Diabetes und Bluthochdruck: Arme Menschen mehr gefährdet
01.06.2013
Erstmal klingen die Resultate einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) erfreulich: So fühlen sich drei Viertel der Bundesbürger fit. Allerdings werden auch andere Ergebnisse deutlich: Diabetes nimmt weiter zu und ärmere Menschen sind von fast allen Krankheiten mehr betroffen.
Positive Entwicklung bei älteren Menschen
Für die sogenannte DEGS-Gesundheitsstudie (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland) befragten Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts insgesamt 8152 Erwachsene ab 18 Jahren, wie gesund sie sich fühlen. Der Großteil der Teilnehmenden wurde auch medizinisch untersucht. Die Ergebnisse stimmten positiv: drei Viertel der Befragten gab an, sich fit zu fühlen. Selbst die Hälfte der über 70-Jährigen schätzte ihre Gesundheit als gut oder sehr gut ein. RKI-Mitarbeiter Thomas Ziese spricht gerade bei älteren Menschen von einer positiven Entwicklung seit 1998, dem Jahr als die Vorgängerstudie veröffentlicht wurde.
Ein Drittel mehr Diabetes-Erkrankungen
Der erkennbare positive Trend darf aber nicht über andere, negative Ergebnisse hinwegtäuschen. So wurde festgestellt, dass deutschlandweit ein Drittel mehr Menschen an Diabetes erkrankten als vor zehn Jahren. Außerdem waren etwa sieben Prozent der Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 79 Jahren in Deutschland von dieser Stoffwechselkrankheit betroffen. Der Anteil der 70 bis 79-Jährigen war mit 22 Prozent dabei besonders hoch. Stefanie Gerlach, Leiterin Gesundheitspolitik bei der Deutschen Diabetes-Hilfe, sagte dazu: „Wir waren überrascht, wie massiv die Zahl der an Diabetes Erkrankten angestiegen ist.“ Außerdem sei die Dunkelziffer bei der Erkrankung sehr hoch, da durchschnittlich zehn Jahre bis zur Diagnose vergingen. Bei rechtzeitigem Erkennen könnten in dieser Zeit oft Maßnahmen ergriffen werden, um Folgekrankheiten zu vermeiden. Um Zuckerkrankheit schneller zu diagnostizieren, sind regelmäßige Gesundheitstests, Fragebogen-gestützte Bestimmung der Risikofaktoren und bei Verdacht gezielte Untersuchungen auf Diabetes nötig. „Diabetes tut nicht weh. Im Anfangsstadium kann die Erkrankung symptomlos sein – oder Symptome, wie Müdigkeit sind zu unspezifisch und werden nicht richtig eingeordnet.“ Deshalb wird von der Diabetes-Hilfe eine nationale Strategie gefordert, um die Defizite bei Prävention, Früherkennung und Versorgung zu beheben.
Bluthochdruck steigert Herzinfarkt-Gefahr
Von den Bundesbürgern haben fast ein Drittel Bluthochdruck. Dabei liegt entweder der obere, systolische Wert über 140 oder der untere, diastolische, über 90. Dieses Ergebnis muss als Warnung gesehen werden, denn durch Bluthochdruck steigt das Risiko für viele Erkrankungen enorm. Von den 40 bis 79-Jährigen erleiden fast drei Prozent einen Schlaganfall und knapp fünf Prozent bekommen eine Herzinfarkt, der somit Todesursache Nummer eins in Deutschland ist. Die Studie verrät jedoch bislang nicht, ob es auch unabhängig von der Altersstruktur zu einer Zunahme des Bluthochdrucks kam. „Diese Berechnungen sind sehr komplex“, meint Ziese. „Die Auswertungen laufen noch.“ Ähnlich sieht es bei psychischen Erkrankungen wie etwa Depression aus. Die Anzahl der Diagnosen war zwar eindeutig gestiegen, aber erst weitere Analysen sollen klären, ob dies eine erhöhte Belastung der Menschen widerspiegelt.
150 Minuten Bewegung pro Woche
Laut der Studie sind etwa jede zweite Frau und zwei von drei Männern zu schwer. Etwa ein Viertel der Deutschen seien sogar stark übergewichtig. Nicht nur hierzulande stellt Fettleibigkeit ein wachsendes Problem dar. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jährlich weltweit etwa drei Millionen Menschen an den Folgen von zu hohem Übergewicht. Gesundheitsexperten schätzen die Zahl der Übergewichtigen auf rund eine halbe Milliarde Menschen weltweit. Nur ein Drittel der deutschen Bevölkerung achtet darauf, sich ausreichend sportlich zu betätigen. Von Experten wird empfohlen, sich mindestens 150 Minuten pro Woche mäßig zu bewegen. „Unsere Gesellschaft macht es uns nicht leicht, sich zu bewegen und gesund zu ernähren“, kritisiert Frau Gerlach. So würden beispielsweise Rolltreppen und Aufzüge verhindern, dass sich die Menschen genügend bewegen. Auch bei der Ernährung sollte ein Umdenken stattfinden. So hält die Expertin eine einfache und verständliche Lebensmittelkennzeichnung für notwendig: „Gehalte an Zucker, Fett, Salz und Ballaststoffen sollten farblich auf der Packung gekennzeichnet sein. Grün heißt: gut, gelb ist okay in Maßen, rot bedeutet Achtung, selten essen.“
Handlungsbedarf bei Alkohol- und Tabakkonsum
Der Konsum von Alkohol und Tabak ist bei jungen Menschen stark verbreitet. So riskiere durchschnittlich jeder zweite Mann und jede dritte Frau im Alter von 18 bis 29 Jahren die Gesundheit durch Alkoholkonsum. Ebenso ist das Rauchen in dieser Altersklasse am stärksten verbreitet. Laut Studie rauchen jede vierte Frau und jeder dritte Mann hierzulande. Deshalb sehen die Wissenschaftler hier weiteren Handlungsbedarf, um Risiken einzuschränken.
Erhöhtes Krankheitsrisiko bei Armut
Geradezu erschreckend sind die Ergebnisse der Studie bezüglich des Zusammenhangs zwischen Gesundheit und finanziellen Verhältnissen. So hänge das Empfinden, wie gesund sich jemand fühlt, stark von der sozialen Schicht ab. So meinte auch Ziese: „Die Gesundheit hängt stark von der sozialen Stellung ab.“ Die Menschen, die über ein geringeres Einkommen verfügen, sind anfälliger für fast alle Erkrankungen, von Diabetes und Bluthochdruck über Herzinfarkt und Schlaganfall bis zu psychischen Störungen. Die Internetseite "gegen-hartz.de" berichtete sogar darüber, dass entgegen dem allgemeinen Trend, die Lebenserwartung von Geringverdienern in Deutschland deutlich gesunken sei. Bei Menschen mit niedrigerem Einkommen treten auch öfter Probleme mit Übergewicht auf. Gerlach meint: „Gesunde Lebensmittel sind häufig teurer als ungesunde.“ Konsumenten sollten ihrer Ansicht nach zu einem gesünderen Verhalten verführt werden. So könnten zum Beispiel Kantinen und Schulen eine Auswahl leckerer, gesunder Gerichte anbieten. „Politische Maßnahmen können dafür sorgen, dass es uns leichter fällt, uns gesund zu verhalten.“ Das wäre auch das Ziel der Studie. Laut dem Robert Koch Institut soll der Bericht alle Akteure im Gesundheitswesen erreichen: Bund, Länder und Kommunen, ebenso wie Ärzte und Krankenkassen. (sb)
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