Analysehaus warnt vor billigen Einsteigertarifen der Privaten Krankenversicherungen
13.07.2011
Im Rahmen einer Umfrage für die Frankfurter Allgemeine Zeitung kommt das Analysehaus Franke & Bornberg zu dem Ergebnis, dass deutlich vor den Einsteigertarifen der privaten Krankenversicherungen (PKV) zu warnen ist. Kaum ein privater Versicherer suche den Wettbewerb ohne die besonders kostengünstigen Lockangebote. Doch die Leistungen der Tarife liegen oft erheblich unter den Leistungsstandards der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und die Versicherten müssen zudem mit überdurchschnittliche Beitragserhöhungen rechnen, erklärte der Geschäftsführer des Analysehauses, Michael Franke.
Einige private Krankenversicherungen erzielen zwischen 75 und 80 Prozent ihres Neugeschäfts mit den sogenannten Einsteigertarifen, so dass Ergebnis der Umfrage von Franke & Bornberg. Michael Franke betonte, dass er die Werbung der Neukunden mit den Billigangeboten für „ein Unding“ halte, denn eigentlich „müsste fett ein Risikostempel draufgeklebt“ sein. Doch „stattdessen werben einige Versicherer damit aggressiv um Kunden“, so die Kritik des Experten. Nicht nur das unzureichende Leistungsangebot, sondern auch die „vorprogrammierten“ überproportionalen Beitragserhöhungen, sind nach Ansicht von Michael Franke ein eindeutiger Anlass, um von den billigen Einsteigertarifen der privaten Krankenversicherungen abzuraten. Darüber hinaus beurteilte der Experte auch deren Vertrieb über das Internet als äußerst problematisch, da die Krankenversicherungen zu den „beratungsintensivsten Versicherungen“ zählen und daher eine ausführliche Information durch einen Fachmann erfolgen sollte.
Kritik am Leistungsspektrum der PKV-Einsteigertarife
Das Unternehmen Franke & Bornberg ist im Rahmen seiner Untersuchung auf zahlreiche kritische Punkte bei den sogenannten Einsteigertarifen der privaten Krankenversicherungen gestoßen. Laut Aussage das Geschäftsführers Michael Franke ist einerseits das für eine private Krankenversicherung unzureichende Leistungsangebot zu bemängeln. Denn die Einsteigertarife der PKV decken in der Regel bei Leistungen wie Psychotherapien, Reha-Maßnahmen, Kuren, Heilpraktiker-Behandlungen, ambulanten Transporten und künstlicher Befruchtung deutlich weniger als die gängigen 60 Prozent ab. Gleiches gilt nach Aussage des Experten für die Zwei-Bett-Zimmern im Krankenhaus und die Kostenerstattung bei Zahnersatz. So halten die um bis zu zwei Drittel günstigeren Einsteigertarife meist nicht, was die Kunden von einer privaten Krankenversicherung erwarten, erklärte Michael Franke. Außerdem bemängelte der Experte den Vertrieb solcher PKV-Einsteigertarife über das Internet, denn dies werde dem Beratungsbedarf beim Abschluss einer Krankenversicherung nicht gerecht. Zahlreichen Versicherten sei auch nach dem Abschluss der Versicherung nicht klar, welche Kosten sie im Krankheitsfall selbst tragen müssten, kritisierte Franke. Hinzu komme, dass auch einige Ärzte bei PKV-Patienten in der Regel nicht von einem eingeschränkten Leistungsumfang ausgehen und daher unwissentlich für die Patienten äußerst kostspielige Behandlungen empfehlen.
Überproportionale Beitragserhöhungen bereits abzusehen
Ein weiterer besonders kritischer Punkt bei den Billigangeboten der privaten Krankenversicherungen ist nach Einschätzung von Franke & Bornberg, dass überproportionale Beitragserhöhungen bei den enorm niedrigen Einsteigertarifen vorprogrammiert sind. Denn diese seien als Lockangebote ausschließlich „für eine bestimmte Bedarfssituation“ wie zum Beispiel junge, kerngesunde Existenzgründer ausgelegt. Die äußerst knapp bemessene Kalkulation erlaube von Anfang an keinen Kulanzspielraum und deutliche Beitragserhöhungen seien bereits heute abzusehen, betonte Michael Franke. Doch wer der gesetzlichen Krankenversicherung einmal den Rücken gekehrt hat, kann auch bei steigenden Beiträgen in der PKV nicht wieder zurück. Daher sollte ein Versicherungswechsel nach Ansicht des Experten generell gründlich überlegt sein und keineswegs aufgrund von Billigangeboten erfolgen. Die meisten privaten Krankenversicherungen nutzen die billigen Einsteigertarife jedoch nur zu gerne, um mit ihnen aggressiv Neukunden zu werben.
Viele private Krankenversicherungen locken mit Billigangeboten
Ein Großteil der untersuchten Versicherungen habe mit derartigen Tarifen gearbeitet, so das Ergebnis von Franke & Bornberg. Lediglich die Debeka, die Hallesche, die VGH und die Universa hatten demnach unter den 30 analysierten Versicherern keinen typischen Einsteigertarif. Grundtarife, die mit sehr wenig Einschränkungen auskamen, gab es bei der Versicherung Alte Oldenburger, der Concordia und der LVM, so Franke & Bornberg weiter. Die übrigen untersuchten privaten Krankenversicherungen verließen sich alle mehr oder weniger stark auf die Billigtarife als Lockangebote für Neukunden. Allerdings scheinen mittlerweile die ersten Versicherung eine Gegenentwicklung einzuleiten. So hat die zur Ergo-Gruppe gehörende DKV bereits angekündigt ihren billigen Einsteigertarif wieder abzuschaffen, da dieser „nicht dem Anspruch, den man an eine private Krankenversicherung haben sollte“, genüge, erklärte DKV-Vorstandschef Clemens Muth. Der DKV-Chef betonte, dass die privaten Krankenversicherungen auch die Verantwortung haben, „Menschen mit geringem Einkommen zu sagen, dass sie in der GKV womöglich besser aufgehoben sind“. (fp)
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