Kräuteröle und in Öl eingelegtes Gemüse bergen gesundheitliche Risiken
Selbst hergestellte Kräuteröle und in Öl eingelegtes Gemüse wie Paprika, Chili, oder Auberginen liegen in vielen Privathaushalten im Trend. Doch besteht das Risiko einer Vermehrung krankmachender Keime, weshalb das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) davon abrät, „selbst erzeugte Produkte wie Gemüse in Öl oder Kräuter in Öl im Privathaushalt auf Vorrat zu produzieren und zu lagern.“
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat sich der Frage gewidmet, ob bei selbst erzeugtem Kräuteröl und in Öl eingelegtem Gemüse das Risiko einer Lebensmittelvergiftung durch Toxine von Clostridium botulinum bestehen könnte, wenn diese Lebensmittel auf Vorrat produziert und über einige Zeit im Haushalt aufbewahrt werden. Die Analyse der vorliegenden Daten habe gezeigt, „dass die Herstellungsverfahren im Privathaushalt nicht sicherstellen können, dass die Vermehrung von Clostridium (C.) botulinum und die Bildung von Botulinumtoxin in den Produkten generell unterbunden wird“, so die Mitteilung des BfR. Von der Lagerung selbst hergestellter Produkte wie Chili- oder Knoblauchöl, Gemüse in Öl oder Kräuter in Öl im Privathaushalt sei daher abzuraten.
Bildung gefährlicher Neurotoxine
Werden die Kräuteröle und das eingelegte Gemüse vor dem Verzehr ausreichend erhitzt, ist in der Regel von einer vollständigen Abtötung möglicherweise vorhandener Keime auszugehen. Doch die hausgemachten Lebensmittel sind oftmals auch für den direkten Verzehr gedacht und hierbei können die enthaltenen Bakterien zu einem Problem werden. „Insbesondere für den Fall, dass die Produkte nicht vor dem Verzehr ausreichend erhitzt oder zum Kochen und Braten verwendet werden, sondern für die Zubereitung von Salaten und anderen rohen Speisen gedacht sind“, besteht laut Mitteilung des BfR ein Gesundheitsrisiko. Denn in den selbst hergestellten Lebensmitteln können sich bei längerer Lagerung Bakterien der Gattung C. botulinum vermehren, die schlimmstenfalls eine lebensbedrohliche Erkrankung an Botulismus bedingen. Das Bakterium vermehrt sich laut Angaben des BfR nur bei Abwesenheit von Sauerstoff und ist in der Lage, sogenannte Sporen zu bilden, welche sehr widerstandsfähig sind und auch ungünstige Umwelteinflüsse überleben. Diese Sporen seien auf fast allen Lebensmitteln tierischen und vor allem pflanzlichen Ursprungs zu finden.
Drohende Erkrankung an Botulismus
Bei Bedingungen ohne Anwesenheit von Sauerstoff und mit ausreichend Nährstoffangebot – wie sie in den Kräuterölen vorliegen – können die Bakterien Neurotoxine bilden, welche bei Menschen Botulismus auslösen, warnt das BfR. Diese Neurotoxine werden laut Angaben des Institutes durch den Verzehr von verunreinigten Lebensmitteln aufgenommen. Eine Erkrankung an Botulismus zeigt sich anschließend zunächst mit unspezifischen Symptomen wie Magen-Darmstörungen, Übelkeit und Erbrechen. Im weiteren Verlauf treten „die typischen Krankheitszeichen wie Doppelsehen, Pupillenstarre, Sprachstörungen und später Atemlähmung und Ersticken bei vollem Bewusstsein“ ein, berichtet das BfR. Insgesamt 36 Fälle von Botulismus beim Menschen seien in Deutschland in den Jahren 2008 bis 2013 gemeldet worden, darunter mindestens ein Todesfall.
