Psychische Probleme nicht bei Facebook & Co. diskutieren
22.07.2011
Experten warnen davor, psychische Probleme wie Depressionen oder Essstörungen (Magersucht) online in sozialen Netzwerken zu diskutieren. Zwar können die internetbasierten Diskussionen eine durchaus sinnvolle Ergänzung zu parallel laufenden therapeutischen Maßnahmen sein, doch nur wenn die Diskussion in einem geschützten Raum stattfindet und die Inhalte mit der Zeit wieder gelöscht werden, erklärte der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM), Wolfgang Senf.
Von einer öffentlichen Diskussion der psychischen Probleme in sozialen Netzwerken wie Facebook oder StudiVZ sei in jedem Fall abzuraten, denn „oftmals ist die Privatsphäre nicht ausreichend geschützt“, warnte der DGPM-Vorsitzende. Die Informationen seien über Jahre von Arbeitgebern, Kollegen oder Bekannten einsehbar, was weitere Probleme mit sich bringen könne. Zwar biete der Austausch über eine Internetseite durchaus eine hilfreich Ergänzung bei therapeutischen Maßnahmen, doch „die sensiblen Details einer durchlebten Depression, Magersucht oder Angststörung gehören in einen geschützten Raum“, erläuterte Senf. Hierfür sind nach Ansicht des DGPM-Vorsitzenden die sozialen Netzwerke ungeeignet, da „in Facebook und anderen Netzwerken Menschen namentlich und in aller Öffentlichkeit über ihre psychischen Probleme“ diskutieren.
Positive Effekte der internetbasierten Therapieansätze
Die Experten der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie stehen der Veröffentlichung persönlicher psychischer Probleme im Internet äußerst kritisch gegenüber, betonen jedoch gleichzeitig, dass diese internetbasierten Therapieansätze „als Ergänzung zu einer professionellen Face-to-Face-Therapie grundsätzlich positiv zu bewerten“ seien. Laut Aussage des DGPM-Vorsitzenden bieten die Online-Netzwerke vor allem bei „schambesetzten Themen oder auch in ländlichen Gebieten, wenn der Weg zur nächsten psychotherapeutische Praxis weit ist“, ein durchaus hilfreiche Option. Thomas Berger von der Universität Bern ergänzte, dass die Internetforen als Begleitung der herkömmlichen Psychotherapie deren Wirkung verstärken und die Abbrecherquote deutlich reduzieren können. Denn laut Aussage der Experten hilft es vielen Betroffenen, wenn sie im Alltag die Möglichkeit haben, spontan mit anderen Menschen über ihre Probleme zu reden.
Internetbasierte Therapieansätze keine Alternative, aber sinnvolle Ergänzung
Allerdings sollte die Online-Diskussion stets in geschützten Bereichen – also zum Beispiel Foren zu psychischen Störungen – mit Registrierung und passwortgeschütztem Zugang erfolgen. Auch sollte eine anonymisierte Form des Austauschs unter nicht personalisierten User-Namen möglich sein und die Beiträge müssten nach einiger Zeit wieder gelöscht werden, erklärten die Experten. Die für jedermann einsehbaren sozialen Netzwerke in denen die Betroffenen unter ihrem Namen ihre persönlichen Informationen preisgeben, seien für die Diskussion psychischer Beschwerden jedoch in keinem Fall zu empfehlen, so die Warnung der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie. Auch die geschützte Diskussion in einem entsprechenden Forum eigne sich jedoch lediglich zur begleitenden Diskussion der psychischen Probleme, einen Ersatz für den persönlichen Kontakt mit einem Psychotherapeuten bieten diese Foren nicht, betonte der DGPM-Vorsitzende Wolfgang Senf. (fp)
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