Seit 50 Jahren ist das Gesundheitsrisiko bei Asbest bekannt
Seit bald 50 Jahren wird Asbest mit der Verursachung von Krebs in Verbindung gebracht. Der genaue Grund für diesen Zusammenhang war bislang nicht ausreichend verstanden. Schweizer Forscher haben nun herausgefunden, warum Asbest dem Körper so massiv schadet. Die Form der Asbestfasern ist laut den Forschungsergebnissen erheblich an den schädlichen Auswirkungen beteiligt.
Die Fasern des Asbests sind lang und spitz und können chronische Entzündungen auslösen. Studienleiterin Emanuela Felley-Bosco berichtet, dass der Körper auf diese Entzündungen mit einer Art Wundheilung reagiert, die das Immunsystem aus der Balance bringt. Als Folge würden entstehende Tumore nicht mehr stark genug bekämpft. Die Ergebnisse der Studie wurden kürzlich im Fachmagazin „Oncogene“ publiziert.
Asbest löst keinen Lungenkrebs aus
Das Forscherteam bestand aus Wissenschaftlern der Universitätsspitäler Zürich, Genf und Toronto in Kanada sowie der Universität Freiburg und der Eidgenössische Technische Hochschule Zürich. Die Forscher widerlegten die vorherrschende Meinung, dass Asbest Lungenkrebs auslösen kann. Stattdessen gelangen die Asbestfasern durch die Lunge in das Mesothel, eine Zellschicht, die sämtliche inneren Organe umgibt, erläutern die Wissenschaftler. Dort setzen sie sich anschließend fest.
Die Fasern bleiben im Körper hängen
Das Lymphsystem kann die langen und spitzen Fasern nicht entfernen. Diese verbleiben im Mesothel, wo sie das umliegende Gewebe immer wieder erneut verletzten. Diese chronischen Verletzungen können schließlich zu der Bildung von Tumoren führen. Die Wissenschaftler haben ihre Erkenntnisse an Mäusen gewonnen, denen Asbestfasern in die Bauchhöhle injiziert wurden, da sich im Bauch ebenfalls eine Mesothel-Schicht befindet.
Asbest ist chemisch gesehen harmlos
Die Forscher konnten zeigen, dass Asbest chemisch gesehen harmlos ist. Die zahlreichen Mikroverletzungen lösen die Immunreaktionen aus, die letztendlich zum Krebs führen kann. Die Signalstoffe, die für die Wundheilung aktiviert werden, fördern ebenso die Zellteilung, was die Bildung von Tumoren fördern kann, erläutern die Experten.
Entstehende Tumorzellen werden nicht mehr bekämpft
Die Forscher fanden Mutationen in der RNA und gehen davon aus, dass diese Mutationen dazu beitragen, dass die entstehenden Tumorzellen nicht mehr konsequent genug bekämpft werden und schließlich Krebs entsteht.
Vergleiche beim Menschen zeigen ähnliche Ergebnisse
Laut den Wissenschaftlern zeigen Analysen entsprechender Gendatenbanken, dass bei menschlichen Tumoren mit einem schlechten Krankheitsverlauf auch das Enzym, das die RNA mutiert, in großen Mengen vorhanden ist.
Von Asbest verursachter Krebs war eine Blackbox
„Bisher war der von Asbest verursachte Krebs eine Blackbox“, erläutert Felley-Bosco in einer Pressemitteilung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF), der die Studie mitfinanzierte. Die Resultate ihres Teams seien nützlich, um schon die frühen Signale der Entzündung zu erkennen und eine spezifische Therapie gegen den Mesothel-Krebs zu entwickeln.
Neue Therapieansätze
„Eine Therapie gegen die Hemmer des Immunsystems ist ein vielversprechender Ansatz“, so Felley-Bosco. Es gebe heute schon ähnlich gelagerte Therapieansätze gegen den Mesothel-Krebs. Auch eine klinische Studie zur Immuntherapie im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit werde zurzeit an fünf Schweizer und zehn weiteren Spitälern in Grossbritannien und Spanien durchgeführt. Laut Felley-Bosco könnten die Entdeckungen auch für das Verständnis anderer Krebsarten nützlich sein, die durch chronische Entzündungen des Darms wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn sowie Infektionen mit Helicobacter pylori verursacht werden. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.