Vollständige Abtötung der Keime schwer sicherzustellen
Bei der Herstellung von Gemüse oder Kräutern in Öl gibt es laut BfR eine Vielzahl von unterschiedlichen Produktionsvarianten und empfohlenen Tipps zum Vorgehen, wobei grundsätzlich die pflanzlichen Lebensmittel direkt oder nach unterschiedlicher Vorbehandlung (z. B. Waschen, Schneiden, Trocknen, Erhitzen) in ein entsprechendes Gefäß gegeben werden, das mit den gewünschten Ölen aufgefüllt wird. Da durch die Zugabe von Öl in dem fertigen Produkt kein Sauerstoff mehr vorhanden sei, herrschen gute Bedingungen für eine Vermehrung von C. botulinum und die Bildung der Neurotoxine. Um dies zu vermeiden, müssen bei der Zubereitung die üblichen Küchenhygiene-Regeln eingehalten werden, doch sei ein vollständiges Entfernen bzw. Abtöten der Bakterien im Haushalt nur schwer zu erreichen, so die Warnung des BfR. Zwar führe das Waschen des Gemüses bereits zu einer Verringerung der Keimbelastung und das Erhitzen könne ebenfalls eine Reduktion der Belastung bewirken. Eine sichere Abtötung von C. botulinum und vor allem der Sporen sei allerdings „erst bei einer Erhitzung auf mindestens 121°C“ gewährleistet und „diese Temperatur ist durch Abkochen im Haushalt nicht erreichbar“, erläutert das BfR. Ist die Erhitzungstemperatur zu gering, bestehe sogar die Gefahr, „dass eventuell vorhandene Bakterien erst dazu angeregt werden, widerstandsfähige Sporen zu bilden, die später wieder auskeimen können.“
Kräuteröle gekühlt lagern
Demnach ist bei der Herstellung von Gemüse und Kräutern in Öl mit dem Vorkommen von C. botulinum und der Bildung von Neurotoxinen zu rechnen. Ist das fertige Produkt zur Lagerung gedacht, muss die Vermehrung der Bakterien unterbunden werden, damit keine Toxinproduktion droht. Hierfür seien die Faktoren wie vorhandene Nährstoffe, verfügbares Wasser und die Temperatur zu berücksichtigen, erläutert das BfR. Auch spiele der Säuregehalt eine entscheidende Rolle. „Die Vermehrung von C. botulinum wird bei sinkender Temperatur und verkürzter Lagerdauer, sinkendem Wassergehalt und steigendem Säuregehalt immer weiter gehemmt, bis schließlich keine Vermehrung mehr stattfindet“, erläutert das Institut. Aus diesem Grund müssen die Hersteller genau wissen, wie viel Säure das Produkt enthält und wie viel Wasser den Mikroorganismen noch zur Verfügung steht, um die Haltbarkeitsfrist bei bestimmter Lagerungstemperatur festzulegen. Ein Kühlung auf unter acht Grad Celsius und häufig sogar unter drei Grad Celsius ist hierbei in der Regel zwingende Voraussetzung. Doch vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern ist nicht bewusst, dass Kräuteröle eigentlich in den Kühlschrank gehören.
Vermehrung der Bakterien nicht sicher auszuschließen
Selbst bei industriell hergestellten Produkten ist das Risiko einer Vermehrung von C. botulinium nicht vollständig auszuschließen, wie Meldungen an das Schnellwarnsystem der Europäischen Union belegen, berichtet das BfR. So seien ein Produktrückruf aufgrund des Nachweises von C. botulinum in „Knoblauch in Öl“ aus Deutschland (2003) und ein Krankheitsausbruch durch „Zucchini und Tomaten in Öl“ aus Deutschland (2015) dokumentiert. Nur unter streng kontrollierten Bedingungen lasse sich ein sicheres Produkt herstellen. Bei einer Hobbyherstellung im Privathaushalt können die einzelnen Parameter wie Wassergehalt und Säure hingegen nicht angemessen erfasst werden. So sei nicht sichergestellt, dass eine Vermehrung und Toxinbildung von Clostridium botulinum in den Produkten unterbunden wird. Daher rät das BfR von einer Lagerung der selbst erzeugten Produkte dringend ab. (fp)
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