den Vor- und Nachteile der Verschleierung bestehen. Wie der Generalsekretär der Deutsch-Türkischen Islamischen Anstalt für Religion (DITIB), Ali Ihsan Ünlü, angesichts der Warnungen des RKI erklärte, sollten die aktuellen Forschungsergebnisse nicht für andere Zwecke wie beispielsweise ein Kopftuchverbot instrumentalisiert, sondern als „rein gesundheitliche Kritik“ verstanden werden. Diese müsse nicht zwangsweise eine „Kritik an der Verschleierung“ sein. So besteht zum Beispiel durchaus die Möglichkeit Stoffe zu verwenden, die dafür sorgen, dass trotz Verschleierung ausreichend UV-Licht die Hautoberfläche erreicht. (fp)
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